Im Wittelsbacher und Dachauer Land wurden Bäume umgelegt, Dächer abgedeckt und Strommasten umgeknickt, darunter ein 20kV-Masten bei Griesbeckerzell. Die Aichacher Feuerwehr musste zu 78 Einsätzen ausrücken, ein Zug rammte auf der Paartalbahn einen umgestürzten Baum. Bei dem Unfall kam niemand zu Schaden, weil der Zugführer den Baum bemerkte. Die Autobahn A 8 musste kurzzeitig sogar komplett gesperrt werden, das Technische Hilfswerk und die Feuerwehren waren im Dauereinsatz. Besonders hart traf es den Wald. Wo vor den beiden Orkanen noch stattliche Fichten gestanden waren, zeugten nur mehr Stümpfe von der Existenz eines Waldes. Die Schäden für die Waldbesitzer gingen in die Millionen, allein im Aichacher Spitalwald fielen 10 000 Bäume. Bei den Aufräumarbeiten dort half sogar ein Pionierbataillon der Bundeswehr mit. 30 Jahre später, knapp zwei Wochen nach Eintreffen des Orkantiefs Sabine, erinnert sich Bernhard Breitsameter an die Schäden von 1990. Der Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung (WBV) Aichach spricht von drei bis fünfmal so vielen Bäumen, die in kürzester Zeit lagen, wie sonst in einem Jahr geschlagen wurden. Die Schäden durch Sabine bezeichnet der Förster vor diesem Hintergrund als „absolut unerheblich”. Zum Vergleich: Das Orkantief, das Mitte Februar auch im Wittelsbacher Land teilweise schwere Schäden im Wald angerichtet hat, sorgte gerade einmal für ein Fünftel des Jahreshiebs an Schadholz. Raus aus dem Forst müssen die Stämme trotzdem. Mit dem Sturmereignis änderte sich die Arbeitsweise im Wald grundlegend. Das bestätigt auch Bernhard Breitsameter. „Dieser Sturm hat uns die erste brutale Watschn verpasst”, sagt der Förster. Auch im Hinblick auf die zu pflanzenden Baumarten. Die Fichte war Ende des 20. Jahrhunderts die dominierende Baumart in der Region - und ist das in alten Beständen bis heute. Rund 90 Prozent machte das Nadelgehölz aus, das ursprünglich im Gebirge beheimatet ist und lediglich über die großen Flüsse Isar, Inn und Lech ins Land hinaus getragen wurde. Früh erkannten Waldbesitzer, dass die Fichte nicht nur schnell wächst, sondern aufgrund ihrer langen Holzfaser hervorragendes Bauholz liefert - mit dem Geld zu verdienen war. Als „Brotbaum” wurde die Fichte prägend für die Landschaft. Ihre Anfälligkeit für Schädlinge und Windwurf nahm man immer wieder in Kauf. Das Konzept funktionierte, bis die globale Temperatur merklich anstieg. Seit 1880 ist es in der Region durchschnittlich etwa 1,5 Grad wärmer geworden, linear zum Temperaturanstieg werden Sturmereignisse häufiger. 1990, nach Vivien und Wiebke, zogen die führenden Förster des Landes dann die Reißleine und propagierten den Waldumbau: Weg sollte man von der Fichten-Monokultur, hin zum Klima-toleranten Mischwald. Laut Bernhard Breitsameter ist hier viel passiert. Im Altlandkreis Aichach, in dem die WBV aktiv ist, liegt der Anteil an Fichten bei 75 bis 80 Prozent. Alte Bestände ziehen den Schnitt nach oben, in neu gepflanzten Beständen macht das Nadelholz teilweise weniger als die Hälfte der Bäume aus. Fördertöpfe aus Bund und Land haben hier gehörig mitgespielt, wenn anfangs auch nur dürftig. „Als die Fördertöpfe irgendwann größer waren, hat man uns nur kleine Löffelchen gegeben”, meint Breitsameter. Vor zwei Wochen hat die Staatsregierung ein millionenschweres Förderpaket aufgelegt, das es Waldbesitzern ermöglicht, rund 90 Prozent der Kosten des Umbaus ihrer Wälder an den Staat abzugeben.