Dr. Friedrich Pürner erhält als Leiter des Gesundheitsamtes Aichach-Friedberg regelmäßig Anrufe von verunsicherten Eltern, die im Kindergarten angesprochen wurden, ihr angeschlagenes Kind wieder mit nach Hause zu nehmen. Gleichzeitig beschweren sich Einrichtungleiterinnen bei ihm über Eltern, die ihrem Kind nicht die nötige Genesungszeit geben und es zu früh wieder in die Betreuung geben. Um ein wenig Licht ins Dunkel der Rotz- und Triefnasen zu bringen, bat der Gesundheitsamtschef zum Pressegespräch. Dr. Pürner stellt klar, dass ein Kindergartenkind, das nachts dreimal gespuckt oder Fieber hat, am nächsten Tag nicht in die Kita gehört, auch wenn es am Morgen wieder einen fitten Eindruck macht. Als grobe Orientierung gibt Pürner 48 Stunden ohne erkennbare Symptome an. Diesbezüglich erhielt der Amtschef bereits Nachfragen, ob auch 46 Stunden ausreichen. Auf der anderen Seite musste er mancher Einrichtungsleiterin bereits erklären, dass nicht alle Kinder mit Schnupfen ausgeschlossen werden dürfen Wie heikel das Thema ist, zeigt sich beim Versuch unserer Redaktion, die Erfahrungen der Kita-Leiterinnen im Landkreis zu erfragen. Keine der kontaktierten Chefinnen wollte in der Zeitung zitiert oder mit Namen genannt werden. Das Problem sei aber präsent und flamme immer wieder auf, ließen zwei Erzieherinnen verlauten. Dabei äußerten sie durchaus Verständnis: Gerade berufstätige Mütter seien oft in der Bredouille, Arbeitgeber und Kind gerecht zu werden. Trotz der Regelung, nach der gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf Krankengeldzahlung für maximal zehn Tage im Jahr für jedes erkrankte, pflegebedürftige Kind unter zwölf Jahren haben, blieben viele Mütter gar nicht oder nur mit schlechtem Gewissen zu Hause bei ihrem kranken Kind. Alleinerziehende haben Anspruch auf 20 Tage jährlich. Manche Arbeitgeber gewähren sogar eine Entgeltfortzahlung. Mit dem Wandel der Familienstrukturen hat sich die Situation für viele Eltern rund um die Kinderbetreuung verschärft. Früher gab es eine Oma, Tante oder Cousine im Haus beziehungsweise auf dem Hof, also jemanden, der sich um ein Kind kümmern konnte, wenn die Mutter einer Arbeit außerhalb des Hauses nachging. Auch die beratende Funktion älterer Familienmitglieder ist nicht zu unterschätzen und fehlt heute in vielen Familien. Heutzutage ist mancher Erziehungsberechtigte nicht mehr in der Lage, zu entscheiden, ob ein Kind tatsächlich krank ist oder nicht, sagt Friedrich Pürner in diesem Zusammenhang. Zehn Tage jährlich für die Betreuung eines kranken Kindes können durchaus knapp werden. Laut Pürner sind zehn bis zwölf Infektionen im Jahr bei einem Kleinkind völlig im Rahmen. Da der Infekt in der Regel nicht nach einem Tag überstanden ist, wird es mit den gesetzlich zur Verfügung stehenden Krankheitstagen eng.