Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 31.05.2022 14:26

ICE-Trasse zwischen Augsburg und Ulm: Bahn widerspricht Abgeordnetem Hansjörg Durz

Erneut gibt es Diskussionen um die geplante Bahntrasse zwischen Augsburg und Ulm.  (Foto: mjt)
Erneut gibt es Diskussionen um die geplante Bahntrasse zwischen Augsburg und Ulm. (Foto: mjt)
Erneut gibt es Diskussionen um die geplante Bahntrasse zwischen Augsburg und Ulm. (Foto: mjt)
Erneut gibt es Diskussionen um die geplante Bahntrasse zwischen Augsburg und Ulm. (Foto: mjt)
Erneut gibt es Diskussionen um die geplante Bahntrasse zwischen Augsburg und Ulm. (Foto: mjt)

Unruhe hat Bundestagsabgeordneter Hansjörg Durz (CSU) am Wochenende mit einer Mitteilung zum Ausbau der Bahnstrecke zwischen Augsburg und Ulm ausgelöst. Aktuell prüft die Bahn, wo künftig eine Fernverkehrstrasse zwischen den beiden Städten angelegt werden könnte. Doch Durz stellte nun die Grundlagen für die Trassensuche infrage. Ein viergleisiger Ausbau dieses Abschnitts und auch die angestrebte Fahrzeitverkürzung auf 26 Minuten seien nicht notwendig. Durz beruft sich dabei auf ein Schreiben aus dem Bundesverkehrsministerium.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Michael Theurer (FDP), habe Durz außerdem mitgeteilt, „dass im Rahmen der Entwicklung des Deutschlandtaktes die geplante Fernverkehrsleistung im Abschnitt Ulm-Augsburg reduziert wurde”. Das wiederum nimmt Hansjörg Durz zum Anlass, den viergleisigen Ausbau zu hinterfragen. Im Antwortschreiben von Staatssekretär Theurer werde ausgeführt, dass im derzeitigen Konzeptentwurf lediglich die Errichtung eines dritten Gleises zwischen Dinkelscherben und Augsburg enthalten sei. „Ein durchgehender viergleisiger Ausbau ist also nicht unterstellt“, zitiert Durz das Schreiben des Verkehrsministeriums. Er sieht hier einen „klaren Widerspruch zu den Aussagen der DB Netz AG, die einen durch-gängigen viergleisigen Ausbau zwischen Ulm und Augsburg für zwingend erforderlich hält”.

Widersprüche zwischen Bahn und Bund?

Durz glaubt, hier nicht den einzigen Widerspruch zwischen Bundesministerium und Bahn entdeckt zu haben. Auch was die Zielfahrzeit angeht, weichen die Angaben von einander ab. „Schließlich hatte die Deutsche Bahn nicht wie heute mit 26 Minuten, sondern mit ursprünglich 27 Minuten Fahrtzeit geplant und gibt im Faktencheck auf der Internetseite des Projektes Ulm-Augsburg an, dass sich das Ziel von 27 Minuten Fahrtzeit zwischen Ulm und Augsburg aus dem Bundesverkehrswegeplan 2030 ergab”, schreibt Durz. Diese 27 Minuten als Fahrziel könnten vom Ministerium gemäß dem Schreiben „nicht nachvollzogen” werden. Stattdessen gebe das Haus an, dass der Bundesverkehrswegeplan 30 Minuten Zielfahrtzeit vorgesehen habe.

„Was nach einer Kleinigkeit klingt, könnte am Ende enorme Auswirkungen auf den erfolgreichen Abschluss des Projektes haben“, warnt Durz und befürchtet, dass Ministerium und Bahn nicht abgestimmt vorgehen – doch dem widerspricht die Bahn in einer eigenen Mitteilung am Dienstag entschieden.

