Noch heute leben manche Menschen ihre gleichgeschlechtlichen Partnerschaften nur verdeckt. Bei Stefan Hummel, der bis vergangenes Jahr Geschäftsstellenleiter im Pöttmeser Rathaus war und dann zur Stadt München wechselte, ist das anders: „Ich lebe seit 20 Jahren offen homosexuell”, erklärte er jüngst im Kreistag Aichach-Friedberg, wo er ein Mandat für die SPD wahrnimmt. Da wurde im Kommunalparlament unter anderem über Beratungsangebote für queere Menschen diskutiert - der Begriff steht für das Spektrum jener Menschen, die schwul, lesbisch, bisexuell, transgender oder intersexuell sind. Es geht dabei nicht allein um die sexuelle Orientierung, sondern auch darum, wie man die eigene Identität definiert.Aber ist Homosexualität tatsächlich heute noch immer keine Selbstverständlichkeit? Gibt es sie noch, die schrägen Blicke oder sogar die Diskriminierung? Ja und Nein. Dass ihm jemand merkwürdig begegnet, hat Stefan Hummel lange nicht mehr erlebt. Und trotzdem hat das Thema in seinem Leben eine Relevanz, die Menschen in heterosexuellen Beziehungen nicht erleben. Als er sich beispielsweise dafür entschied, in Mering als Bürgermeisterkandidat der SPD anzutreten. Da wurde zumindest kurz im Vorstand darüber gesprochen, ob ein homosexueller Kandidat Chancen haben könne. Für die SPD war das dann kein Thema mehr. Stefan Hummel wurde ihr Kandidat, der in der Stichwahl gegen Florian Meyer mit 49,5 zu 50,5 Prozent der Stimmen nur knapp unterlag und nun Zweiter Bürgermeister ist.Im Wahlkampf haben Stefan und Florian Hummel versucht, auf viele Menschen gemeinsam zuzugehen. Beide haben den Eindruck, dass die Präsenz des Themas im Laufe der Zeit - auch deshalb - abgenommen hat. Florian Hummel beschreibt die unterschwelligen Abgrenzungen, die manchmal sogar als Sympathiebekundungen daherkommen. „Leute wie ihr”, sagt dann beispielsweise jemand. Oder die Menschen formen Anführungszeichen, wenn sie von „Familie Hummel” sprechen. Dabei ist das Ehepaar Hummel ganz und gar anführungszeichenfrei, geradezu „strukturkonservativ”, beschreibt es Florian Hummel, der als Banker arbeitet. Das Ehepaar hat ein Haus, eine dreibeinige Katze und macht gerne Campingurlaub. Dabei verbinden viele Menschen Homosexualität „mit Lebensstilen, die schrill sind”, erklärt Florian Hummel. Und mit bestimmten Berufen. „Ein Friseur darf schwul sein, ein Fußballspieler nicht.” Da gelte noch eine Definition von Männlichkeit, die das nicht zulässt.Manchmal scheinen die Nachbarn auf dem Campingplatz noch etwas irritiert, wenn sie Stefan und Florian Hummel entdecken. Meistens legt sich das schnell. Dort wie in anderen Gesprächen stellt sich häufig heraus, dass diejenigen, die besonders offen und positiv reagieren, schon zuvor Kontakte mit Homosexuellen hatten, etwa in der eigenen Familie. Scheu oder Ressentiments wurde dadurch schon abgebaut.