Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Kritik zur Premiere von „Herz aus Gold”: Musikalisch durch das Leben Jakob Fuggers

Das Fugger-Musical „Herz aus Gold” feierte am Samstag Premiere - an einem Tag, an dem in Augsburg wegen des AfD-Parteitags Ausnahmezustand herrschte. Die Sitze der Freilichtbühne waren dennoch gut gefüllt, und auch das Wetter war am Tag der Premiere auf der Seite des Theaters. Die Spannung war im Vorfeld an die Aufführung groß, denn das Musical wurde eigens für Augsburg geschrieben, und so wusste niemand so wirklich, was zu erwarten war.

Bekommen hat das Publikum schließlich eine durchaus liebenswerte, wenn auch nicht immer sympathische Hauptperson, gespielt von Chris Murray. Ein bisschen scheint es, als sollte die Liebesgeschichte mit Roberta Valentinis Figur der Sibylla, die Jakob Fugger liebt, aber trotz erwiderten Gefühlen nie bekommen kann, den Kaufmann etwas gefälliger machen. Allerdings nimmt diese Geschichte, vor allem in der ersten Hälfte des Stückes, doch einen etwas zu großen Platz ein. Wie es dazu kam, dass der sonst als gefühlsarm dargestellte Jakob Fugger sich in Sibylla verliebte, findet der Zuschauer nie heraus. Die Sehnsucht nach seiner Jugendliebe, die inzwischen verheiratet ist, wirkt eher bemitleidenswert als romantisch und geht kaum zu Herzen. Sicher hätte die faszinierende Figur des Jakob Fugger diese Liebesgeschichte nicht gebraucht, um einen Theaterabend zu füllen.

Allgemein bleibt das Stück ohne große Ecken und Kanten. Konflikte entstehen, doch ihre Lösungen und Eskalationen bleiben meist verborgen in den Zeitsprüngen, die immer wieder die Geschichte voran treiben. Vor allem vor der Pause plätschert die Handlung vor sich hin, die Darsteller scheinen in den ersten Szenen noch nicht ganz in ihre Rollen gefunden zu haben. Lediglich die souveränen musikalischen Darbietungen der Hauptdarsteller retten das Stück zu Beginn angesichts des steifen Schauspiels und aufgesetzten Textes vor der Lächerlichkeit.

In der zweiten Hälfte nimmt die Darstellung an Fahrt auf. Der erste wahre Konflikt des Stückes, der zwischen Sibylla und ihrer gleichnamigen Tochter entsteht, die auf Wunsch der Mutter Jakob Fugger heiratet, eskaliert in einem Duett der beiden Frauen. Zum ersten Mal erhält eines der Lieder lauteren Applaus. Die Wut der Tochter, die gegen ihren Willen einen Mann heiraten muss, der eigentlich ihre Mutter liebt, ist realistisch und menschlich, und schafft damit eine Tragik, die die konstruierte Liebesgeschichte ihrer Mutter nie erreicht. Dennoch sorgt auch das letzte Lied der alten Sibylla, als diese merkt, welches Leid ihre Entscheidung allen Beteiligten bringt, beim Publikum für lauten Applaus.

Die Kostüme zeigen, mit welcher Begeisterung das Stück inszeniert wurde, das Bühnenbild passt sich in die Szenerie perfekt ein, und so wirkt es dank der Mauern fast, als schaue man auf einen Teil des alten Augsburg. Die Hauptdarsteller Chris Murray und Roberta Valentini singen die Stücke des Komponisten Stephan Kanyar überzeugend und mit Stimmgewalt, mal poppig, mal voller Emotionen. Der große musikalische Wurf bleibt dabei aus, lediglich der Titelsong „Herz aus Gold” bleibt als Ohrwurm im Gedächtnis. Ein Gänsehaut-Gefühl entsteht kaum, womöglich auch, weil die Lautstärke der Musik sich in der Freilichtbühne verliert, doch die Lieder untermalen die Handlung dennoch effektiv.

Letztlich endet die Vorführung trotz einiger Schwächen mit Standing Ovations und langem Applaus. Das Musical ist eine Eigenkreation, und damit in gewisser Hinsicht Neuland für das Augsburger Theater. So wird diese Inszenierung am Ende wohl keine Musicalgeschichte schreiben, doch schafft sie es durchaus, unterhaltsam und sympathisch durch den Abend zu führen. Dank der Darsteller, des Bühnen- und Kostümbildes und der Einlagen des Augsburger Balletts macht „Herz aus Gold” Lust auf zukünftige Eigenproduktionen.


Von Laura Türk
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