Regau sammelt Pflüge, Sämaschinen, Traktoren, Dreschwagen, Schleifböcke und Zimmererwerkzeug. Im Fundus stehen Getreidemühlen, Zuber, Sensen und Heugabeln. Sein Elternhaus, das seit 13 Jahren leer steht, erhält Regau im Originalzustand - mitsamt Möbeln, Bildern und Haushaltsgeräten aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Warum das alles? „Ein Stück Kultur, die nicht vergessen werden soll”, seien all diese Gegenstände, sagt der 73-Jährige. Sie erzählen vom anstrengenden Landleben im vergangenen Jahrhundert; und sie zeigen auch, wie rasant sich die bäuerliche Technik entwickelt und damit den Alltag auf dem Hof gänzlich umgekrempelt hat. Als Regau auf dem Dreiseithof unterhalb der Oberwittelsbacher Burgkirche aufwuchs, hielt die Familie 20 Kühe, einige Zuchtsauen, Mastgänse und anderes Viehzeug. „Ich bin jeden Früh um Dreiviertelfünf in den Stall gegangen. Um 6 Uhr kam dann der Arbeiterbus, dann ging's weiter auf die Baustelle”, erzählt der gelernte Maurer. Ganz normal sei das gewesen damals. „Wir waren halt Macher. Heid hamma lauter G'studierte, die viel gescheiter sind wie ich. Aber halt koane Macher mehr.” Im 1901 erbauten Wohnhaus lebten in Regaus Jugendzeit drei Generationen unter einem Dach. Selbst Onkel und Tante fanden Unterkunft. Erst, als der Landwirt 1976 nebenan sein neues - und wie damals üblich - zweistöckiges Haus baute, wurde es ruhiger in den sechs Zimmern. Die Oma blieb im alten Anwesen bis 2009. Sie schloss ihre Augen oben in ihrer kleinen Kammer, das zu betreten verlangt, dass man sich bückt unterm Türstock. Franz Regau hat dieses Zimmer ebenso unberührt gelassen, wie die meisten anderen Räume. Deshalb macht ein Zeitreise, wer heute in das geduckte Häuserl mit den grünen Fensterläden kommt: Im Elternschlafzimmer hängen große bunte Heiligenbilder, im Wohnzimmer gesellt sich das Nierentischerl aus den 1950er zum Röhrenfernseher von 1964, zu Kanapee und braunem Kunstledersessel. In der Küche stehen Töpfe auf dem Herd und Porzellan auf dem Tisch, als ob gleich jemand zum Mittagessen käme. Die fußbetriebene Nähmaschine, erzählt Regau, nutzte die „Nohderin”: Eine Stör-Schneiderin kam jedes Jahr ins Haus, um den Leuten dort neue Kleidung auf den Leib zu passen. Im Obergeschoss liegt das „Madl-Zimmer”, in dem die Schwestern schliefen, gegenüber das klosterzellenähnliche Refugium der Großmutter mit schmalem Schrank, Bett, Tisch und einem Ofen. War der im Winter angeheizt, wurde geräuchert: Man hängte das Fleisch auf dem Dachboden einfach in den Kamin, von unten kam die heiße, rauchige Luft. Getreide wurde im Hausgang gelagert, der mit Solnhofer Platten belegt ist, oder oben unterm Dach. Damit Diebe und Vagabunden nicht ins Haus gelangten, hängte man schmiedeeiserne Gitter vor die Fenster. Sie halten heute noch.Die aktive Landwirtschaft haben die Regaus seit langem aufgegeben. Stall und Stadl sind inzwischen zu einem üppig ausgestatteten Museum geworden. Dort steht der historische Maschinenpark von Franz Regau. Ein vorbildlich restaurierter blauer Eicher, ein Neunzehner, zählt dazu, ein Mengele-Dreschwagen und ein Massey-Harris 630, Baujahr 1957. Das ist einer der ersten im Wittelsbacher Land verwendeten selbstfahrenden Mähdrescher. Mit einer Schnittbreite von 1,60 Metern ist er in der heutigen Zeit ein Winzling, aber der große Star bei auf Landwirtschaftsschauen oder Festen. Dort zeigt Franz Regau nämlich gerne, wie die Bauern in vergangenen Zeiten werkelten.Seine Exponate hat Regau aus halb Bayern zusammengetragen. „Im Landwirtschaftlichen Wochenblatt wurden immer wieder alte Sachen inseriert,” erinnert sich der Rentner an die Anfänge seiner Leidenschaft. „Da ist man dann halt hingefahren. So kamen die ersten Sachen auf den Hof.” Als sich herumsprach, dass der Franz sammelt, brachten ihm erst die Oberwittelsbacher ihre alten Dachstuhl-Raritäten, dann immer mehr Menschen aus dem Umland. Mit der Zeit wurden auch die Ansprüche des Oberwittelsbachers höher, er spezialisierte sich auf seltene und wertvollere Gegenstände. Regau fuhr dazu nach Donauwörth und Günzburg, besuchte viele Ortschaften zwischen Altötting und Passau. Eine Sämaschine fuhr er auf einem speziellen Transporter dreieinhalb Stunden lang heim zu sich. „Es hätte mich jetzt gereut, wenn ich sie nicht gekauft hätte. Heute sind die Dinger nur selten zu haben”, weiß Regau.Das gilt auch für die Dreschwagen mit und ohne Strohpresse. Einen „modernen” Mähdrescher aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts holte Regau aus Mühlhausen. Das rote Gefährt kam sogar bei Filmaufnahmen zum Einsatz, auf dem Getreidefeld vom Bauer Siegllechner in Unterwittelsbach. Im Stadl steht auch ein Mähbinder, wie er bis in die 1960er Jahre üblich war. Damit wurde Getreide geerntet, ehe sich der Mähdrescher durchsetzte. In der historischen Sammlung in Oberwittelsbach finden sich zudem Pflüge, Schlitten, ein Gäuwagerl aus Unterzell oder eine Gsot-Maschine, mit der Futter und Heu klein geschnitten wurden. Auf dem Dachboden stehen Eggen, eine Bruchmühle, Butterfassl, Mostballone oder Zuber für kurzes und langes Kraut.Wie viele Exponate sich im Laufe der Jahre angesammelt haben, hat der Ruhestands-Landwirt nie exakt ausgerechnet. Er führt nicht Buch darüber. Langsam freilich wird der Platz eng. Über zwei Stockwerke erstreckt sich Regaus Sammlung inzwischen. Er versteht sie als ein Stück ländlicher Kultur, man müsse „aufpassen, dass sie ned verloren geht”. Wenn seine Frau ab und zu sagt: „Wirf's naus, des Zeig” entgegnet er ihr nur: „Naa, sonst kommt bloß anderes Zeigl rein.” Einen Mitstreiter hat Franz Regau inzwischen in seinem Schwiegersohn gefunden. Florian Gschwandtner hilft ihm, wenn notwendig, bei der Ausstattung des Privatmuseums. Der Polizeibeamte kann sich sogar vorstellen, mit seiner Familie in dem über 160 Quadratmeter großen historischen Bauernhaus zu leben (seine Frau Ulrike ist allerdings noch skeptisch...). Natürlich müsste das Gebäude grundlegend modernisiert werden, um heutigen Ansprüchen zu genügen. Aber immerhin sei es ein einzigartiges „Schmuckstück der Familie”, die seit 1831 auf der Hofstelle beurkundet ist. Eisengitter an den Fenstern als Schutz vor Vagabunden So vergeht die Zeit: Von der Sense zum Mähdrescher