Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 19.01.2023 16:09

Schormair und Schrag: Aichacher Radsportler starten in die neue Saison

Postkartenmotiv: Fabian Schormair ackert derzeit im Trainingslager in Südspanien. 	Foto: privat (Foto: privat)
Postkartenmotiv: Fabian Schormair ackert derzeit im Trainingslager in Südspanien. Foto: privat (Foto: privat)
Postkartenmotiv: Fabian Schormair ackert derzeit im Trainingslager in Südspanien. Foto: privat (Foto: privat)
Postkartenmotiv: Fabian Schormair ackert derzeit im Trainingslager in Südspanien. Foto: privat (Foto: privat)
Postkartenmotiv: Fabian Schormair ackert derzeit im Trainingslager in Südspanien. Foto: privat (Foto: privat)

Der Peñón de Ifach, der Felsen von Ifach, ist eine imposante Erscheinung. Die Kalksteinmasse schraubt sich am Ende einer Landzunge zwischen der Stadt Calpe und dem Mittelmeer mehr als 400 Meter hoch in den spanischen Himmel. Iberer, Phönizier und Römer siedelten hier, auch weil sie die Vorteile der Erhebung zu schätzen wussten, bot sie doch strategisch wichtigen Weitblick - sowohl auf den Ozean als auch auf das Land.

Ein guter Ort, um über die Aussichten auf die neue Radsportsaison zu sprechen. Der Aichacher Fabian Schormair ruft aus seinem Hotelzimmer in Calpe an. Im Schatten des Peñón arbeitet er derzeit mit seinen Kollegen des Kontinental-Teams Santic Wibatec im Trainingslager daran, den Perspektiven einen möglichst positiven Anstrich zu verpassen. Für Schormair ist das alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Denn wirft er den Blick zurück, liegt da das Jahr 2022 - das von einem beinahe verhängnisvollen Ereignis überschattet wurde.

Bei einer Trainingsausfahrt nahe Aichach hatte ihn Anfang Juli ein Mofafahrer übersehen. Die beiden kollidierten, Schormair stürzte schwer. Ein Lendenwirbel war gebrochen - es hätte noch schlimmer kommen können. Die Saison aber war gelaufen, fast drei Monate dauerte die Zwangspause, in der sich der 28-Jährige um seine Karriere sorgte. "Natürlich war es ein Thema, dass es möglicherweise überhaupt nichts mehr wird", erzählt Schormair. Als er das erste Mal wieder im Sattel saß, "hat es sich angefühlt wie das erste Mal fahrradfahren", erinnert er sich. Der Rücken schmerzte, aber das Gefühl stimmte. "Es hat mich überrascht, dass ich gar keine Angst hatte. Das habe ich mir nach dem Unfall schlimmer vorgestellt."

Mittlerweile spüre er nur mehr nach den Trainings die müde Rückenmuskulatur. Während der Ausfahrten halten sich die Probleme in Grenzen. Aber klar, die Pause hat Schormair sportlich einiges gekostet. "Ein bisschen was fehlt auch immer noch", sagt er über die Einheiten an der Costa Blanca und kündigt an: "Im Lauf der Saison werde ich mein normales Niveau erreichen." Wichtig ist zunächst ohnehin, dass er überhaupt wieder dabei sein kann. "Vom Team", betont der Aichacher, "war sowieso nie was." Keine Zweifel, kein Vertragsende. Der Rennstall gab Schormair die Zeit, die er brauchte, hielt an ihm als Kapitän seines 15 Fahrer starken Aufgebots fest.

Und der Radsportler will dieses Vertrauen rechtfertigen. "Ich bin nicht zum Spaß der Captain. Das Ziel ist, dass das Team durch die Bank erfolgreich ist", schaut er voraus auf die Rennen, die Anfang März mit Rundfahrten und Tagestouren in Kroatien beginnen. Er wolle "seine Ergebnisse einfahren", sagt er, aber auch seinen Kollegen gerecht werden. "Ich hab schon richtig Bock auf die Rennen", sagt Schormair. Kein Wunder: Sein letztes Kräftemessen war die Sauerlandrundfahrt Ende Juni.

