Augsburg - Würde man sämtliche Mehrwegbecher, die tagtäglich in Augsburg befüllt, leergetrunken und weggeworfen werden, ineinander stapeln, man würde den Hotelturm als höchsten Turm der Stadt übertreffen. Um der Becherflut entgegenzuwirken, hat Augsburg nun ein Pfandsystem entwickelt, dass in dieser Woche gestartet ist.
Lange haben das Forum plastikfreies Augsburg, das Umweltreferat sowie der städtische Abfallwirtschafts- und Entsorgungsverband (AWS) an einem Rückgabesystem für Einwegbecher gearbeitet. Noch im Sommer schien das Vorhaben gescheitert, schlicht zu wenige Betriebe hatten Interesse daran, teilzunehmen.
Viel Überzeugungsarbeit habe man seither geleistet, erzählt Sylvia Schaab vom Forum. „Einige wollten zum Beispiel ihr eigenes Logo auf dem Becher”, erläutert sie eine der Schwierigkeiten. Auf den Bechern des Pfandsystems, das nun gestartet ist, prangen Silhouetten bekannter Augsburger Gebäude. 15 Betriebe hat man letztlich doch für das Projekt gewinnen können, die an mehr als 50 Standorten den Coffee-to-go in die braunen oder minzgrünen Mehrwegbecher füllen.
10 000 Stück umfasst die erste Charge der vom Münchner Startup „Recup” georderten Trinkgefäße. Sie sollen die Stadt entlasten, in der die Stadtreinigung mittlerweile von einem „Einwegbecherwahnsinn” spricht, der „riesige Abfallberge verursacht und wertvolle Ressourcen verschlingt”. 27 000 Einmalbecher landen allein in Augsburg täglich im Müll, das hat eine Hochrechnung der Deutschen Umwelthilfe ergeben.
Deshalb, sagt Schaab rückblickend, „musste jemand die Initiative ergreifen”. Die Ehrenamtlichen des Forums führten daher Diskussionen mit AWS und Umweltreferat, berieten über mögliche Varianten eines Systems. Ein Modell wie es die Stadt Freiburg handhabt, die das Pfandsystem selbst organisiert, sei für Augsburg nicht machbar gewesen. „Das hätte zu viele Kapazitäten gefordert”, begründet Schaab.
Darum wendete man sich an das Münchner Unternehmen, das unter anderem bereits in München und Kempten Mehrwegbecher im Umlauf hat. Funktionieren tut es überall gleich: Für einen Euro Pfand gibt es den Kaffee zum Mitnehmen im Recup-Becher. Diesen kann man anschließend bei sämtlichen Partnern des Systems zurückgeben - oder gleich einen neuen befüllen lassen. Die Angestellten der Cafés und Bäckereifilialen reinigen die gebrauchten Gefäße.
Die Becher bestehen übrigens aus weichmacherfreiem Polypropylen, werden in Deutschland hergestellt und sind bis zu 500 Mal wiederverwendbar.
Ganz im Sinn von Schaab und ihren Mitstreitern. Deren nächstes Ziel ist derzeit, weitere Geschäfte und Gastronomiebetriebe für ein weiteres Projekt zu gewinnen: Kunden sollen bei entsprechend gekennzeichneten Betrieben unverpackte Waren kaufen und sie in selbst mitgebrachte Behälter mitnehmen können.
Und dann fällt Schaab noch etwas zu den Pfandbechern ein. „Man kann sie übrigens auch bei allen Teilnehmern in München zurückgeben”, merkt sie an. „Dann durchmischen sich die Becher - so wie der Euro.” (non David Libossek)