Die Taten liegen bereits mehrere Jahre zurück. 2013 lebt der heute 41-jährige Angeklagte mit seiner Frau in München, das Paar ist frisch verheiratet, beide arbeiten als Akademiker. Im März besucht eine jüngere Schwester der Frau das Paar. Weil es spät geworden ist, übernachtet sie in der Wohnung der frisch vermählten Eheleute, schläft gemeinsam mit ihnen im Doppelbett. Als sie eingeschlummert ist, greift ihr Schwager ihr unter das T-Shirt, knetet ihre Brust, sie wacht auf, dreht sich zur Seite.Wenige Wochen später, die junge Frau nächtigt wieder bei dem Paar, geht der Mann einen Schritt weiter. Als seine Schwägerin tief schläft, berührt er sie im Genitalbereich, dringt mit dem Finger in sie ein, befriedigt sich dabei selbst. Hier wie bei einer dritten Gelegenheit dreht sich die Frau, nachdem sie aufgewacht ist, von ihrem Schwager weg. Zu einer späteren Aussprache oder gar einer Anzeige kommt es jedoch nicht.Etwa ein Jahr später im Juni 2014, das Ehepaar hat mittlerweile ein Kind. Diesmal ist es die erst 17-jährige Schwester, die in der Wohnung übernachtet. Sie macht in München ein Praktikum, möchte der großen Schwester im Haushalt helfen. Ihr Nachtlager schlägt sie im Esszimmer auf einer Matratze auf. Auch hier wieder das gleiche perfide Spiel: Der heute 41-Jährige wartet ab, bis die Schwägerin eingedämmert ist, dann legt er sich hinter ihre Schwester, fasst sie an den Brüsten an, im Intimbereich. Insgesamt sechs Mal missbraucht er die 17-Jährige. Und wieder bleiben die Taten zunächst ohne Folgen. Warum, erklärte gestern eine Polizeibeamtin, die als Zeugin vor Gericht geladen war.Der Vorsitzende Richter Axel Hellriegel wollte zunächst einmal wissen, wie es überhaupt dazu kam, dass sich im vergangenen Jahr, so lange nach den Vorfällen, die Ermittlungsbehörden eingeschalteten haben. Die Beamtin berichtete, der Zusammenhalt in der Familie, aus der die Schwestern stammen, sei sehr eng gewesen. Der Vater starb früh an Krebs, ab dann musste sich die Mutter um die sechs Kinder alleine kümmern, die große Schwester, Ehefrau des Angeklagten, fungierte wohl als eine Art Ersatzmutter und „wurde von den jüngeren Geschwistern geradezu angehimmelt”. Aus Angst, das Eheglück der älteren Schwester und überhaupt der ganzen Familie zu zerstören, hätten die Opfer geschwiegen, gab die Polizistin an.