„Am 30. Mai fand eine weitere Strategische Planungsbegleitung statt. Bei diesem Gespräch mit Vertretern des Bundesverkehrsministeriums wurden die bekannten Projektziele uneingeschränkt bestätigt”, heißt es in der Pressemitteilung der Bahn. Die zentralen Vorgaben des Bundes „waren und sind die Zielfahrzeit von 26 Minuten, die Güterverkehrstauglichkeit, eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 300 Stundenkilometern sowie durchgängig vier Gleise.”

Entwicklungen der Fernverkehrszahlen

Doch wie kommt das Ministerium auf seine Zahlen? Die Bahn ahnt es: Die ersten beiden Gutachterentwürfe des Deutschlandtakts hätten zwar eine Zielfahrzeit von 30 Minuten zwischen Augsburg und Ulm vorgesehen und mit 132 Fernverkehrszüge zwischen den beiden Städten gerechnet, diese waren laut Bahn aber nur „Arbeitsstände und keine Grundlage für das Bahnprojekt Ulm-Augsburg”. Diese Funktion habe der dritte und finale Gutachterentwurf des Deutschlandtakts übernommen. „Dort sind die Vorgaben geregelt, die für das Projektteam bindend waren und sind.” So sind dort die Fahrzeit von 26 Minuten beziehungsweise 40 Minuten mit Halt in Günzburg verankert.

„Außerdem – und das ist zentral in dieser Debatte – sieht diese finale Version bei einer Ausbaustrecke eine Viergleisigkeit zwischen Gessertshausen und Augsburg vor”, betont die Bahn. Als Ergebnis einer Eisenbahnwissenschaftlichen Untersuchung sei weiter nachgewiesen worden, dass auch zwischen Gessertshausen und Dinkelscherben vier Gleise notwendig sind. Und im Bereich Neu-Ulm bis Unterfahlheim wurde durch die Integration des sogenannten 740m-Gleises Neu-Ulm laut Bahn ebenso eine Viergleisigkeit notwendig. So ergebe sich eine durchgängige Viergleisigkeit von Ulm bis Augsburg.

Daneben rechnet der Gutachterentwurf mit 114 Fernverkehrszügen pro Tag. Das seien zwar weniger Züge als im zweiten Entwurf vorgesehen waren (132), aber mehr als der Bundesverkehrswegeplan 2030 vorsah, da waren es nämlich nur 98.

„Diese Sachverhalte wurden bereits mehrfach durch das Projektteam vorgestellt und sind keine Neuheiten”, betont die Bahn in ihrer Mitteilung.

In der Region ist das Bahnprojekt sehr umstritten. Insbesondere Anwohner möglicher Neubaustrecken, aber auch vom Ausbau der Bestandsstrecke betroffene Bürger stehen dem Vorhaben kritisch gegenüber und wollen, dass die Bahn ihre bisherigen Planungen noch einmal überarbeitet.

In die Debatte hat sich auch die Augsburger Landtagsabgeordnete der Grünen Stephanie Schuhknecht eingemischt. „Ich würde gerne vermuten, dass Durz in seiner Kommunikation mit dem Ministerium etwas missverstanden hat, denn er sollte es eigentlich besser wissen”, weist Schuhknecht darauf hin, dass Hansjörg Durz wie sie selbst Mitglied im Projektkoordinierungsrat des Bahnprojekts ist. Zudem habe er selbst den Deutschlandtakt im Deutschen Bundestag mit beschlossen, den er jetzt in Frage stelle. „Das ist unseriös“, kritisiert Schuhknecht. Und die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag und Stadträtin in Neusäß Silvia Daßler hat ind er Frage ob drei oder vier Gleise einen Vorschlag für Hansjörg Durz: „Vielleicht sollte man sich mal mit den vielen Pendler*innen unterhalten, die jeden Tag mit dem Zug zur Arbeit fahren und an den Bahnsteigen warten müssen, bis der verspätete Fernverkehr durch ist.“ Für sie ist klar: „Auf vier Gleise passen mehr Züge als auf drei. Diese Rechnung sollte man auch in der CSU nachvollziehen können.“


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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