Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 12.02.2019 12:00

Marihuana-Aufzucht im Schlafzimmer

An die 950 Gramm Marihuana, 17 Ecstasy-Tabletten und Haschisch-Kekse stellte die Polizei bei der Wohnungsdurchsuchung des 24-Jährigen sicher. „Das ist schon eine stattliche Menge”, meinte Staatsanwältin Saskia Eberle. Zudem fanden die Ordnungshüter im Schlafzimmer eine Marihuana-Aufzuchtanlage. „Circa zwei mal zwei Meter groß”, erklärte ein Kripobeamter, der den Angeklagten auf Nachfrage des Gerichts als „kooperativ” bezeichnete. Ferner fanden die Beamten im Küchenschrank fast 1000 Euro Bargeld, das aus dem Verkauf der Drogen stammen soll.

Der 24-Jährige räumte bereitwillig ein, dass er die Drogen „teilweise zum Eigenverbrauch und teilweise zum Verkauf” verwendete. Schon früh kam der große, schlanke Mann auf die schiefe Bahn. „Seit ich 14 bin, konsumiere ich Marihuana.” Mit 16 sei es zum ersten Mal Kokain gewesen. Zudem schnüffelte er Lachgas und Klebstoff, das er vorher im Laden geklaut hatte. Aufgeflogen ist der Mann aus dem Landkreis durch eine anonyme Anzeige. Seit August vorigen Jahres sitzt er in U-Haft.

Seine berufliche Karriere hatte der Angeklagte schnell erzählt. Er habe eine Lehre zum Schreiner begonnen, aber noch bevor ein Jahr um war, schon wieder abgebrochen. „Praktisch war ich ganz gut, aber für das Theoretische hat es nicht gelangt”, erklärte er dem Gericht. „Danach bin ich lange Zeit auf Wanderung gewesen.” So sei er mal beim Vater, dann bei der Mutter sowie bei Freunden untergekommen.

Die ganze Zeit über sei er obdachlos gewesen. „Eine echt traurige Geschichte”, hob Verteidigerin Cornelia McCready hervor. Zwischendurch habe er eine Therapie begonnen, die er aber auch abbrechen musste, weil er eine achtmonatige Haftstrafe verbüßen musste. Eine Fortsetzung der Therapie im Gefängnis habe ihm das Oberlandesgericht München verweigert. Zwischenzeitlich sei er jedoch clean und mit der Drogenhilfe in Kontakt. „Er zeigt ein hohes Maß an Mitwirkung und Engagement”, bestätigte ihm diese Einrichtung. Vor Gericht ist der 24-Jährige kein unbeschriebenes Blatt. Wegen Anbau von Betäubungsmitteln, Sachbeschädigung, Diebstahl und fahrlässiger Brandstiftung wurde er bereits vier Mal verurteilt.

Für Staatsanwältin Saskia Eberle kam daher eine Bewährungsstrafe nicht in Frage. Sie forderte drei Jahre und drei Monate Haft. „Er braucht keine lange Haftstrafe, sondern eine Therapie”, war dagegen Verteidigerin McCready überzeugt. Marihuana gehöre schließlich nicht „zu den ganz gefährlichen Betäubungsmitteln”. Der Angeklagte selbst wies in seinem Schlusswort darauf hin, dass es sich bei den sichergestellten Drogen lediglich um eine „kleine große Menge” handle. Und, was das Gericht mehr beeindruckt haben dürfte, dass er auf „alle Fälle” die begonnene Therapie fortsetzen und sich erneut um eine Lehrstelle bemühen werde. „Nur so kriegen Sie Ihr Leben wieder in den Griff”, gab ihm die Richterin mit auf dem Weg zurück ins Gefängnis. „Der Grenzwert zur geringen Menge ist um ein Vielfaches überschritten”


Von Robert Edler
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