Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Trotz „gravierender Schäden”: Warum der Perlachturm nun doch geöffnet hat

Der Perlachturm ist wieder für Besucher geöffnet. Noch im November war von eventuell abplatzenden Teilen und gefährdeter Standsicherheit die Rede. Besteht ein Risiko am versehrten Wahrzeichen-Veteran?
Die Krankenakte, die im November die Bauverwaltung der Stadt publik machte, klang mehr als bedenklich: Der Perlachturm leide unter „gravierenden Bauschäden”, diagnostizierte die Behörde. Eingängig habe man den Patient Perlach untersucht - um ihn sei es schlecht bestellt. Die Symptome der Krankheit seien derart ausgeprägt, dass sogar dessen Standsicherheit bedroht sei.

„Es besteht die Gefahr”, war in der Akte vermerkt, „dass abgeplatzte Teile herunterfallen könnten und Passanten dadurch gefährdet sind”. Insbesondere in den beiden oberen Natursteingeschossen befänden sich zahlreiche Risse und defekte Fugen, die durch Korrosion der in den Natursteinen verbauten Eisenteile entstanden seien.

Der Befund: Es ist ernst. Die Lage: lebensbedrohlich.

Und das nicht nur für den maladen Turm, sondern auch für jene, die tagtäglich an dem Augsburger Riesen vorbeilaufen oder ihn gar besteigen. Man müsse schnellstens mit der Heilung beginnen, drang die Bauverwaltung, der Stadtrat stimmte zu. An einer Notoperation führe kein Weg vorbei. Das Augsburger Wahrzeichen müsse während der Behandlung für den Publikumsverkehr gesperrt werden.

Doch nun hat der Perlachturm doch seinen Dienst angetreten. Wie jedes Jahr im April. Als wäre nichts gewesen. Eine Blitzheilung? Die berühmten Vitaminspritzen von Dr. Müller-Wohlfahrt? Homöopathische Wundermittel?

Weder noch, lässt Baureferent Gerd Merkle auf Nachfrage wissen: „Die Bauschäden sind nach wie vor dringend zu beheben”, sagt er. Jedoch bestehe die Operation aus mehreren Teilen. Die Sanierung der oberen Natursteingeschosse inklusive der Kuppel und die Außensanierung, einschließlich Trockenlegung des durchfeuchteten Sockelfundaments sowie der Terrassen. Beides soll unmittelbar aufeinander folgen, um „ein zweimaliges Einrüsten des Turms zu vermeiden”, begründet Merkle.

Ein Risiko bestehe jedoch nicht. „Die Turmspitze wurde Ende November nochmals von außen und innen überprüft und gesichert. Somit kann der Turm während der Planungsphase geöffnet werden”, äußert sich der Baureferent.

Diese Phase enthält allerlei Ingenieurspezifisches, aber auch Bürokratisches: Tragwerk-Konzeption und die der technischen Gebäudeausrüstung, Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde, Förderanträge, Ausführungsplanung, Ausschreibung und Vergabe. 2,1 Millionen Euro wird die Behandlung des Perlach geschätzt kosten.
Es ist eben kein gewöhnlicher Patient, der da auf den OP-Tisch kommt, sondern ein 70 Meter hoher, 1028 Jahre alter Senior. Der einst als Wachturm Dienst schob und - nach einer sechsjährigen Schönheitskur durch Stadtbaumeister Elias Holl - seit dem 17. Jahrhundert als Augsburger Wahrzeichen neben dem Rathaus strahlt.

Der altgediente Augsburger Promi bekommt jedoch noch seine Auszeit - wenn auch etwas verspätet. 2018 wird er außen komplett auf Vordermann gebracht. 2019 folgt dann der Eingriff ins Innere. „Voraussichtlich muss der Turm in beiden Jahren überwiegend für Besucher gesperrt bleiben”, kündigt Merkle an.
Im April 2020 wird der Perlach voraussichtlich wieder seinen Dienst antreten. In frischem Gewand, mit einem neuen Eingang und vor allem - gesund und standfest. Bis dahin: Gute Besserung. (David Libossek)

Von Ostern bis Anfang November hat der Perlachturm täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.


David Libossek
David Libossek

Sportredakteur

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