Im Jahr 2010 hatte die Frau mit einer Kleinanzeige einen Maler gesucht. So kam der Angeklagte auf den Hof im Landkreis Fürstenfeldbruck. „Sie haben die Situation schnell erfasst: Hier ist eine Frau, die ist einsam, angeschlagen, vermögend, hat keine Kinder und ist dankbar für Ihre Mithilfe”, fasste Hell in der Urteilsverkündung zusammen. Der Maler kümmerte sich, fuhr sie zum Arzt, erledigte Arbeiten auf dem Hof. Der 57-Jährige hatte während des Prozesses erklärt, er sei der Lebensgefährte der Frau gewesen, die an Multipler Sklerose leidet und sich vor einigen Jahren einer Gehirnoperation unterziehen musste. Schon 2011 schenkte sie ihm 90 000 Euro. Doch die Summen, die sie ihm selbst überließ, beschäftigten das Gericht nicht. Vielmehr ging es um Beträge, die der Maler abbuchte, nachdem die Frau ihm eine Vorsorgevollmacht ausgestellt hatte - immerhin gut 600 000 Euro, die direkt in die Tasche des Angeklagten oder seiner Angehörigen gewandert sind. Doch obwohl die Frau ihm anfangs freiwillig Geld gegeben und ihn im Nachlass bedacht hat, ist es die Aufgabe eines Bevollmächtigten, im Sinne des Vollmachtgebers zu handeln. Spätestens als die Frau nach einer Operation 2014 in einem Heim in Augsburg untergebracht war, wäre es also seine Aufgabe gewesen, ihre Geschäfte zu führen, und nicht von ihrem Geld sein Haus zu renovieren, der Tochter ein Auto zu kaufen oder eine USA-Reise zu finanzieren. Verteidiger Stephan Eichhorn, der Freispruch forderte, wies darauf hin, dass Aussage gegen Aussage stehe. Sein Mandant sage, er sei der Lebensgefährte gewesen, der von der Frau immerzu aufgefordert worden sei, Geld anzunehmen. Sie aber bestritt das, und das Gericht glaubte ihr. Als sie 2017 das Heim wieder verlassen konnte und von den Grundstücksverkäufen erfuhr, zeigte sie den Maler an. Der sei in keinster Weise zu den Abhebungen befugt gewesen, erklärte Staatsanwalt Stephen Soßna. Dabei hatte er schon die kleineren Beträge aus der Anklage herausgenommen. Unterm Strich bleiben aber immer noch mehr als 600 000 Euro, die veruntreut wurden. Sie sollen eingezogen werden, wobei noch ein zivilrechtliches Verfahren anhängig ist. Der Maler kann in Berufung gehen.