Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 21.12.2022 09:44

Nichts geht ahead

<b>Züge sollten samstags</b> eigentlich im Halbstundentakt fahren. Bei der Bayerischen Regiobahn zwischen Friedberg und Aichach bleibt es vorerst wohl beim stündlichen Halt. (Foto: Erich Hoffmann)
Züge sollten samstags eigentlich im Halbstundentakt fahren. Bei der Bayerischen Regiobahn zwischen Friedberg und Aichach bleibt es vorerst wohl beim stündlichen Halt. (Foto: Erich Hoffmann)
Züge sollten samstags eigentlich im Halbstundentakt fahren. Bei der Bayerischen Regiobahn zwischen Friedberg und Aichach bleibt es vorerst wohl beim stündlichen Halt. (Foto: Erich Hoffmann)
Züge sollten samstags eigentlich im Halbstundentakt fahren. Bei der Bayerischen Regiobahn zwischen Friedberg und Aichach bleibt es vorerst wohl beim stündlichen Halt. (Foto: Erich Hoffmann)
Züge sollten samstags eigentlich im Halbstundentakt fahren. Bei der Bayerischen Regiobahn zwischen Friedberg und Aichach bleibt es vorerst wohl beim stündlichen Halt. (Foto: Erich Hoffmann)

In zahlreichen Branchen fehlt es an Personal. Bahnkunden zwischen München, Ingolstadt und Augsburg erleben seit einigen Wochen am eigenen Leib, was das bedeutet. Die Bayerische Regiobahn (BRB) sollte auch zwischen Friedberg und Aichach samstags längst im Halbstundentakt fahren. So tun die Züge es zwischen Augsburg und Friedberg. Weil es an Lokführern mangelt, bleibt es am Samstag aber wie gehabt. Jede Stunde hält ein Zug. Verspätungen und Ausfälle aber stehen auf der Tagesordnung.

Nicht recht viel anders sieht es auf den Strecken zwischen Augsburg und München aus (wir berichteten). Dort fahren seit Dezember die blauen Züge des englischen Eisenbahnverkehrsunternehmens Goahead. Realschüler in Bayern kennen diesen Ausdruck, ihre Englisch-Lehrbücher tragen seit Jahren denselben Titel. Es bedeutet so viel wie "vorangehen". Der Name entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Statt voran ging vor etwa einer Woche nämlich gar nichts. Von Chaos berichten Pendler. "Und die Lage ist diese Woche ja nicht besser", schiebt der CSU-Landtagsabgeordnete Peter Tomaschko nach.

Züge, die laut Plan und App der Deutschen Bahn hätten fahren sollen, kamen einfach nicht. Ganze Fahrten sind ausgefallen. Und Tomaschko war wie tausende Berufspendler mittendrin. Es waren die Züge von Goahead, die nicht fuhren. Sie konnten nicht. Inzwischen hat das Verkehrsministerium Siemens, den Hersteller der Triebfahrzeuge kritisiert. Staatsminister Bernreiter fordert Nachbesserungen, und zwar schnell. Gelöst ist das Problem damit aber noch lange nicht. Der Lokführermangel beschäftigt den Dienstleister weiter. Viele Politiker, auch Tomaschko, hatten sich schockiert gezeigt, als kurz vor den ersten Fahrten durch Goahead klar war, dass Mitarbeiter fehlen. Bis drei Wochen vorher hatte Goahead angegeben, genug Personal zu haben. Das Unternehmen hatte mit neuen Mitarbeitern gerechnet, die bereits vor der Übernahme rund um Augsburg unterwegs waren, wenn auch für die Deutsche Bahn. Jetzt fehlen sie. Und die Konsequenzen trägt jetzt der Passagier.

Nach zahlreichen Bürgersprechstunden, in denen Anwohner der Paartalbahn und der Linie Augsburg-München Peter Tomaschko ihr Leid geklagt hätten, sei es dem Abgeordneten aus Merching wichtig, dass sich etwas tut. Die Ausfälle im Großraum Augsburg hält er für "inakzeptabel", auch die Fahrgastinformation muss in Tomaschkos Augen verbessert werden. Er habe über die Bayerische Eisenbahngesellschaft Druck auf die einzelnen Gesellschaften, also BRB und Goahead, ausüben wollen, sagt der Parlamentarier. Über einen Kamm scheren kann man die Anbieter allein aufgrund ihrer unterschiedlichen Probleme zwar nicht. Gut die Hälfte der Züge von Siemens fährt bekanntlich schlichtweg nicht, wenn es zu kalt ist – der Stromnehmer funktioniert dann nicht. Bei der BRB hingegen sind Dieselloks im Einsatz. Die Triebfahrzeuge auf der Paartal-Linie etwa sind damit nicht das Hauptproblem, einige Kinderkrankheiten ausgenommen. Die Konsequenz aber ist dieselbe: Verspätungen und Ausfälle stehen auf der Tagesordnung.

Bei der BRB fehlen die Fahrer, Triebfahrzeugführer genannt. Das ist längst bekannt – und auch schon lange so, wenn man Beschwerden von Lesern glaubt, die entlang der Linie wohnen und deren Kinder mit dem Zug zur Schule fahren. Pünktlich wie die Eisenbahn, dieser Spruch ist im "Bahnland Bayern" ein Auslaufmodell. Mit dem Slogan wirbt die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG). Sie hat die Bayerische Regiobahn und Goahead inzwischen mit Sanktionen belegt.

"Die BEG hat die Bayerische Regiobahn mit Nachdruck aufgefordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, um schnellstmöglich die vertraglich vereinbarten Leistungen anzubieten. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die BEG entsprechende Vertragsstrafen beziehungsweise Minderungen – die in den Verkehrsverträgen vorgesehen sind – geltend machen", heißt es in einer Nachricht der Gesellschaft an Peter Tomaschkos Abgeordnetenbüro. Von Vertragsstrafen aber profitiert der Bahnfahrer freilich nicht. Ob und wann alle eigentlich angebotenen Züge der BRB wieder fahren, könne man schwer sagen, wie es im Dokument weiter heißt. "Nach uns vorliegenden Informationen geht die BRB davon aus, dass die Probleme bei der Personalgewinnung bis Juni 2023 andauern", steht dort nur. Annette Luckner, Pressesprecherin der BRB konkretisiert: Natürlich bilde das Unternehmen auch aus. Möglicherweise könnten im Juni in den eigenen Reihen genügend Triebfahrzeugführer zur Verfügung stehen, um auf den eigenen Linien langfristig für Entspannung zu sorgen.

Der Augsburger Raum zumindest ist "abgegrast", wie Annette Luckner erklärt. Ursprünglich ist wohl auch Goahead davon ausgegangen, dass einige Lokführer von der Deutschen Bahn zum englischen Unternehmen wechseln würden. Nachdem die DB die Linien in der Ausschreibung nicht mehr gewonnen hatte, konnte sie ihre Mitarbeiter allerdings doch mitnehmen. Das sorgt für einen recht übersichtlichen Markt rund um die Fuggerstadt. Und ahead, also vorwärts, geht so schnell auch nichts. Immerhin ist jetzt erst einmal Weihnachten.

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