Es ist noch zu früh für Baupläne, Kostenschätzungen oder Zeitabläufe: Die Bahn hat am Donnerstag in Augsburg vorgestellt, wie die weitere Planung für den Bahnausbau zwischen Augsburg und Ulm verlaufen soll. Mit raschen Ergebnissen ist nicht zu rechnen.
Landräte, Bürgermeister und Abgeordnete aus der Region haben sich im Rokokosaal der Regierung von Schwaben versammelt, um endlich zu erfahren, wie es weitergeht mit dem „Jahrhundertprojekt für den Landkreis Augsburg”, wie Bezirkstagspräsident Martin Sailer (CSU) den Ausbau der Bahnstrecke zwischen Augsburg und Ulm bezeichnet. Klaus-Dieter Josel, DB Konzernbevollmächtigter für Bayern, macht allerdings schnell Schluss mit Hoffnungen auf konkrete Aussagen. Vielmehr gibt er bekannt: „”Wir stehen am Anfang. Es ist offen, wo ein Ausbau stattfinden kann und wo ein Streckenneubau sinnvoll ist.”
Immerhin: Für den weiteren Ablauf des Projekts gibt es bereits einen genauen Plan, den Markus Baumann, der für die DB Netz das Projekt leitet, vorstellen darf. Die erste Phase ist die Grundlagenermittlung. In diesem Abschnitt soll auch ein Koordinierungsrat gegründet werden - unter Vorsitz von Josel sollen sich dort Abgeordnete, Landräte und Vertreter von Kommunen und der IHK mit der DB Netz AG austauschen und beraten. Der Auftakt ist für das 3. Quartal 2019 vorgesehen. „Nach der Sommerpause”, konkretisiert Josel.
Nach einer Vorplanung muss dann der Bundestag entscheiden, welche Planung weiter verfolgt werden soll - wo konkret aus- und wo neu gebaut wird.
Tatsächlich gibt es einen relativ engen Korridor für die Planungen, vorgegeben durch den Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP). Dort gibt der Arbeitsauftrag vor: Ein drittes Gleis zwischen Augsburg und Dinkelscherben sowie der Ausbau beziehungsweise Neubau zwischen Neu-Ulm und Dinkelscherben - unter der Bedingung, dass die Stadt Günzburg Fernverkehrshalt bleibt. Doch die wichtigste Bedingung: Die Fahrzeit zwischen Augsburg und Ulm muss von derzeit rund 40 Minuten auf 30 Minuten gesenkt werden.
Der Hintergrund für diese Forderung ist, dass zwischen Köln und München eine Hochgeschwindigkeitsverbindung entstehen soll. Hier sieht der BVWP eine Fahrzeitverkürzung von 40 Minuten auf dann drei Stunden und 49 Minuten vor. Aktuell bremst die Strecke zwischen Ulm und Augsburg dieses Ziel aus. Und auch die internationalen Verbindungen leiden unter dem nicht ausgebauten Abschnitt, denn er gehört zur europäischen Magistrale Paris - Bratislava/Budapest.
Nun hat sich bereits im Vorfeld eine Debatte über Sinn und Unsinn einer Neubaustrecke entwickelt. Vor allem die Kommunen, die durch einen Neubau eventuell vom Bahnverkehr abgehängt werden könnten, sind freilich gegen den Neubau und pochen darauf, dass die bestehende Strecke ausgebaut werde. Betroffen wären vor allem Gemeinden im Landkreis Günzburg - pikanterweise liegt dort auch der Wahlkreis des aktuellen bayerischen Verkehrsministers Hans Reichhart (CSU). Im Rokokosaal der Regierung von Schwaben gibt er sich diplomatisch, fordert aber, dass am Ende das Projekt einen Mehrwert für ganz Schwaben bringen müsse und nur im „Konsens mit der Region” umgesetzt werden dürfe.
Weniger diplomatisch drückt sich der Bürgermeister der Gemeinde Diedorf Peter Högg aus: „Ich will es noch erleben”, sagt er und meint damit den dreigleisigen Ausbau zwischen Augsburg und Dinkelscherben, also jenen Abschnitt, der im BVWP ohne Neubau-Alternative aufgeführt ist. Unterstützung erhält er von der Kreisrätin Silvia Daßler aus der Stadt Neusäß. Sie will wissen, ob man diesen Abschnitt nicht - abgetrennt von den Überlegungen zu einer Neubaustrecke - schneller voranbringen könnte. Bayerns Bahnchef Josel will zumindest an diesem Tag die Hoffnungen nicht völlig zunichte machen und stellt die Möglichkeit einer etappenweisen Umsetzung in Aussicht. Aber auch das müsse erst geprüft werden.
Klaus-Dieter Josel wirbt für eine ergebnisoffene Herangehensweise - und ist sich darin mit vielen anderen einig. Landtagsabgeordnete Stephanie Schuhknecht (Grüne) will erstmal Zahlen und Fakten auf dem Tisch haben, bevor sie in die Diskussion einsteigt. Und auch der Augsburger Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich (CSU) betont die Notwendigkeit einer ergebnisoffenen Planung: „Mit der ICE-Strecke über Ingolstadt ist für Schwaben vor 20 Jahren eine bittere Entscheidung getroffen worden. Jetzt geht es darum, dass mit einer klugen Planung Augsburg und Schwaben am Fernverkehr angehängt bleiben. Ziel muss sein, eine Fahrzeit zwischen Augsburg und Ulm von künftig unter 30 Minuten zu erreichen.”
Doch bis der erste ICE in einer halben Stunde von Augsburg nach Ulm rattert, wird es noch länger dauern. In einem Erklärfilmchen der Bahn erfahren die Gäste im Rokokosaal: Mit dem Beginn der Bauarbeiten ist der größte Teil der Realisierungsphase schon abgeschlossen.