Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 26.04.2023 10:31

Soziale Fraktion im Augsburger Stadtrat fordert: Zurück zum alten Tarifsystem

Takt und Tarif: Die Rathaus-Opposition kritisiert OB Eva Weber für ihre Aussagen zum ÖPNV in Augsburg.  (Foto: jaf)
Takt und Tarif: Die Rathaus-Opposition kritisiert OB Eva Weber für ihre Aussagen zum ÖPNV in Augsburg. (Foto: jaf)
Takt und Tarif: Die Rathaus-Opposition kritisiert OB Eva Weber für ihre Aussagen zum ÖPNV in Augsburg. (Foto: jaf)
Takt und Tarif: Die Rathaus-Opposition kritisiert OB Eva Weber für ihre Aussagen zum ÖPNV in Augsburg. (Foto: jaf)
Takt und Tarif: Die Rathaus-Opposition kritisiert OB Eva Weber für ihre Aussagen zum ÖPNV in Augsburg. (Foto: jaf)

In ihrer Halbzeitbilanz ist Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber vergangene Woche auch auf die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs in der Fuggerstadt eingegangen. Durch ihre Aussagen zu Takt und Tarifen fühlte sich offenbar die Soziale Fraktion aus SPD und Linkspartei provoziert. In einer Pressemitteilung machten die Fraktionsmitglieder ihrem „Ärger und Unverständnis” Luft.

Eigentlich war es keine große Enthüllung, als Eva Weber noch einmal klar stellte, dass es für Augsburgs Straßenbahnen keinen Fünf-Minuten-Takt mehr geben werde. Weber begründete dies in erster Linie mit fehlendem Personal (wir berichteten).

„Leider sitzt Frau Weber mit ihren Aussagen zum Takt im falschen Zug”, poltert Dirk Wurm, stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Die Mobilitätswende gelinge „dank Attraktivität und Leistungsfähigkeit im Nah- und Fernverkehr, nicht durch Taktausdünnung und Fahrpreiserhöhungen”, so Wurm. Wer es ernst meine mit der klimaneutralen Mobilität in den kommenden Jahren, müsse handeln, statt immer nach Ausreden zu suchen. Dies gelte auch für den neuen Hauptbahnhof, die Linie 5 oder die Verkehrsberuhigung in der Altstadt. „Alles Maßnahmen, die seit drei Jahren hätten umgesetzt werden können. Schade, dass in Augsburg Stillstand herrscht“, kritisiert Wurm.

Noch mehr ärgert sich die Soziale Fraktion offensichtlich über Eva Webers Stellungnahme zur aktuellen Tarifgestaltung im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund AVV. „Einzelfahrscheine sind zu teuer”, hatte die Oberbürgermeisterin unter anderem kritisiert. Das greift nun der Fraktionsvorsitzende Florian Freund auf: Die Aussage der OB, dass die Einzelfahrscheine und damit die Fahrpreise für Gelegenheitskunden zu hoch seien, treffe voll und ganz zu, stimmt Freund Weber zu. „Genau das haben wir vor mehr als drei Jahren kritisiert, als schwarz und grün gemeinsam die umstrittene Tarifreform durchgedrückt haben”, erinnert Freund daran, dass die SPD damals, obwohl Teil des Regierungs-Dreierbunds, gegen die Reform war. Die „späte Erkenntnis” wertet Freund als „das Eingeständnis der OB, dass die Tarifreform gescheitert ist und die Tarifreform weder den Nahverkehr gestärkt hat noch mehr Kundinnen und Kunden ins Abo bewegt hat”. Jetzt sei entscheidend, dass das schwarz-grüne Bündnis und die Oberbürgermeisterin etwas daraus lernten, so Freund.

„Preisgestaltung, die eine Fahrt zum Einkaufen in die Stadt wieder konkurrenzfähig zum Auto macht”

Doch: „Wenn die OB jetzt vorschlägt, den Zonentarif durch einen Entfernungstarif zu ersetzen, zeigt das leider keinen Lerneffekt“, schimpft Freund weiter. Denn ein Zonentarif sei ja ein Entfernungstarif, in dem man bestimmte Entfernungsgruppen zu Zonen zusammengefasst habe, „um das Ganze kundenfreundlicher zu machen”, stellt Freund seine Sichtweise dar. Entscheidend sei aber, dass die Regel gelte: Jede Zone eine Preisstufe, gegebenenfalls mit Obergrenze, „denn nur dann bildet es ja Entfernungen halbwegs linear ab”, glaubt Freund. Genau diese Regel habe es in Augsburg seit 1977 gegeben und genau das sei mit der „verunglückten Tarifreform” abgeschafft worden. „Augsburg zählt jetzt immer als zwei Preisstufen, unabhängig davon, ob man eine oder zwei Zonen befährt”, kritisiert Freund. „Über das Ganze wurde dann die unselige Kurzstreckenregel mit diversen Sonderregelungen gestülpt.” Dass aber heute ein Fahrgast von Königsbrunn-Nord nach Haunstetten-Süd drei Preisstufen bezahlen müsse, sei eine Folge des Unsinns und mache den ÖPNV für das Umland nicht attraktiver, bemängelt Freund.

Der Alternativvorschlag der Sozialen Fraktion ist daher, die Aufforderung, zur alten Tarifierungsregelung zurückzukehren, nach der eine Zone gleich Preisstufe 1, zwei Zonen gleich Preisstufe 2 und so weiter gelte. „Und dann eine Preisgestaltung, die eine Fahrt zum Einkaufen in die Stadt wieder konkurrenzfähig zum Auto und den Parkgebühren macht”, schlägt die Fraktion vor.

Eva Weber hatte allerdings mit ihrem Entfernungstarif eher eine Lösung im Sinn, mit der die tatsächlich gefahrene Strecke abgerechnet wird. Technisch möglich wäre es vermutlich: Schon heute können Fahrgäste der Trams und Busse in Augsburg über die sogenannten BiBo-App sich monatlich den besten Tarif für ihre Fahrten ermitteln lassen, aber eben nur, was im aktuellen Tarifsystem aus Streifenkarten, Tages-, Wochen- oder Monatstickets verfügbar ist. Mit dem Smartphone melden sich die Reisenden an der Zustiegshaltestelle an und am Ausstieg wieder ab. Eine Messung der tatsächlich zurückgelegten Strecke erscheint also durchaus möglich und das Handy als digitale Fahrkarte dürfte mit der Einführung des Deutschlandtickets ohnehin einigen Aufschwung erleben. Doch da gibt es das Problem, dass nicht die Stadt allein über die Tarife entscheidet. Daher knüpfte Weber ihre Vorstellung von einem solchen neuen Tarif an die Rücksichtnahme auf die unterschiedlichen Ausgangssituationen der AVV Gesellschafter – die beiden Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg hätten andere Anliegen, als die Stadt Augsburg.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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