Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 05.09.2018 12:00

Abstrich kann Leben retten

Werben für eine Typisierung   (von rechts): Brigitte Lehenberger, Katharina Gutmann, Landrat Klaus Metzger und Sabine Altmann, Mitarbeiterin des Personalamts des Landratsamts. 	Foto: Andreas Alt (Foto: Andreas Alt)
Werben für eine Typisierung (von rechts): Brigitte Lehenberger, Katharina Gutmann, Landrat Klaus Metzger und Sabine Altmann, Mitarbeiterin des Personalamts des Landratsamts. Foto: Andreas Alt (Foto: Andreas Alt)
Werben für eine Typisierung (von rechts): Brigitte Lehenberger, Katharina Gutmann, Landrat Klaus Metzger und Sabine Altmann, Mitarbeiterin des Personalamts des Landratsamts. Foto: Andreas Alt (Foto: Andreas Alt)
Werben für eine Typisierung (von rechts): Brigitte Lehenberger, Katharina Gutmann, Landrat Klaus Metzger und Sabine Altmann, Mitarbeiterin des Personalamts des Landratsamts. Foto: Andreas Alt (Foto: Andreas Alt)
Werben für eine Typisierung (von rechts): Brigitte Lehenberger, Katharina Gutmann, Landrat Klaus Metzger und Sabine Altmann, Mitarbeiterin des Personalamts des Landratsamts. Foto: Andreas Alt (Foto: Andreas Alt)

Nach Aussage von Brigitte Lehenberger, ehrenamtliche Mitarbeiterin der bundesweiten Knochenmarkspenderdatei DKMS, haben sich im Kreis Aichach-Friedberg bisher knapp 15 000 Menschen typisieren lassen, also mehr als jeder Zehnte der 133 000 Einwohner. Die Suche nach einem Knochenmarkspender verläuft wegen der wachsenden Zahl potenzieller Spender immer häufiger erfolgreich. Doch noch immer wird für jeden zehnten Patienten, der eine Knochenmarkspende braucht, kein geeigneter Spender gefunden. Deshalb ist Lehenberger unermüdlich weiter unterwegs, um für ihr Anliegen zu werben.

Katharina Gutmann ist für sie ein hervorragendes Beispiel, um zu zeigen, was die Typisierung bewirken kann. Ihre Stammzellprobe befand sich im Zentralen Knochenmarkregister in Ingolstadt. Die meisten Typisierten hören nie wieder etwas von der Sache, aber Gutmann erhielt 2010 einen Brief aus Ingolstadt. Man fragte, ob sie weiterhin zur Spende bereit sei. Es habe noch einige Unwägbarkeiten gegeben. Es hätte ein anderer Spender gefunden werden können, dessen Stammzellen noch besser zum Patienten passten, erinnert sich Gutmann. Gleichzeitig musste der optimale Zeitpunkt für die Übertragung gefunden werden. Aber schließlich fuhr sie nach Nürnberg ins Krankenhaus. Am 25. November 2010 wurde Gutmanns Spende nach der Entnahme sofort nach Dänemark geflogen; sie wusste aber aus Datenschutzgründen zunächst nicht, wer sie erhielt. Später erfuhr sie, dass es sich um ein sechsjähriges Mädchen namens Marie handelte. Sie erhielt Briefe von ihr mit selbstgemachten Stofftieren und einen Anhänger mit der Aufschrift: „Du bist mein Schutzengel”. Nach zwei Jahren lernte sie das Mädchen persönlich kennen. Später stattete Marie ihr auf einer Reise nach Italien in Aindling einen Besuch ab. „Es war ergreifend”, berichtet Gutmann, „wir nahmen uns in den Arm und haben geweint. Als ich sie sah, wurde mir bewusst, dass ich Leben geschenkt habe.”

Noch acht Jahre nach der lebensrettenden Operation haben Gutmann und Marie Kontakt über soziale Netzwerke. Und Marie sendet ihrer Retterin jedes Jahr am 25. November einen Blumenstrauß. Diesen Tag betrachtet sie inzwischen als ihren eigentlichen Geburtstag.

Ist das Knochenmark durch Leukämie oder eine andere Krankheit geschädigt, kann der Körper kein Blut mehr bilden. Zudem verliert er seine Immunabwehr. Im Fall von Leukämie, so Lehenberger, wird das kranke Knochenmark zunächst durch eine sehr starke Chemotherapie vollständig zerstört. Dann erhält der Patient die gespendeten Stammzellen per Infusion in die Blutbahn. Die Stammzellen suchen sich selbst ihren Weg in die Knochen und wachsen dort an. In ungünstigen Fällen kann es zu einer Abstoßungsreaktion kommen, aber die Knochenmarkspende ist für den Kranken die einzige Überlebenschance.

Laut Landrat Klaus Metzger tritt im Großraum Augsburg etwa alle drei Jahre ein Fall auf, bei dem eine Knochenmarkspende gebraucht wird. Es gibt aber bundes- und europaweit ständig Patienten. Geeignet zur Spende sind Menschen von 17 bis 55 Jahre. Entnommen wird die Spende erst ab 18 Jahren und noch bis zum Alter von 61 Jahren. Lehenberger setzt sich dafür ein, dass sich ganze Dörfer, Vereine oder Betriebe typisieren lassen. Sie will aber nicht Beteiligung an der Typisierung um jeden Preis. Es sollte nach ihren Worten auch grundsätzliche Bereitschaft zur Knochenmarkspende vorhanden sein. Wenn jemand als Spender ausgewählt wurde und ihm dann einfällt, dass er auf keinen Fall ins Krankenhaus will, ist nichts gewonnen. Lehenberger beruhigt aber in einem Punkt: Knochenmark werde niemals aus der Wirbelsäule entnommen, sondern aus dem Becken oder dem Blut.

Das Landratsamt will ein gutes Beispiel abgeben: Alle Mitarbeiter seien aufgerufen, sich typisieren zu lassen, so Metzger. Beim nächsten Gesundheitstag der Behörde am 18. Oktober wird eine Betriebsärztin über die Stammzellspende informieren. „Wir nahmen uns in den Arm und haben geweint”


Von Ines Speck
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