Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 09.01.2023 16:52

Ohne Fachkräfte aus dem Ausland geht es nicht

In Anlehnung an den viel zitierten Satz "Das Private ist politisch" aus den 70er Jahren könnte man heute sagen: Das Lokale ist global. Jedes Thema, das mit den Zuständen in der Kita, den Preisen im Supermarkt oder dem ausgefallenen Bus beginnt, endet bei Ukraine-Krieg oder Energiekrise, bei Corona oder bedrohter Demokratie, bei Klimawandel oder Fachkräftemangel. Beim diesjährigen Drei-Königspressegespräch mit der FDP des Landkreises Aichach-Friedberg war das nicht anders.

Das war auch deshalb naheliegend, weil nach dem fast offiziellen Ende der Pandemie noch immer darüber diskutiert wird, wie eine Gesellschaft Herausforderungen zwischen individueller Freiheit und staatlicher Reglementierung lösen soll. Eine Frage, die genau ins Nervenzentrum der Liberalen trifft. "Unser Grundsatz ist die Verbindung von Freiheit und Verantwortung", sagt dazu der Kreisvorsitzende Karlheinz Faller. Einige der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung seien zu hart gewesen, das hätten inzwischen auch Gerichte bestätigt - wobei Faller einräumt, dass in der Frühphase die Problemlage für die verantwortlichen Politiker völlig neu war. Einige Maßnahmen, zu denen er den ersten Lockdown zählt, seien aus seiner Sicht hingegen richtig gewesen. Im Übrigen zeige die Corona-Bekämpfung, dass von manchen Menschen inzwischen wieder vermehrt als überlegen gepriesene autoritäre Regime keinesfalls überlegen seien. Das zeige das Beispiel Chinas.

Wobei die FDP dort für einen starken Staat sei, wo er explizit dazu ermächtigt wurde. Die Ausschreitungen in der Silvesternacht in Berlin sollten aus Sicht der Liberalen deshalb kein Böllerverbot nach sich ziehen. "Wir brauchen keine stärkeren Gesetze", sagt Faller. Vielmehr müssten die Regeln, die es längst gibt, auch umgesetzt werden.

Weil die FDP der Überzeugung ist, dass Zuwanderung eine der wesentlichen Säulen in der Bekämpfung des Fachkräftemangels ist, lösen die Silvesterkrawalle auch keine Anti-Migranten-Haltung bei ihr aus. Im Gegenteil: Die Anwerbung von Arbeitskräften aus dem Ausland ist eine der zentralen Forderungen von Karlheinz Faller als Kandidat für den Bayerischen Landtag im Wahlkreis Augsburg-Ost. Diese Aufgabe müsse der Staat übernehmen, das einzelne mittelständische Unternehmen könne das nicht leisten. Davon, dass dies gelinge, "hängen unser sozialen Sicherungssystem ab".

Bei stetig steigenden Kosten besser sofort bauen

Schon jetzt ist der Bereich Pflege ohne ausländische Beschäftigte nicht mehr denkbar. Davon weiß Oliver Sommer ein Lied zu singen, der als Bezirkstagskandidat für die FDP ins Rennen geht. Er ist Pflegedienstleiter und arbeitet viel mit Menschen, die als Migranten ins Land gekommen sind. Aktuell kommt etwa eine Bewerbung auf 5,3 ausgeschriebene Stellen in der Pflege. Nicht nur in diesem Bereich hält er die verstärkte Anerkennung ausländischer Abschlüsse für dringend geboten.

Zumindest die Themen Schulden und öffentlicher Nahverkehr haben noch einen lokalpolitischen Aspekt. Bei der zuletzt im Kreistag diskutierten Frage, ob man Hochbauprojekte im Schulbereich verschieben soll, positioniert sich Faller im Pressegespräch klar: "Die Baukosten werden weiter steigen. Später zu bauen, wäre also das Gegenteil von Wirtschaftlichkeit." In Fragen des öffentlichen Nahverkehrs ist Lutz Stammnitz, Landtags-Direktkandidat für Aichach-Friedberg, nicht ganz mit FDP-Verkehrsminister Volker Wissing auf einer Linie: Monate für die Einführung eines 49-Euro-Tickets zu brauchen, erscheint ihm unangemessen, das Ticket selbst wird von den Liberalen hingegen begrüßt.

Im Wittelsbacher Land weitere Buslinien zu etablieren, halten die Liberalen für keine erfolgreiche Strategie hinsichtlich einer Mobilitätswende. Eine bessere digitale Vernetzung der Angebote, etwa für Anrufsammeltaxis, sei dafür eher geeignet. Dr. Axel Kern, Stadtrat in Aichach, wünscht sich schon länger eine Reaktivierung der Bushaltestelle am Krankenhaus. Die Straße sei laut Augsburger Verkehrsverbund zu schmal für regelmäßigen Busverkehr. Nichtsdestoweniger ist die Haltestelle aus seiner Sicht für Patienten und Besucher wichtig, politische Rückendeckung für das Vorhaben sieht er bislang nicht.

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