„Kein Gericht in Deutschland wird Sie wegen etwas anderem verurteilen”, sagte sie voraus, ohne bereits zu wissen, was die Verteidigung im Sinn hat. Ganz anders sieht das nämlich Rechtsanwalt Werner Ruisinger. „Wir gehen auf alle Fälle in Revision”, teilte er unmittelbar nach dem Urteilsspruch auf Pressenachfrage mit. Das Gericht war überzeugt, dass sich der Angeklagte am 2. August 2019 in den frühen Morgenstunden entschlossen habe, seinen Landsmann zu erschlagen. Bewaffnet mit einem 70 Zentimeter langen und 1123 Gramm schweren Tischbein habe er sich zu Fuß auf den Weg gemacht von Mühlhausen zur Affinger Flüchtlingsunterkunft an der Friedhofstraße. „Nicht einmal auf dem fünf Kilometer langen Fußmarsch sind Sie zur Besinnung gekommen, Sie hätten noch umkehren können”, warf ihm die Richterin vor. Das 48-jährige Opfer sei „völlig arglos” gewesen, habe keine Chance gehabt, sich zu wehren. „Sie wollten ihn töten, Sie haben ihn getötet und Sie haben ihn heimtückisch getötet”, betonte Susanne Riedel-Mitterwieser nachdrücklich. „Sie haben gewusst, dass der 48-Jährige allein ist, weil sein Zimmergenosse bereits zur Arbeit gegangen war.” Der Angeklagte habe seinen „vorgefassten Plan” in die Tat umgesetzt. Regungslos hörte der 35-jährige Afrikaner zu, als die Vorsitzende noch einmal kurz die schweren Verletzungen schilderte, die er seinem Landsmann zugefügt hat. Sie sprach von einem „Gewaltexzess ohnegleichen. Wir haben hier schon viel gesehen, aber so etwas haben wir auch noch nicht erlebt”. „Totschlag ja, aber kein Mord”, ist dagegen Verteidiger Werner Ruisinger sicher. Das Opfer habe an den Unterarmen Abwehrspuren, es habe sich also gewehrt. Außerdem hätten Zeugen von Stimmen berichtet, die sie aus dem Zimmer, in dem die Tat geschah, gehört haben wollen. Das sei ein Zeichen, dass eine „Interaktion” stattgefunden habe. Von Heimtücke könne daher nicht die Rede sein.