Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 09.09.2019 12:00

Kapelle mit bärtiger Frau: Tag des offenen Denkmals

Kreisheimatpfleger   Dr. Hubert Raab wusste Wissenswertes zu berichten.
Kreisheimatpfleger Dr. Hubert Raab wusste Wissenswertes zu berichten.
Kreisheimatpfleger Dr. Hubert Raab wusste Wissenswertes zu berichten.
Kreisheimatpfleger Dr. Hubert Raab wusste Wissenswertes zu berichten.
Kreisheimatpfleger Dr. Hubert Raab wusste Wissenswertes zu berichten.

Viele werden die Kapelle St. Johannes Baptist wohl nicht kennen, und auch im Inneren bietet sich dem unwissenden Betrachter wenig Spektakuläres. Mit den Augen des Historikers hingegen erstrahlt der kleine Kirchenbau gleichsam in den buntesten Farben, denn er steckt voller Geschichte und Geschichten, die sich um ein Schloss drehen, das es nicht mehr gibt, um katholische Äbte, die aus Angst vor den Protestanten in Bayern ihr Heil suchen, und eine gekreuzigten Frau mit Bart.

Heimatpfleger Dr. Hubert Raab setzte den Besuchern quasi die historische Brille auf, um weit zurückzublicken in die Vergangenheit. Im 15. Jahrhundert gehörte Winden zu den Besitzungen Heinrich Haslangers zu Haslangkreit. Etwa 100 Jahre später wurde Winden an den Abt Jacob Köpplin von St. Ulrich und Afra veräußert. Hubert Raab erklärte den Interessierten den Hintergrund dieses Immobilien-Geschäfts: Weil sich Augsburg zum protestantischen Glauben bekannt hatte, verlagerte das dortige katholische Reichskloster seine Besitzungen nach und nach ins Bayerische.

Auf der Empore des kleinen Gotteshauses ist heute noch in der einen Wand eine rechteckige Vertiefung zu sehen, „eine Art rechteckige Türe”. Sie ist ein sichtbarer Beweis dafür, dass einst ein Schloss mit der Kapelle verbunden war. Im Dreißigjährigen Krieg, führte der Kreisheimatpfleger aus, sei das ehedem noble Schloss von den Schweden verwüstet worden. Heute steht nur noch ein altes Bauernhaus in der Nähe der Kapelle, es ist im Besitz der Familie Seitz.

Der Rechteckbau mit Satteldach und Turm stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert. Bemerkenswert sind die Gemälde neben dem Altar. Auf dem Bild rechts ist, so vermutet Hubert Raab, der Heilige Nikolaus zu sehen. Er erscheint einem Mann, der aussieht als hätte er Zahnschmerzen, eine, wie Raab bemerkte, eher unübliche Darstellung des Heiligen.

Auf dem Gemälde links vom Altar ist die Heilige Kümmernis abgebildet: eine bärtige Frau ans Kreuz gehauen, vor der ein Musikant sitzt und spielt. Was es damit auf sich hat erzählte der Kreisheimatpfleger am Ende der Führung, ehe es weiterging zur Schlosskapelle in Stockensau, ein Saalbau mit Satteldach und Dachreiter vom Anfang des 18. Jahrhunderts mit Ausstattung. Die heilige Kümmernis, so Raab, habe ihr Leben Gott verschrieben. Weil ihrem Vater das nicht gefiel, bat sie Gott, sie zu verunstalten, er ließ ihr einen Bart wachsen. Der Vater, erzürnt, schlug die Tochter in seiner Wut darüber ans Kreuz. Dort hing sie drei Tage. Als die junge Frau tot war, ließ er ihr eine Sühnekapelle errichten.

Wie in Winden haben gestern Tausende Denkmale bei Deutschlands größter Kulturveranstaltung ihre Türen geöffnet. Im Wittelsbacher Land ging es los mit den Führungen um 11 und 13.30 Uhr durch die Alte Schule in Gebenhofen, hier erklärte Kreisheimatpflegerin Susanne Kühnlein-Vollmar den Besuchern die Besonderheiten des ehemaligen Schulhauses. Der zweigeschossige winkelförmige Walmdachbau stammt aus dem Jahre 1859, erweitert wurde er 1907. Aber erst Ende 2017 wurde das Denkmal neu in die Denkmalliste aufgenommen.

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Von Robert Edler
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