Im Februar kehrt er zurück nach an den Peñón de Ifach. Gemeinsam mit einer Trainingsgruppe um den Augsburger Jungprofi Marco Brenner will er dann spezifischer und intensiver daran arbeiten, dass die Aussichten auf die Saison 2023 noch bessere werden.

Auch Daniel Schrag hat ein mindestens wechselhaftes Jahr hinter sich gebracht. Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen. Der 19-Jährige hatte einen Vertrag beim arrivierten Team Lotto-Kern-Haus unterschrieben; seinen ersten im Erwachsenenbereich. Ende März im Trainingslager auf Rhodos fuhr er seine ersten Eliterennen. Und auch wenn er sich erst akklimatisieren musste: Seine Leistungen stimmten, seine Verfassung auch. "Als wir zurückgeflogen sind, war ich in Topform", sagt er. Noch bevor er in Deutschland landete, warf ihm Corona einen Stock zwischen die Speichen. Denn just in diesem Flugzeug, voll besetzt mit Radsportlern, steckte sich Schrag mit dem Virus an. "Bis auf einen war das ganze Team infiziert."

Nach zwei Wochen Zwangspause nahm der Nachwuchsfahrer das Training wieder auf, startete in Rennen. Bis das Ergebnis des nächsten Gesundheitschecks ihn ausbremste: Verdacht auf Herzmuskelentzündung - eine Woche komplette Ruhe. Nicht einmal Spazierengehen war drin. Immerhin: Der Verdacht bestätigte sich nicht. Allerdings fing sich Schrag wenig später eine Bronchitis ein. Derart hartnäckig, dass er einen Monat ausfiel. "Wenn ich eine Treppe hoch bin, hat es sich angefühlt, als wäre ich einen Marathon gelaufen", erzählt er. Die Füße unter der Decke stillzuhalten, während andere in die Pedale treten, habe wehgetan: "Du siehst in den sozialen Netzwerken, dass alle am Trainieren sind - und man selbst liegt hier und es passiert nichts. Das war frustrierend."

Vielleicht waren die Bilder Ansporn, dass Schrag sich im Sommer erstaunlich zurückmeldete - mit guten Mannschaftsdiensten, ordentlichen Ergebnissen und einer beachtlichen Stundenzahl auf dem Rad. "Zwischendurch waren die Leistungen sehr gut, aber eben noch nicht konstant genug, um als Leader in ein Rennen zu gehen", sagt er rückblickend. Deswegen ist 2022 kein Jahr, das er am liebsten mit einem beherzten Sprint möglichst weit hinter sich bringen will: "Es war kein verlorenes Jahr. Ich habe viel gelernt, Erfahrungen gesammelt, die mich in der kommenden Saison weiterbringen", resümiert Schrag.

Auch sein Team ist offenbar überzeugt vom Potenzial des Aichachers und verlängerte die Zusammenarbeit. Daran, dieses Ptenzial auszuschöpfen, arbeitet er bereits, sammelt nach Dienstschluss Kilometer. Ende Januar reist er gemeinsam mit Trainingspartnern nach Mallorca, dann mit dem Team an den Gardasee. Die ersten Rennen warten Anfang März in den Niederlanden und in Belgien. Dass Schrag von "neuem Elan" spricht, mit dem er ins Jahr 2023 fährt, liegt womöglich auch daran, dass er seine Rahmenbedingungen verändert hat. Sein Physikstudium ließ Schrag eine schiefe Ebene hinunterrollen; im September hat er eine Ausbildung bei der Bereitschaftspolizei in Dachau begonnen. Weil er dem Nationalkader angehört, ist er dort Teil der Sportfördergruppe. "Das gibt mir die beste Möglichkeit, mich neben dem Beruf auf meinen Sport zu fokussieren", sagt er und schiebt hinterher: "Das Ziel ist nach wie vor klar: Als Radprofi Fuß zu fassen."

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