Die gelb-orange Laufschrift auf der Anzeigetafel am Bahnhof in Dinkelscherben hat am Montagmorgen schlechte Nachrichten für die Pendler: Ein Zug Richtung München fällt aus, der andere nach Augsburg hat 30 Minuten Verspätung. In die Gegenrichtung sind es sogar 60 Minuten. „Verspätung aus vorheriger Fahrt“ nennt eine Stimme aus den Lautsprechern als Grund für das Chaos und natürlich bittet die Stimme aus den Lautsprechern um Entschuldigung.
Es ist nicht unbedingt ein Traumstart für den neuen Betreiber der Nahverkehrs-Bahnstrecken zwischen München, Augsburg und Ulm im Westen beziehungsweise Donauwörth im Norden. Das Unternehmen Go Ahead bedient seit Sonntag die Verbindungen und noch läuft längst nicht alles reibungslos. Und so fällt das bisherige Fazit eher durchwachsen aus. Winfried Karg, Sprecher von Go Ahead, ist insoweit zufrieden, dass die ganz großen Probleme und Schwierigkeiten ausgeblieben sind. Aber: „Natürlich wollen wir unsere Fahrgäste in einem vernünftigen Zeitrahmen ans Ziel bringen“, sagt Karg. Mit den Verspätungen in den vergangenen Tagen kann er nicht zufrieden sein.
Mit den Gründen für die Unpünktlichkeit könnte es sich Karg einfach machen: In Ulm gab es eine Stellwerksstörung und der Fernverkehr brachte mit eigenen Verspätungen den Nahverkehr gehörig durcheinander. Doch der Unternehmenssprecher räumt ein, dass es einige Schwierigkeiten bei Go Ahead gegeben habe. Am Sonntag machten etliche Fahrzeugstörungen Ärger, dazu kam die fehlende Routine der vielen frisch ausgebildeten Lokführer. Ein Team des Zugherstellers Siemens-Mobility war vor Ort, um die Fahrzeugstörungen möglichst schnell zu beheben. Pannen in der Fahrgastinformation taten ihr Übriges, doch hier hätten die IT-Spezialisten bereits eine Lösung gefunden. Die nötige Übung des Personals komme mit der Zeit. In einigen Wochen, so ist Karg überzeugt, werden die Abläufe flüssig und reibungslos sein.
Für die am Bahnsteig in Dinkelscherben frierenden Fahrgäste ist das am Montag freilich kein Trost. Endlich fährt der Zug ein, das Blau ist ungewohnt. Doch dann schon die erste angenehme Überraschung: Go Ahead hat zwei gekuppelte Züge auf die Strecke geschickt, es gibt also ausreichend Sitzplätze, obwohl auch die Fahrgäste des entfallenen Zugs mitreisen.
Im Inneren fallen die größeren Sitzabstände auf. Ausreichend Ablagen für Gepäck sind vorhanden. Steckdosen an den Sitzplätzen sowie kleine, aber nicht zu kleine Tische an den Vierergruppen erleichtern das Pendlerleben. Die Stauräume befinden sich direkt am Eingang und sind bequem zu erreichen.
Für die größeren Abstände in den Sitzreihen will Karg keine Lorbeeren einstreichen. Das seien eben die Vorgaben der Bayerischen Eisenbahngesellschaft gewesen, die umzusetzen waren. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf ein anderes Detail: Die Abteile mit Platz für Rollstuhlfahrer und Fahrradfahrer sind getrennt. Außen an den Zügen zeigen Piktogramme an, wer an welcher Türe einsteigen soll, um am besten Platz zu finden. So sollen Konflikte zwischen diesen Gruppen von vornherein vermieden werden.
Die Ankunft im Augsburger Hauptbahnhof verläuft wenig spektakulär. Das Ankuppeln dauert vielleicht minimal länger, das muss sich noch einspielen, so der Eindruck von außen.
Im Angebot von Go Ahead muss sich ebenfalls noch einiges einspielen. Den eigentlich geplanten Halbstundentakt Richtung Dinkelscherben an Samstagen gibt es noch nicht und der Halbstundentakt für die Zwischenstationen von Augsburg nach Meitingen muss zwischen 8.30 und 15.30 Uhr bislang aussetzen. Ein in dieser Heftigkeit überraschender Personalmangel hat Go Ahead dazu gezwungen, das Angebot zum Start anzupassen. Doch „spätestens ab Juni“ werden auch diese Mängel beseitigt sein, ist sich Karg sicher, denn dann stehe ausreichend geschultes Personal zur Verfügung.
Die Heimreise aus Augsburg beginnt diesmal nur mit fünf Minuten Verspätung, über den Tag hinweg normalisiert sich die Lage. Und trotz der Horden an Schülern, die in den Zug drängen, gibt es genügend Sitzplätze – verdoppelter Zuglänge sei Dank.