Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

"Man lässt kein Kind allein im Auto!"

"Hitzetod im Auto" – Eine sommerliche Boulevard-Schlagzeile, wie sie leider jedes Jahr mehrfach zu lesen ist. Eltern "vergessen" ihre Kinder meist in Stress-Situationen oder bei Müdigkeit auf der Rücksitzbank. Ein Fehler, der bei hohen Temperaturen verhängnisvoll sein kann. Glück hatte derweil eine junge Mutter, die ihr schlafendes Baby vergangenen Sommer auf einem Parkplatz in Friedberg zurückließ. Der eineinhalbjährige Bub röchelte nach Luft und übergab sich, bis die Mutter, von Zeugen alarmiert, zurückkam. Nun stand die 30-Jährige in Aichach wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht vor Gericht. Am Ende wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage in Höhe von 3000 Euro eingestellt. Sowohl Richter Axel Hellriegel als auch Staatsanwältin Abt-Schmerer sprachen von einem "Grenzfall".

In der Tat handelte es sich nach allem, was man weiß, um lediglich fünf bis sechs Minuten, die der Bub allein im Auto saß. Allerdings stand der Wagen in der prallen Sonne – bei gut 30 Grad Außentemperatur an diesem Juli-Nachmittag. Die Mutter hatte ihr Kind nicht vergessen, das Baby war vielmehr eingeschlafen, als die Frau auf den Parkplatz direkt vor dem Geschäft fuhr, in dem sie nur schnell Socken für den anstehenden Urlaub kaufen wollte. Dafür wollte die junge Frau ihren Buben nicht wecken. Zudem sei der Wagen bei der Anfahrt per Klimaanlage runtergekühlt worden.

Ein weiterer Kunde parkte direkt daneben seinen Roller. Als er seinen Helm abnahm, wurde der Stätzlinger auf ein Röcheln aufmerksam, das aus dem Auto zu vernehmen war. Im Kindersitz auf der Rücksitzbank weinte ein Baby, röchelte nach Luft und hatte sich bereits übergeben. "Für mich war es kurz vor knapp", berichtete der 38-Jährige, der geistesgegenwärtig in den Laden lief, um die Mutter suchen zu lassen und danach mit seinem Helm die Seitenscheibe des Pkw einschlagen wollte. Das gelang ihm auch nach mehreren Versuchen nicht, wobei dann aber schon die Mutter aus dem Geschäft gestürmt kam, den Wagen öffnete und mit dem Buben in das Gebäude ging. Als Notarzt und Polizei eintrafen, hatte sich der kleine Bub im Arm der Mama schon wieder beruhigt, ins Krankenhaus musste er nicht.

"Danke für das Eingreifen", lobte Richter Hellriegel den Stätzlinger und machte deutlich, dass man kein Kind allein im Auto lassen dürfe. Auch nicht nur für wenige Minuten und egal bei welchen Temperaturen. Dass Hellriegel und auch die Vertreterin der Anklage am Ende dennoch auf eine Verurteilung der Mutter verzichteten, hatte mehrere Gründe. Zum einen war der Zeitraum, in denen das Baby unbeaufsichtigt war, sehr kurz, zum anderen war glücklicherweise nicht viel passiert. Und: Rechtsanwältin Dr. Birgit Schwerdt hielt ein flammendes Plädoyer für ihre Mandantin und deren "Ur-Instinkte als Mutter". Für eine Frau, die mit Leib und Seele Mutter sei, alles gebe für ihre beiden Kinder und bis heute stark unter dem Vorfall leide, "wäre eine Verurteilung eine Katastrophe", so die Anwältin, die selbst zwei Kinder hat.

Nach dem Vorfall wurde bei der Familie auch das Jugendamt vorstellig, sei aber auf ein glücklich verheiratetes Paar gestoßen, das alles für seine Kinder tue. Die Mutter habe einfach einmal einen Fehler gemacht, weil es ihr gerade eingeschlafenes Kind nicht unnötig wecken wollte. "Und das haut sie bis heute um", unterstrich Birgit Schwerdt. Sie und auch ihre Mandantin akzeptierten schließlich eine spürbare Geldauflage über 3000 Euro. Erhalten soll das Geld die "Brücke" in Augsburg, ein Verein, der im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention tätig ist.

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