Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 19.07.2019 12:00

Landkreis braucht ein weiteres Pflegeheim

Im Sinne der wohnortnahen Versorgung sollte die neue Einrichtung in der Mitte des Landkreises liegen. Der Norden hat mit Aichach, Kühbach, Pöttmes und Aindling schon einen hohen Versorgungsgrad, ebenso der Süden mit Mering. Deshalb rückt der Raum Friedberg, Dasing, Obergriesbach, Sielenbach und Adelzhausen in den Blick. Der Bericht des Statistikers berücksichtigt besonderes die Zahl der Demenzerkrankten. Rindsfüßer geht davon aus, dass derzeit etwa 1000 Menschen im Wittelsbacher Land an Demenz erkrankt sind. Eine Zahl, die sich in den nächsten 20 Jahren voraussichtlich verdreifachen wird.

Insgesamt wird sich der Anteil der Menschen über 80 Jahren im Landkreis Aichach-Friedberg in den kommenden 20 Jahren mehr als verdoppeln: Ein Anwachsen dieser Gruppe um 63 Prozent prognostiziert der Diplom-Statistiker. Die Zahl der 20-Jährigen wird dann übrigens immer noch so groß sein wie heute.

Dass die statistischen Zahlen nicht zwingend die ganze Lebenswirklichkeit Wirklichkeit spiegeln können, zeigt sich an der Summe der errechneten Pflegeplätze. Christian Rindsfüßer geht davon aus, dass derzeit im Landkreis Aichach-Friedberg 800 Plätze benötigt werden. Stattdessen gibt es 991 Plätze - die alle belegt sind.

Das ist nicht das einzige Problem für die Altenhilfe. Über einen Zeitraum von zehn Jahren hinaus zu planen, ist schwierig, wie Sachgebietsleiterin Ingrid Hafner-Eichner darlegte. Welche Leistungen die Pflegekassen in Zukunft erbringen, sei nicht konkret vorhersehbar. Das gelte auch für die angedachten Förderungen für kleinteilige Pflegeeinrichtungen wie ambulant betreute Wohngemeinschaften, die im Freistaat Bayern derzeit diskutiert werden. Und zu guter Letzt ist auch nicht sicher, wie sich Anzahl und Qualifikation von Pflegekräften entwickeln werden.

Eigentlich befürwortet die Politik den Grundsatz „ambulant vor stationär”. Dafür wurde das Pflegestärkungsgesetz mit mehreren Novellierungen eingeführt. Es beinhaltete die Erhöhung der Vergütung für Leistungen in der häuslichen Pflege einhergehend mit einer Reduzierung der Sätze für die Betreuung im Heim. Das sollte eigentlich einen Zuwachs in der ambulanten Pflege bewirken. Der blieb allerdings aus. Die Expertinnen der Altenhilfe gehen davon aus, dass der Zuwachs an Menschen, die stationäre Pflege benötigen, den erhofften Effekt aufgezehrt hat.

Die Altenhilfe blickt auch auf eine Zeit, die im Wandel ist. Schließlich wird die Zahl der Hochbetagten zwar definitiv steigen. Aber nicht nur die Frage, ob ein Mensch in ein Pflegeheim kommt, ist in der Planung der Heimplätze relevant, sondern auch, wie lange er bis zu diesem Zeitpunkt zu Hause bleibt. Eine Verbesserung der Versorgung daheim durch Familie (Stichwort Pflegezeit), Betreuungsdienste oder Wohngemeinschaften spielt deshalb ebenfalls eine Rolle.

Ob, wann und wo ein weiteres Pflegeheim gebaut wird, bleibt erst einmal offen. Nicht die Landkreise bauen Heime, sondern Verbände der Wohlfahrtspflege wie Arbeiterwohlfahrt, Caritas oder BRK oder auch privatwirtschaftliche Unternehmen. Die Altenhilfe kann entsprechende Bemühungen nur steuern und begleiten.


Von Carina Lautenbacher
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