Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 10.08.2018 12:00

Schluss mit Kiffen: Junger Mann muss ins Gefängnis

Seit etwa einem Jahr hat Grosse in regelmäßigen Abständen mit dem Friedberger zu tun. Dabei habe er stets einen durchaus vernünftigen Eindruck gemacht, dann aber die zahlreichen goldenen Brücken, die sie ihm gebaut habe, doch nicht angenommen. Zu einer Jugendstrafe von neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, war er im vergangenen Jahr verurteilt worden. Es handelte sich um eine sogenannte Einheitsstrafe, in der vorausgegangene Verfehlungen zusammengefasst wurden. Die Liste reicht von Körperverletzung, Diebstahl und Sachbeschädigung bis hin zum Handel mit Betäubungsmitteln. Der 21-Jährige ist kein klassischer Dealer, versuchte vielmehr mit dem Verkauf von Marihuana seinen eigenen Drogenbedarf zu finanzieren. Und der hat es in sich. Seit er 16 ist, kifft der Friedberger. Im Laufe der Zeit wurde es immer mehr. Mittlerweile gehören Joints nach eigenem Bekunden zum festen Tagesablauf. Der 21-Jährige lebt bei und von seiner Mutter, einen Schulabschluss hat er nicht und bis dato gibt es keine konkreten Berufsziele.

Angesichts dieses Hintergrundes spielte die eigentliche Tat, die nun zur Haftstrafe ohne Bewährung führte und die sich bereits vor der letzten Verurteilung ereignet hat, lediglich eine untergeordnete Rolle. An einem Nachmittag im Sommer vergangenen Jahres war der Angeklagte zunächst mit einem Spezl verbal aneinander geraten, dann gab eins das andere, den Schlusspunkt setzte ein Kopfstoß, bei dem der gute Bekannte eine Risswunde an der Augenbraue erlitt. Die Zeugen wurden vom Gericht schnell wieder nach Hause geschickt. Der 21-Jährige räumte alles ein, hat sich längst mit seinem Freund ausgesprochen und wieder Frieden geschlossen. Für den Angeklagten ging es nun aber um viel mehr.

Dass er sich inzwischen zumindest schon mal über mögliche Therapien erkundigt habe, reichte Staatsanwältin Melanie Ostermeier nicht. Der Angeklagte komme einfach nicht in die Pötte, man müsse ihn zu seinem eigenen Schutz aus seinem jetzigen Leben nehmen, sprich ins Gefängnis schicken, so die Vertreterin der Anklage mit Verweis auf die hohe Rückfallgeschwindigkeit und das unbewältigte Drogenproblem des Angeklagten. Trotz aller Aufforderungen hatten durchgeführte Urintests immer wieder erheblichen Drogengenuss bestätigt, wie auch der Bewährungshelfer erklärte. Der 21-Jährige stecke so tief in seiner Sucht, dass er es von sich aus wohl nicht schaffen werde, sich davon zu lösen.

Dass ein Aufenthalt in einer Justizvollzugsanstalt, in der trotz aller Bemühungen der Angestellten nun mal kein friedvoller Umgang unter den Gefangenen, sondern die Macht des Stärkeren herrsche, eine Hilfe darstellen könne, stellte Verteidigerin Mandana Mauss entschieden in Frage. Ihr Mandant habe mittlerweile den entscheidenden Schritt selbst getan und sich seine Drogensucht eingestanden. Mauss hielt eine weitere Bewährungsstrafe deshalb für den wesentlich besseren Weg, „verbunden natürlich mit strengen Therapieauflagen”, wie sie betonte.

Am Ende folgte das Schöffengericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Dass der 21-Jährige erst in der Haft auf falsche Leute treffen könne, wies Vorsitzende Richterin Eva-Marie Grosse zurück: „Die falschen Leute kennen Sie jetzt schon.” Eine erneute Bewährungsstrafe sei angesichts der rasanten Rückfallgeschwindigkeit des 21-Jährigen schlicht unmöglich. Es gebe wohl tatsächlich einen kleinen Ansatz der Selbsterkenntnis, doch das reiche nicht. Nun müsse der Angeklagte zunächst mal einen geregelten Tagesablauf erlernen: „Ich hätte Sie schon viel früher von der Straße holen sollen.” „Ich hätte Sie schon viel früher von der Straße holen sollen”


Von Robert Edler
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