Die Geschäftsleitung der Baumarktkette Obi stellt in der Augsburger Niederlassung zum 1. Juli den Verkauf ein. Wie die Gewerkschaft Verdi mitteilt, hätten Betriebsrat und Beschäftigte selbst erst vor einer Woche davon erfahren. Die Geschäftsleitung sei den Beschäftigten bisher eine Antwort schuldig geblieben wie die Zukunft der rund 60 Mitarbeiter aussehen soll, kritisiert Verdi. Obi verweigert jede Auskunft.
Im Unternehmen Obi, das zur Tengelmann-Gruppe gehört, brodelt es schon länger. Die örtlichen Betriebsräte sowie der Gesamtbetriebsrat seien immer öfter gezwungen gewesen, grundlegende Arbeitnehmerrechte gerichtlich zu erstreiten. Anstatt sich an Gesetze zu halten, reagiere die Obi Geschäftsführung mit dem Verkauf der Filiale in Sömmerda (Thüringen), dort ist der Gesamtbetriebsratsvorsitzende beschäftigt.
An der Schließung der Niederlassung in Augsburg sind etwa 60 Beschäftigte betroffen, darunter auch die stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende. Die Gewerkschaft vermutet hinter den beiden Schließungen einen Trick, um den Betriebsrat der Baumarktkette zu entmachten. Der Gesamtbetriebsrat hatte sich mit seinem Vorsitzenden und seiner Stellvertreterin seit langer Zeit gegen die mehrfache Missachtung der Mitbestimmungsrechte bei Obi eingesetzt und zudem die im Betrieb immer lauter werdenden Forderungen der Beschäftigten nach einem Tarifvertrag unterstützt.
Obi reagiere darauf, indem Mitbestimmungsstrukturen zerschlagen und die Beschäftigten drastisch eingeschüchtert werden sollen, so Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. „Dieses undemokratische Vorgehen trifft auf unseren entschlossenen Widerstand. Wir fordern die Unternehmensführung auf, die Maßnahmen zurück zu nehmen und werden die Kollegen in ihrer Auseinandersetzung für demokratische Rechte und Menschenwürde unterstützen.”
Die Beschäftigten in Augsburg sind ab dem 1. Juli 2016 von der Arbeit freigestellt. Zu der Zukunft der Mitarbeiter äußerte sich Obi bisher nicht. „Für ein derartiges Vorgehen fehlen einem die Worte”, so Thomas Gürlebeck, zuständiger Verdi-Gewerkschaftssekretär in Augsburg. „Es entsteht der Eindruck, dass Obi schlicht und ergreifend keine Betriebsräte, die sich für die Einhaltung von Gesetzen einsetzen, im Unternehmen mehr haben möchte. Das grenzt schon an Arbeitgeberdiktatur. Man könnte meinen, dass Demokratie und Mitbestimmung in unserem Land selbstverständlich sind und Arbeitgeber sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sind. Aber bei Obi ist hier nichts mehr übrig von jeglicher Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten.”
Die 60 Beschäftigten sind nicht gekündigt worden, sondern dürfen nicht mehr zur Arbeit kommen, während sie vorerst weiter ihr Gehalt bekommen. Eine, wie Gürlebeck meint, „abstruse Situation”. Die Beschäftigten seien „geschockt und enttäuscht, aber jetzt auch kämpferisch”, beschreibt die Augsburger Betriebsratsvorsitzende die Situation. „Die meisten sind zehn Jahre und länger für OBI tätig und werden es nicht einfach so hinnehmen, dass der Arbeitgeber sie billig 'entsorgen' will.”
Die Beschäftigten, die ab heute nicht mehr arbeiten dürfen, haben für 9.30 Uhr eine Protestaktion vor dem Obi-Markt, Proviantbachstraße 30, angekündigt. Von der Unternehmensführung gibt es auch auf mehrfache Nachfrage bislang keine Stellungnahme über die Gründe der überstürzten Schließung. Die Unternehmensleitung wollte sich gestern auf einer Mitarbeiterversammlung erklären. Wie Gürlebeck mitteilt, könne er darüber bisher leider keine Auskunft geben. Der Betriebsrat sei zu dieser Versammlung nicht eingeladen worden.