Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
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Feine Erde ist eines der Produkte, die aus dem Biomüll entstehen.  (Foto: Ines Speck)

Veganer Inhalt wird feine Erde

Eigentlich sei die Biotonne leicht zu verstehen, meinen Rebecca Moser und Mario Grimm, die in der Kommunalen Abfallwirtschaft des Landratsamtes Aichach-Friedberg arbeiten. Trotzdem sei sie für Fehlwürfe am anfälligsten. "Die Biotonne ist vegan", sagt Grimm. Also kommen weder Tierstreu noch Eierschalen rein, keine Windeln und auch keine "kompostierbaren" Tüten. Letztere sind den beiden Abfall-Experten ein Dorn im Auge. "Kompostierbar" seien die Beutel wohl nur unter Laborbedingungen, sind sie sich einig. Für die Vergärung aber seien sie ein Hindernis. Vergärung ist das, was mit dem Inhalt der Biotonnen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg passiert. Wenn das Müllauto kommt und die braunen Tonnen, die optimalerweise nicht zu schwer beladen sind, in den großen Behälter geleert werden, dann wird er erst einmal gedreht. Eine Schnecke befördert Gemüseabfalle und Fallobst nach vorne, damit möglichst viel Platz hat. Ist der Wagen voll, fährt er zur Abfallverwertung Augsburg (AVA). Schon gleich hinter der Annahme, bei der jedes ankommende Fahrzeug gefilmt, gewogen und nach seinem Inhalt abgecheckt wird, teilen sich die Wege. Für den Biomüll geht es rechts rum in eine große Halle, wo er geschreddert und sortiert wird. Locker fährt der Biomüll über ein Band, was wenig wiegt, wird hochgewirbelt – also zum Beispiel Tüten – was schwerer ist, fällt erst am Ende des Bandes runter. Über Zwischenspeicher geht sein Weg weiter in einen der drei Fermenter, die jeweils 1600 Kubikmeter fassen können. Das sind 1,6 Millionen Liter. Befüllt werden die Fermenter rund um die Uhr vollautomatisch mit einer Mischung aus Bioabfall und Grüngut. Wohlig warm soll sie es haben: über 50 Grad. Das mögen die Mikroorganismen, die wichtig sind für den natürlichen Gärprozess. Dabei entsteht Rohbiogas, das in einer Gashaube aufgefangen wird. Vergleichbar ist dieser Prozess, mit dem, was im menschlichen Körper mit dem Essen passiert. Bei der Verdauung entstehen auch Gase, von denen man sich manchmal wünschen würde, sie würden aufgefangen... Wie am Ende des Verdauungsprozesses bleiben auch in der Vergärungsanlage Reste übrig, die wiederum als wertvoll erachtet werden. Aus den Gärresten werden Kompost und Flüssigdünger, das Biogas kommt in die Biogasaufbereitungsanlage. Im vergangenen Jahr wurden rund 95▎000 Tonnen – Gewichtstonnen nicht Mülltonnen – restlos in der AVA verwertet. Damit dies weiterhin gut funktioniere, bitten Dieter Braun und Klaus Weigele, beide kümmern sich um die Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens, Weihnachtsbäume und Adventskränze nicht in die Biotonne zu stopfen. Der Hintergrund: Draht aus Adventskränzen sei sowieso nicht "bio" und zudem scheiden Nadelhölzer bei der Vergärung Paraffine aus, die den Aktivkohlefilter der Anlage verklebten. Weil die Vergärung und die damit verbundene Gasproduktion gut laufe und zudem in jüngster Zeit augenfällig geworden sei, wie wichtig Energie aus der Region sei, sei geplant, "die Vergärungsanlage noch einmal zu bauen", so Weigele und dazu eventuell auch ein Biomassekraftwerk. Die AVA zähle zu den modernsten Anlagen, es werde immer wieder investiert und modernisiert, man müsse aber auch sehen, dass sie nun seit 30 Jahren bestehe, so Weigele, der von Beginn an dort beschäftigt ist.
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