Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 17.05.2023 15:31

Espresso wie vom Profi - aber wie machen die Profis den denn?

Espresso wie vom Profi - aber wie machen die Profis den denn? (Foto: muertos crew by pixabay)
Espresso wie vom Profi - aber wie machen die Profis den denn? (Foto: muertos crew by pixabay)
Espresso wie vom Profi - aber wie machen die Profis den denn? (Foto: muertos crew by pixabay)
Espresso wie vom Profi - aber wie machen die Profis den denn? (Foto: muertos crew by pixabay)
Espresso wie vom Profi - aber wie machen die Profis den denn? (Foto: muertos crew by pixabay)

Kaffee ist Philosophie und gerade um den Espresso ist das philosophische Gedankengebäude recht aufgeblasen. Während die einen ihren Espresso gerne nussig, schokoladig, zartbitter und schnell genießen, wollen die anderen gerne fruchtige Noten in einem kleinen Kaffee, der viel Säure zeigt. Warum? Und was macht der Profi aus diesen unvereinbaren Ansprüchen?

Der Espresso kommt aus Italien und gehört dort fest zur Kultur. Ohne Espressobar ist italienische Gesellschaft einfach nicht denkbar. Der Espresso ist eine Erfindung der Industrialisierung Italiens. Damit die Arbeitskräfte die lange Arbeitszeit bis zur Mittagspause wirklich durchhielten, bekamen sie einen sehr starken, heißen Kaffee verabreicht. Die Pause durfte aber nicht zu lange dauern, schließlich sollte gearbeitet werden - und damit war der Espresso geboren. Bemerkenswert: Der Geschmack stand nie im Mittelpunkt. Es ging um Effizienz. Heute dagegen hat Kaffeekultur nichts mehr mit Effizienz zu tun.

Was macht einen guten Espresso aus?

Glaubt man Kaffeeexperten, sind es die 4 M, die den Espresso zum Genuss machen: M wie La Miscela, die Bohnenmischung. M wie La Macinatura, der Mahlgrad und die Mahlart. M wie La Macchina, die Maschine. Und letztendlich M wie La Mano, die Hand. Die steht für Fingerfertigkeit und Geschicklichkeit im Umgang mit dem nötigen Equipment, was in der Regel die Siebträgermaschine meint. 1901 wurde die erste Espressomaschine erfunden, bis heute ist der Name des Erfinders, Luigi Bezerra, in Italien ein Begriff. Mit der von diesem Herrn erfundenen Effizienz-Maschine hat der Graef Siebträger Baronessa allerdings nur noch wenig gemeinsam - vom herrlich mundenden Espresso mal abgesehen.

Grundlagen: Kaffeebohnen und Mahlgrad

Für Espresso werden in der Regel sehr dunkel geröstete Bohnen verwendet, die viel feiner ausgemahlen sind als beim klassischen Filterkaffee oder gar für die Kaffeepresse. Zu fein gemahlener Espresso wird bitter, bleibt das Kaffeepulver zu grob, leidet der Geschmack. Wichtig zu wissen: Generell ist die Säure im Kaffee dominant. Die löst sich bei grob gemahlenem Kaffeepulver zuerst, der Rest vom Geschmack braucht etwas länger. Die Bitterstoffe brauchen richtig viel Zeit - und damit ist das Geheimnis um den Geschmack des Espresso auch schon fast gelöst. Für den typischen zartbitteren Geschmack muss das Pulver fein sein, aber der Kaffee muss schnell extrahiert werden.

Zubereitung mit der Espressomaschine

Der Siebträger wird je nach Geschmack mit etwa 7 bis 9 Gramm Espressopulver beladen, im doppelten Siebträger müssen es 14 bis 16 Gramm sein. Idealerweise wird die Maschine direkt vor Gebrauch einmal kurz durchgespült, dann kann der Siebträger eingespannt werden. 30 Milliliter Espresso laufen in etwa 30 Sekunden durch, am Anfang tröpfelt die gut eingestellte Maschine nur, danach kommt ein gleichmäßiger Strahl. Das heiße Wasser wird mit etwa 9 Bar Druck durch das Kaffeepulver befördert, damit die typische Crema entstehen kann. Die Wassertemperatur liegt idealerweise bei 90 bis 94 Grad Celsius, damit der Kaffee nicht verbrennt oder zu viel Säure (kühleres Wasser) extrahiert wird.

Orthodox oder doch modern?

Natürlich lässt sich ein guter Espresso auch mit einem Espressokocher herstellen. Der schafft zwar keine Crema, aber der Espresso schmeckt trotzdem. Auch Kapselmaschinen sind heute in der Lage, einen trinkbaren Espresso zu produzieren und sogar die Crema draufzusetzen. Bleibt die Frage um die fruchtigen Aromen im Espresso - gehören die da wirklich nicht rein?

Stark säurehaltige Kaffees, die fruchtige Noten entwickeln, sind eine amerikanische Sache. Auf dem europäischen Kontinent, war Kaffee lange Zeit alles Mögliche, aber sicherlich nicht sauer. Mit den Third-Wave-Coffeeshops, die inzwischen in aller Welt zu finden sind, hat allerdings auch der säurelastige amerikanische Kaffee in der urbanen Kultur Einzug gehalten. Selbstverständlich darf jeder und jeden den Espresso genießen wie er oder sie will - aber bitte im Bewusstsein, dass säurelastiger Espresso weder italienisch noch traditionellist.


Von Michael Meier
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