Die Tiere hatten „nicht annähernd” genug Wasser, keine ausreichenden Liegeplätze, standen „knöcheltief im eigenen Kot”. Eindrücklich schilderte die Zeugin, eine Tierärztin des Veterinäramtes Aichach, die Zustände der Landwirtschaft des Angeklagten. Bei einem Kontrolltermin am 11. April vergangenen Jahres hatte sie mit einer Kollegin die Viehhaltung überprüft. Sie waren dabei einem anonymen Hinweis nachgegangen. Der Betrieb des Angeklagten sei dem Amt aber schon seit 2004 bekannt gewesen. Wiederholt gebe es „immer die gleichen Missstände: Futter, Wasser, Liegeplätze”. Als Wiederkäuer müssen Bullen bis zu einen halben Tag liegen, um gesundheitliche Probleme zu vermeiden. Daher legten sich die Bullen auf den kotbedeckten Boden, wodurch ihnen das Fell teilweise ausfiel. Die ungeschützte Haut wurde von Kot und Urin angegriffen. Hinzu kam Wassermangel. Auch sei den beiden Frauen aufgefallen, dass einige Tiere in völliger Dunkelheit gehalten wurden. Sie hatten dem 56-Jährigen danach mitgeteilt, er solle „sofort für Abhilfe sorgen” und die Missstände beheben. Als die beiden Kolleginnen jedoch am 26. April zur Überprüfung zurückkehrten, hatte sich nicht viel verändert. In den Trinkwannen auf der Weide war kein Wasser, in den Behältern im Stall ebensowenig. Trockene Liegeplätze waren auch nicht geschaffen worden. Der Angeklagte selbst war, im Gegensatz zum ersten Termin, anwesend. In einem Video, das dem Gericht als Beweis vorlag, forderten ihn die Frauen auf, die metallene Trinkwanne zu befüllen. Als die durstigen Kühe daraufhin zu trinken begannen, drückte der 56-Jährige mit seinem Plastikschuh ein Stromzaunelement gegen die Wanne. Auf einen Schlag wichen alle Tiere zurück. Dass der Angeklagte das Wasser unter Strom gesetzt habe, sei der Zeugin und ihrer Kollegin in der Situation noch gar nicht aufgefallen. Erst im Zuge eines dritten Kontrollbesuchs am 27. Juni habe ihre Mitarbeiterin mit der Hand die Fließrichtung in der Metallwanne überprüfen wollen und dabei einen Stromschlag gespürt. Im Nachhinein hatten sie sich das Video erneut angesehen und begriffen, was der Angeklagte mit seinem Fuß getan habe. „Wir haben ihnen viel zugetraut, aber nicht das”, wendete sich die Zeugin an den Angeklagten. Die „Rohheit” habe sie und ihre Kolleginnen im Veterinäramt erschreckt. „Das Letzte, was er will, ist, dass es den Tieren schlecht geht”, sprach Verteidiger Dominik Schletter über seinen Mandanten. Zweimal täglich fahre er auf den Hof, um die insgesamt 61 Kühe und Schafe mit Wasser zu versorgen. Die Landwirtschaft selbst habe keine eigene Leitung. Der 56-Jährige übernahm den Betrieb zur Jahrtausendwende. Das Ziel des Einspruchs, erklärte Schletter zu Beginn, sei ein Freispruch oder mindestens eine deutlich niedrigere Anzahl an Tagessätzen. Für jeden der Vorwürfe hatte der Landwirt eine Erklärung: Zufällig seien an den Kontrolltagen die Tiere so durstig gewesen, dass sie das ganze Wasser leer getrunken hatten. Zufällig sei der Zaun an die Metallwanne gestoßen. Der Boden sei nicht kotbedeckt; vielmehr habe die Streu nur zufälligerweise die gleiche Farbe und Konsistenz. „Es wird immer schwerer an Zufälle zu glauben”, befand Hell. Weder er noch die Staatsanwaltschaft gaben sich mit den Erklärungen zufrieden. Staatsanwältin Hannah Witzigmann forderte in ihrem Plädoyer daher drastischere Maßnahmen als der Strafbefehl vorgesehen hatte. Sieben Monate Bewährungszeit und eine zusätzliche Geldstrafe, deren Höhe Richter Hell bestimmen solle. Die Beweisaufnahme habe gezeigt, dass der Angeklagte schuldig sei, Tiermisshandlung in Form von Unterlassung in fünf Fällen begangen zu haben. Das Muhen der Tiere im zuvor gesichteten Video bezeichnete Witzigmann als „klagend”. „Sieben Monate hat mit Strafrecht nichts zu tun”, befand Verteidiger Schletter. Die Haltung sei nicht optimal, räumte er ein. Aber „erhebliche Schäden und Leiden” hätten die bereits geschlachteten Tiere nicht gezeigt. Es gebe Fälle, in denen die Tiere infolge der Misshandlung eingeschläfert werden müssten. Selbst in diesen Fällen seien „deutlich geringere Strafen” verhängt worden. Richter Hell schloss sich dieser Meinung jedoch nicht an. Zwar hat der Landwirt keine Vorstrafen, er zeigte sich aber auch nicht einsichtig. „Extrem straferschwerend” wirke, dass sich der Zustand der Tiere trotz mehrerer Kontrollen nicht geändert habe. Hell bezeichnete den Angeklagten als unbelehrbar. Er verurteilte ihn deswegen zu sieben Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung. Falls sich die Tierhaltung nicht verbessert, folge das Gefängnis, sagte Hell. Außerdem muss der Landwirt 5000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung überweisen.