Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung

Facebook-Krieg ums Theater: Statt Argumenten werden Beleidigungen ausgetauscht

Auf der Facebook-Seite der Sanierungsgegner geht es nicht immer zimperlich zu. (Foto: Markus Höck)
Auf der Facebook-Seite der Sanierungsgegner geht es nicht immer zimperlich zu. (Foto: Markus Höck)
Auf der Facebook-Seite der Sanierungsgegner geht es nicht immer zimperlich zu. (Foto: Markus Höck)
Auf der Facebook-Seite der Sanierungsgegner geht es nicht immer zimperlich zu. (Foto: Markus Höck)
Auf der Facebook-Seite der Sanierungsgegner geht es nicht immer zimperlich zu. (Foto: Markus Höck)

„Abgehobene Kulturdiktatur“, „SturmAbteilung Fähnlein Votteler“, „dahergelaufene Internetmaulhelden“ – die Diskussion um die Theatersanierung zwischen Gegnern und Befürwortern wird härter geführt, als je zuvor. Insbesondere in den sozialen Netzwerken schenken sich die Kontrahenten nichts.

Die Gruppe „Theater Modern“ hatte jüngst in einer Pressekonferenz moniert, dass die Gegner der Theatersanierung insbesondere auf Facebook immer wieder unter die Gürtellinie zielten in ihren Kommentaren und Veröffentlichungen. Insbesondere die Bezeichnung „Theater-SA“ eines Facebook-Nutzers für die Mitarbeiter des Theaters war der Gruppe „Theater Modern“, zu der auch Ensemblemitglieder gehören, sauer aufgestoßen.

Der Kontrollbesuch bei Facebook zeigt schnell, dass dies kein einmaliger Ausrutscher war. Ganz ungeniert werden die Befürworter der Sanierung vom selben Nutzer als „SturmAbteilung Fähnlein Votteler“ abgekanzelt.

An anderer Stelle stilisiert der Sanierungsgegner die Diskussion gar zum Klassenkampf: „Klar die Analphabeten oder schlechtdeutsch schreibenden Arbeiter oder Migranten sollen für die intellektuellen Hochkulturen der Stadt und des Kreises das Theater finanzieren. Rückfall in Zeiten des Plebs und Patrizier? Gut, dann sollte teeren und federn auch wieder modern werden.“ Den Vergleich eingeführt in die Diskussion hat die „Initiative Kulturelle Stadtentwicklung Augsburg“ (IKSA) selbst, auf deren Facebook-Seite sich das Drama abspielt. Eine Pressemitteilung überschrieben sie mit der unmissverständlichen Anspielung „Bürger hört und seht die Signale“.

Umgekehrt sind auch die Sanierungsbefürworter nicht zimperlich in ihrer Wortwahl. Auf der Seite „Thejater Augsburg – Sanierung jetzt“ lässt ein Ensemblemitglied seiner Wut auf die Gegenseite freien Lauf und schimpft auf die „dahergelaufenen Maulhelden“. Es wäre zu überprüfen, „wer von den vielen Wichtigtuern im Netz die Eier(stöcke) hätte, auf offenem Podium das große Schandmaul aufzureißen“. An anderer Stelle macht der Schauspieler den Sanierungskritikern gar ein unschönes Angebot: „Die ,IKSA’ kann mich mal!!!“.

Diese und weitere Kommentare sowie die Antworten darauf sind ein deutlicher Beweis dafür, dass die Theatersanierung einen tiefen Spalt in die Augsburger Kulturlandschaft gerissen hat. Die einstige Verbindung, nämlich die Liebe und Hingabe zu Kunst und Kultur, scheint nun die beiden Lager zu trennen. Bereits zu Beginn der Auseinandersetzung, als sich 53 Augsburger in einem Offenen Brief gegen die Sanierung wandten, wurden nicht nur Argumente gewechselt. Doch der anfängliche Ruf und die Bitte nach einer Rückkehr zur Sachlichkeit verhallten ungehört.

Christian Müller von der Gruppe „Theater Modern“ hat jüngst sein tiefes Bedauern darüber ausgedrückt, dass die Kulturlandschaft aktuell so zerrissen sei. Eine Besserung ist nicht absehbar und ein Bürgerentscheid, egal wie er ausgeht, würde diese Zerrissenheit vermutlich dauerhaft zementieren.

Es ist nicht zu fassen: Man sollte meinen, dass jeder, der sich an einer Debatte zur Theatersanierung beteiligt, über ein Mindestmaß an Anstand, Bildung und kulturellem Interesse verfügt. Doch die Kommentare auf Facebook und die damit korrespondierenden Blogeinträge im Internet lassen all das vermissen.

Der Griff in die Nazi-Vergleiche-Kiste verbietet sich immer. Und die Frage nach Sinn oder Unsinn einer Theatersanierung auf den Arm-gegen-Reich-Streit umzumünzen, ist einfach unangebracht, doch es passt ins Schema: Gefühle statt Fakten, lieber einen bissigen Kommentar, statt sich inhaltlich mit Argumenten auseinandersetzen.

Und bei allem Verständnis für den Unmut der Ensemblemitglieder, mit gleichen Mitteln zurückzuschlagen bringt vielleicht mehr „Gefällt mir“-Klicks – für die Debatte um die Theaterzukunft wären sachliche Einträge deutlich fruchtbarer, etwa um neutrale Beobachter schlicht zu informieren.

Gleich zu Beginn der Auseinandersetzung hatten beide Seiten mehr Sachlichkeit gefordert. Es wird endlich Zeit, dass sich alle daran halten.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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