Das könnte daran liegen, dass die Kinder in der Öffentlichkeit wenig wahrnehmbar waren und Nachbarn oder Lehrer keinen Kontakt zu ihnen hatten. Aber Bernd Rickmann warnt vor voreiligen Schlüssen: Denkbar wäre auch, dass auch belastete Familien sich auf die Einhaltung der Corona-Regeln fokussiert haben. Der gesellschaftliche Auftrag, diese Zeit durchzustehen, könnte andere Probleme in den Hintergrund gerückt haben. Außerdem hat das Jugendamt mit einem siebenköpfigen Interventionsteam in der Zeit schnell und unbürokratisch Hilfen angeboten. Bei rund einem Drittel der im Jahr eingehenden Meldungen zeigt sich nach der Überprüfung, dass keine Kindswohlgefährdung vorlag. Bei einem weiteren Drittel wird festgestellt, dass die Familie Hilfe und Unterstützung benötigt. Beim verbleibenden Drittel müssen Schutzmaßnahmen ergriffen werden - im drastischsten Fall ist das die Inobhutnahme, wie Bernd Rickmann dem Jugendhilfeausschuss des Kreistags darlegte. Er erklärte den neuen Kreisräten im Gremium auch noch einmal die gesetzliche Grundlage dafür. In Artikel 6 des Grundgesetzes steht: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvorderst ihnen obliegende Pflicht.” Dafür gibt es aber eine Einschränkung: „Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.” In fast der Hälfte der gemeldeten Fälle im Wittelsbacher Land wenden sich Bürger an die Polizei, die wiederum das Jugendamt einschaltet. Weil das auch nachts oder am Wochenende sein kann, sind bislang bei der Polizei private Kontaktdaten der Jugendamtsmitarbeiter hinterlegt. Nun soll das in eine geregelte Rufbereitschaft mit einem Diensthandy überführt werden. Das wird zwar Mehrkosten beim Personal verursachen, wurde aber vom Jugendhilfeausschuss zustimmend zur Kenntnis genommen. Außerdem erklärte Bernd Rickmann, dass es inzwischen nicht mehr genügend Platzkapazitäten für Inobhutnahmen gibt. Das Jugendamt wird neue Verträge mit freien Trägern zur Aufstockung der Plätze erarbeiten und dem Ausschuss vorlegen.