Der Gesetzgeber hat zwei Schranken gesetzt: Erste verschärfte Maßnahmen treten bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 35 in Kraft, weitere ab einem Wert von 50 nachgewiesenen Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz wird vom bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ermittelt. Schon ab einem Wert von 35 und erst recht natürlich mit mehr als 50 positiv getesteten Personen herrscht Maskenpflicht dort, wo Menschen dichter und oder länger zusammenkommen, insbesondere auf stark frequentierten Plätzen. Für welche die Maskenpflicht gelten wird, will man, so Landratsamtssprecher Wolfgang Müller, gemeinsam mit den Bürgermeistern zeitnah festlegen. Beim Frühschoppen auf dem Schlossplatz gestern sorgten die verantwortlichen der Stadt dafür, dass die Maskenpflicht nicht nur beim Gang zum Platz, sondern auch am Tisch eingehalten wurde. Die Maske muss nun in allen öffentlichen Gebäuden getragen werden, auf Begegnungs- und Verkehrsflächen wie Fahrstühlen oder Eingangsbereichen von Häusern, in den Schulen und Bildungsstätten (etwa Nachhilfeinstitute) auch im Unterricht. Zuschauer bei sportlichen Veranstaltungen müssen den Mund-Nase-Schutz tragen, ebenso Besucher von Tagungen, Kongressen, Messen und Kulturstätten - auch am Platz. Sperrstunde für die Gastronomie ist ab Montag, 0 Uhr, nun um 22 Uhr. Ab dieser Zeit darf auch an Tankstellen kein Alkohol mehr verkauft werden. Auf öffentlichen Plätzen besteht ab 22 Uhr ein Alkoholverbot. Private Feiern und Kontakte werden auf zwei Hausstände oder maximal fünf Personen begrenzt. Mit einer Überschreitung des Inzidenzwerts von 50 gilt der Landkreis, wie schon im Frühjahr einmal, als „Hotspot”. Für Kindertagesstätten gelten, nachdem Experten sagen, dass die Kleinsten keine Virusschleudern sind (wie oft bei „normalem” Schnupfen), vergleichsweise mildere Anordnungen. Bis zum Inzidenzwert von 50 durften die Kinder ihre Betreuungseinrichtungen auch dann besuchen, wenn sie eine leichte Erkältung - aber kein Fieber - hatten. Jetzt aber müssen schniefende Mädchen und Buben erst einen negativen Coronatest vorlegen, um wieder in die Kita gehen zu dürfen. Die Erzieher müssen nun Masken tragen. Mit den fünf positiv getesteten Erntehelfern, deren Ergebnisse am Freitag vorlagen, - 115 stehen in Inchenhofen und Adelzhausen derzeit unter Quarantäne - hat der aktuelle Inzidenzwert nur bedingt zu tun. Für ihn ist hauptsächlich die Steigerung am Wochenende ausschlaggebend. In den Kliniken an der Paar sind die Besuchszeiten nun wieder eingeschränkt auf eine Stunde zwischen 14.30 und 18.30 Uhr für eine Person pro Tag. Es muss ein korrekter Mund-Nase-Schutz getragen werden, ein Schal oder ein Visier reichen nicht aus. Individuell sind die Besuchsregeln hingegen in den Seniorenheimen gestaltet. Angesichts der Lage hat die Stadtpfarrei Aichach beschlossen, dass die traditionelle Gräbersegnung an Allerheiligen nicht stattfinden wird. Laut Stadtpfarrer Herbert Gugler würden womöglich die Abstandsregeln nicht eingehalten. Er weist darauf hin, dass jeder Christ selbst einen Segen sprechen dürfe. Zudem werde er auf dem Youtube-Kanal der Pfarrei ein Segensgebet sprechen. Dieses könne man via Handy vor dem Grab abspielen. Weihwasser kann man sich, abgefüllt in Flaschen, an der Taufkapelle der Stadtpfarrkirche holen. Indes wurde am Freitagabend von sogenannten „Corona-Skeptikern” ein Fackelzug durch die Aichacher Innenstadt veranstaltet. Stadtrat Patrick Kügle postete das auf der Facebookseite „Wir aus Aichach” und äußerte sich kritisch über die Bestimmungen hinsichtlich der Vermeidung von Ansteckungen. Unter anderem schreibt er: „Warum ich ein Problem damit habe, wenn mein Kind eine Maske in der Schule trägt und seine ausgeatmete Luft einatmen muss. So was muss man sich ernsthaft von erwachsenen Menschen fragen lassen.” Allerdings bekommt der FDPler kräftig Gegenwind in den Kommentaren. Es wird ihm beispielsweise vorgeworfen, er verstoße gegen seine Vorbildfunktion und derartige Aktionen würden Verstorbene verhöhnen. Er selbst verschickte dann gestern eine Pressemitteilung. Demnach seien knapp 50 Personen als „Coronoa-Skeptiker Wittelsbacher Land” schweigend und friedlich mit Fackeln durch die Stadt gezogen. Dabei habe man die Abstandsregel von 1,5 Metern durchgängig eingehalten. Kügle: „Anlass des spontanen Lichtermarschs war die aktuelle Diskussion über eine Verschärfung der Corona-Auflagen.” Man befinde sich in der gleichen Situation wie vor sieben Monaten: „Das sollte zeigen, dass die bisherige Corona-Strategie den Praxistest nicht bestanden hat.” Neben einer Abschaffung der Maskenpflicht - insbesondere für Kinder - sprächen sich die „Corona-Skeptiker Wittelsbacher Land” vor allem für eine meinungsoffene Diskussion über Ziele und Wege im Umgang mit dem Virus aus. „Die Beurteilung der Situation ausschließlich auf der Grundlage von Inzidenzwerten und Fallzahlen ist umstritten. Tatsächlich sagen diese Werte nichts über das tatsächliche Infektionsgeschehen aus.” Statt dessen plädieren die Skeptiker für den gezielten Schutz von Gruppen mit erhöhtem Gesundheitsrisiko. Dieser Ansatz werde auch von führenden Epidemiologen amerikanischer Universitäten vertreten.