„Freizeitdruck im Wald ist derzeit sicherlich ein größeres Thema als sonst”, meint Dr. Ernst-Ulrich Wittmann. Der Vorsitzende des Jagdschutz- und Jägervereins (JJV) Dachau kann nachvollziehen, dass die Leute raus müssen. Er appelliert allerdings, wie der Vorsitzende des Aichacher JJV, Paul Berchtenbreiter, an die Vernunft der Erholungssuchenden. „Das Rehwild arrangiert sich mit den Radfahrern und Spaziergängern”, sagt Wittmann. Problematisch werde es erst, wenn die Erholungssuchenden die Wege verlassen und querfeldein gehen, schlimmstenfalls noch mit Hund. Außerdem rät Wittman dringend davon ab, Wildtiere anzufassen, wie kürzlich in Vierkirchen im Landkreis Dachau geschehen. Spaziergänger haben in einem Abwassergraben Fuchswelpen entdeckt. Normalerweise lässt man die in Frieden. Weil die Spaziergänger sie aber für ausgesetzte Hundewelpen gehalten hatten, nahmen sie die Tiere kurzerhand mit - ein Welpe verkroch sich in einem Entwässerungsrohr, worauf die Spaziergänger die Feuerwehr zur „Tierrettung” alarmieren mussten. „Da hat man mit gutem Willen viel Schaden angerichtet, zumal die Tiere jetzt nicht mehr zur Mutter zurückgebracht werden können”, sagt Wittmann. Jungtiere würden nicht von ihrer Mutter im Stich gelassen, Fuchswelpen, die irgendwo liegen, solle man in Ruhe lassen, das Elterntier würde sie abholen. Mit einem gewissen Verständnis für die Lebensweise wilder Tiere und damit verbundener Rücksichtnahme könnte sich im Wald ein „gutes Nebeneinander” etablieren, ist sich Wittmann sicher. Paul Berchtenbreiter rät zudem, nicht in der Dämmerung oder nachts spazieren zu gehen, weil zum Beispiel das Rehwild dann am aktivsten ist. Erhöhten Freizeitdruck stellt der Aichacher Jäger in seinem Landkreis übrigens noch nicht fest. „Bisher haben sich keine Jäger beschwert. Wenn nächste Woche aber der Bock aufmacht, ist es möglich, dass ein Jäger auf dem Ansitz gestört wird”, meint Berchtenbreiter. Bis Ende April hat der Rehbock Schonzeit. Während sich mancherorts die Wildtiere mit dem Radverkehr im Wald arrangieren müssen, zeichnet Raimund Wagner aus Aichach ein anderes Bild. Der Fahrradhändler an der Aichacher Hubmannstraße hat, wie viele seiner Kollegen, derzeit mehr zu tun als üblich. Mehr Leute seien mit dem Radl unterwegs, daher kämen auch mehr zum Service oder zur Reparatur. „Vor allem die Werkstatt ist voll”, sagt der Fahrradexperte. Mehr Mountainbiker im Wald seien ihm nicht aufgefallen. Der Absatz und die Reparaturen an gewöhnlichen Fahrrädern hätten aber zugenommen. „Einige Leute kommen vorbei, die heuer nicht in den Urlaub fahren können und sich stattdessen ein Rad kaufen”, stellt Wagner fest. Und wer ein Fahrrad zu Hause stehen hat und es normalerweise selten benutzt, holt es derzeit aus dem Keller. Das führt zu den „gnadenlos ausgebuchten” Serviceterminen, wie Wagner betont. Seine Branche profitiert. Das wird auch im Gespräch mit Jörg Theunert, Geschäftsführer von Velo Rosso an der Münchener Straße in Aichach, klar. Er bestätigt die Einschätzung seines Mitbewerbers. „Wir haben wahnsinnig viele Reparaturen, weil mehr kaputt geht”, erklärt Theunert. Zudem kauften viele Radl-Neulinge E-Bikes, um in Deutschland einen Fahrradurlaub zu machen. „Die Hölle los” sei laut Angaben einer Mitarbeiterin auch beim E-Bike-Center Lechenbauer in Asbach bei Altomünster. Das Geschäft mit den Zweirädern boome. Wie bestellt für die erhöhte Zahl an Radlern kommt der überarbeitete Bußgeldkatalog des Innenministeriums, der seit Mittwoch gilt und Radfahrer besser vor Rasern, rasanten Überholmanövern oder abbiegenden Lastwagen schützen soll. Autofahrer sind angehalten, Rücksicht auf die Radler zu nehmen. Wer von diesen wiederum im Forst unterwegs ist, sollte sich bewusst bewegen - und: bitte nicht stören!