Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 18.07.2019 12:00

Kein Respekt vor Frauen

Bei dem Sprachkurs sei der studierte Pädagoge aufgefallen, weil er sich aggressiv gegenüber Frauen verhalten habe. Zwei Abmahnungen habe er sich deshalb eingehandelt. Er habe das Handy seiner Frau, die mit ihm in Syrien zwangsverheiratet wurde, kontrolliert und ihr den Umgang mit den ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern in Dasing verboten. In der Ehe habe es von Anfang an gekriselt. „Die Ehefrau fühlte sich bedroht, aber ohne Kinder wollte sie ihren Mann nicht verlassen”, betonte die Integrationsbeauftragte, die sich selbst auch vom Angeklagten bedroht fühlte. Die psychische Belastung habe die Ehefrau so sehr mitgenommen, dass sie sich jeden Morgen übergeben musste. „Ich habe mich ihm ergeben”, habe sie der Integrationsbeauftragten resigniert mitgeteilt. „Die lügt”, schrie der Angeklagte dazwischen und musste von seinem Anwalt Felix Dimpfl und dem Vorsitzenden Richter Thomas Müller-Froelich gebremst werden.

Die Ehefrau habe sie um Hilfe und um ein Verhütungsmittel gebeten, „weil er unbedingt noch ein Kind wollte und sie nicht”, betonte die Zeugin. Um Frau und die Kinder, 13, zwölf und acht Jahre alt, vor dem Angeklagten zu schützen, hat sie im Frühjahr 2017 das Jugendamt eingeschaltet. Mit einer geplanten Aktion wurde der 31-jährigen Ehefrau ein Platz im Frauenhaus besorgt.

Stundenlang musste sich die Integrationsbeauftragte insbesondere den Fragen des Verteidigers stellen, die zuweilen soweit abwichen, dass Opfer-Anwältin Mario Zech daran erinnerte, worum es im Prozess überhaupt geht: „Um Kindesentzug, Vergewaltigung und Körperverletzung”. Mario Zech will „auf keinen Fall”, dass ihre Mandantin vor Gericht aussagt. „Diese psychische Belastung kann ich ihr nicht zumuten”, begründete sie in einer kurzen Verhandlungspause. Auch die Kinder wollen zu den ganzen Vorfällen nichts sagen, wie eine Vertreterin des Familiengerichts Augsburg mitteilte.

Der Angeklagte, den Koran vor sich liegend, mischte sich immer wieder ein, stellte selbst Fragen und beteuerte weiterhin seine Unschuld. Die Aussagen eines benachbarten Ehepaars, ebenfalls aus Syrien, dürften ihm dabei geholfen haben. Demzufolge haben sie nichts mitgekriegt, dass der Angeklagte seine Frau oder die Kinder geschlagen hat. „Es gab keine blauen Flecken oder Hämatome” und der Umgang mit den Kindern sei sogar „liebevoll” gewesen, sagte das Ehepaar aus. Auch die Integrationsbeauftragte musste einräumen, dass es auch vonseiten der Schule nie Beanstandungen diesbezüglich gegeben habe. Das Ehepaar, das den Angeklagten insgesamt eher entlastete, bezeichnet der 45-jährige Syrer als „Spione der Integrationsbeauftragten”.

Am nächsten Verhandlungstag, Mittwoch, 24. Juli, wollen Verteidigung und Staatsanwältin Birgit Milzarek ihre Plädoyers halten. Für diesen Tag ist auch der Urteilsspruch vorgesehen. Bis dahin musste der Angeklagte wieder zurück in die U-Haft, in der er seit November 2018 sitzt. Wie berichtet, wird dem Mann vorgeworfen, dass er seine Kinder über die Türkei nach Syrien bringen wollte, um sie ihrer Mutter dauerhaft zu entziehen. Weil sie im November vorigen Jahres nicht zur Schule gekommen waren, informierte das Rektorat der Grundschule die Polizei. In einem griechischen Hafen wurde der 45-Jährige geschnappt. Die Kinder wurden zurückgebracht. „Die Ehefrau fühlte sich bedroht, aber ohne Kinder wollte sie ihren Mann nicht verlassen”


Von Robert Edler
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