„Unser Problem ist, dass die ehrenamtlichen Hospizbegleiter nicht mehr zu den Menschen dürfen”, verdeutlicht Neukäufer die Folgen der Kontaktsperre. Für sie ist der aktuell eingeschlagene Weg ethisch fraglich. In einigen Fällen hätten ihre Hospizhelfer die Schwerkranken über Wochen oder Monate begleitet - und jetzt, „wenn es absolut final wird, dürfen sie nicht mehr hin”. Das gilt für Patienten, die zu Hause sind, ebenso wie für stationär untergebrachte. Derzeit ist Neukäufer jeden Tag damit beschäftigt, Krisengespräche mit ihrem Team, bestehend aus knapp 100 ehrenamtlich Tätigen und drei weiteren festangestellten Koordinatorinnen, zu führen. Sie fängt auf und versucht zu beruhigen. Denn hinter der Hospizarbeit stecken viele Einzelschicksale. Die Tätigkeit der Sterbebegleiterinnen bedeutet nicht nur „ein bisschen Händchen halten am Lebensende”, verdeutlicht Neukäufer, die den Eindruck nicht los wird, dass viele keine Vorstellung davon haben, was die Gruppe der Hospizhelfer, zu der auch sechs Männer gehören, in den betroffenen Familien oder bei Einzelpersonen alles leistet. „Unsere Arbeit wird unterschätzt”, glaubt die Hospiz-Leiterin. Es geht nicht allein um die Schwerkranken, deren Leben zu Ende geht. Die Hospizhelferinnen kümmern sich genauso um die Angehörigen, die die Gespräche mit den Fachleuten suchen. „Es gibt Hinterbliebene, die allein und isoliert sind und kaum soziale Kontakte haben. Für sie ist eine Ausgangssperre fatal”, beurteilt Neukäufer die Situation. Neben den Besuchsverboten gibt es beim St. Afra Hospiz derzeit auch keine Trauerstammtische oder andere Gesprächskreise in Gruppen. Bedenkt man, dass der Verlust eines geliebten Menschen zu den tiefgreifendsten Erfahrungen des Lebens gehört, ist nicht abzuschätzen, was das mit Trauernden macht. Zumal sie sich derzeit nicht einmal bei einer Beerdigung in gewohnter Form verabschieden können. Zur Trauer kommt die starke Reglementierung des Ablaufs der Bestattung, die ein wichtiger Punkt bei der Trauerbewältigung darstellt. Das könne sehr belastend sein, weiß Neukäufer. Besonders schwer fällt es der erfahrenen Trauerbegleiterin, wenn sie Anfragen abweisen muss, was in dieser Woche bereits der Fall war. Zumal alle vier fest angestellten Koordinatorinnen aus dem Pflegebereich kommen und Palliative Care Fachkräfte sind. Neukäufer und ihre Kolleginnen haben obendrein unzählige Fortbildungen absolviert: Moderation für ethische Fallbesprechungen, Informationen zu Vollmachten, Beratungen zur Vorsorgeplanung, pain nurse (Schmerzmanagement), Trauerbegleitung und Begleitung traumatisierter Menschen. Die qualifizierten Hospizbegleiter sind im Bereich Hygiene und Schutzmaßnahmen ebenfalls bestens geschult. „Wir Hauptamtlichen sind ausgestattet, haben Schutzmasken und Desinfektionsmittel”, sagt Neukäufer. Für alle ehrenamtlich Tätigen reicht das Material aber bei Weitem nicht. Neukäufer fordert im Fall der Hospizarbeit: „Die Ausnahme sollte hier die Regel sein.” Vor allem für Schwerstkranke ohne Angehörige, aber auch Singles, demente und psychisch angeschlagene Patienten, die niemanden haben, der sich um sie kümmert, ist die aktuelle Situation sehr belastend. „Und es sterben weiterhin Menschen an Tumoren”, mahnt Christine Neukäufer, neben der Coronapandemie nicht andere Krankheiten in den Hintergrund zu rücken. Manche müssten folglich allein sterben, was die Koordinatorin als „absolute Ausnahmesituation” bezeichnet. In diesem Zusammenhang betont Christine Neukäufer, dass ihr Team weiter am Telefon erreichbar ist und auch Einzelgespräche in den Räumen des St. Afra Hospiz und in den Niederlassungen in Friedberg und Mering angeboten werden, bei denen der geforderte Abstand eingehalten wird. Dennoch hofft die Hospizleiterin, dass die Regelung des Besuchsverbots von sterbenden Menschen - unabhängig davon, ob sie zu Hause oder in stationären Pflegeeinrichtungen sind - aufgehoben wird. Kontakt: St. Afra Hospiz, Bahnhofstr. 28, Aichach, Telefon: 08251/934 65 30; Fax: 08251/934 65 37. Leitende Koordinatorin: Christine Neukäufer, E-Mail: caritas-aichach-friedberg.de" class="auto-detected-link" target="_blank">christine.neukaeufer@caritas-aichach-friedberg.de; Manuela Lang, E-Mail: manuela.lang@ caritas-aichach-friedberg.de.