Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 11.01.2023 14:39

Drei Finger, Watsche oder Fausthieb?

Ob es nun eine kräftige Watsche oder ein leicht ausgeführter Fausthieb war, konnte am Aichacher Amtsgericht nicht abschließend geklärt werden. Dass der Angeklagte zugeschlagen hat, unvermittelt und ins Gesicht, stand indes zweifelsfrei fest. Das gab der 20-Jährige aus dem nördlichen Landkreis bei seiner Verhandlung jüngst unumwunden zu. Weil er sich geständig zeigte, kam er für die vorsätzliche Körperverletzung noch einmal mit einem blauen Auge davon. Richterin Eva-Maria Grosse sprach gegen den Mann eine Verwarnung aus, zusätzlich muss er 600 Euro Geldstrafe zahlen.

Zu dem Vorfall gekommen ist es Mai letzte Jahres auf dem Kühbacher Brauereifest. Wie der Angeklagte berichtete, besuchte er das Fest zusammen mit seiner Freundin und seinem älteren Bruder. Er sei noch bei seiner ersten Maß gewesen, da habe der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes schon auf dem Kieker gehabt und ihn nach draußen geschubst. "Ich habe überhaupt nicht verstanden, was ich getan haben soll", beschwerte sich der 20-jährige Bodenleger. Als ihm der Mann dann auch noch einen Platzverbot erteilte, "hab ich ihm drei Finger gegeben, und dann waren plötzlich zehn Security um mich herum und ich bekam am Boden eine Bombe", erklärte der junge Mann.

Was denn drei Finger seien, und was er mit einer Bombe meine, wollte Richterin Eva-Maria Grosse wissen. Mit den drei Fingern sei eine Schelle gemeint, erläuterte der Angeklagte rumänischer Herkunft, und mit der Bombe "eine Faust". Grosse hakte noch einmal nach: "Mit der Schelle meinen sie also eine Watsche?". Anstelle des Angeklagten antwortete Anwalt Stefan Mittelbach, vermutlich um endlich Licht in das Watschen-Schelle-Finger-Durcheinander zu bringen, bei der Schelle handle es sich in der Tat um eine Watsche.

Von einer Faust, die ihn an der Wange getroffenen habe, sprach hingegen der als Zeuge geladene Sicherheitsdienstleister. Der Mann war aus Regensburg angereist, seine Firma stellte für das Kühbacher Großevent die Security. Er berichtete, er sei von seinen Leuten insgesamt drei mal per Funk über den Angeklagten informiert worden. "Mir wurde mitgeteilt, er mache Stress, belästige Leute", so der Security-Mann. Zweimal habe er dem Angeklagten gebeten, einen Gang runterzufahren. "Beim dritten Mal bat ich ihn, mich nach draußen zu begleiten, um besser mit ihm reden zu können." In dem Gespräch vor dem Zelt habe er ihn dann des Festes verwiesen, "aber nur für diesen Tag", betonte der Zeuge. Er sei dann sehr überrascht gewesen, als der 20-Jährige ihn "völlig unvermittelt" angegriffen und geschlagen habe.

Auf Nachfrage des Anwalts, wie er das Hausrecht durchgesetzte habe, ob er ihn freundlich nach draußen begleitet habe oder doch er geschubst oder geschoben, entgegnete der Regensburger: "Nein, wir gingen raus wie zwei Kumpel." Er könne sich allerdings nicht mehr genau an alle Vorfälle des vier Tage dauernden Festes erinnern. "Da ist so viel passiert: Ein Polizist wurde angegriffen, ein Sanitäter, ich selber", sagte der Sicherheits-Chef, dem nicht so sehr der Schlag an sich wehgetan habe, wie er erklärte, "sondern dass Du mich ohne Grund vor meinen Mitarbeitern angegriffen hast".

Es tue ihm sehr leid, entschuldigte sich der 20-Jährige, und versprach, er werde das Brauerfest nicht mehr besuchen. Die Jugendgerichtshilfe bescheinigte dem Angeklagten, der bereits wegen Sachbeschädigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis und unerlaubten Entfernens vom Unfallort vor Gericht stand, eine positive Sozialprognose. Es habe in seiner Familie immer wieder Schwierigkeiten gegeben, die Eltern trennten sich, mit neun Jahren musste er sein Heimatland verlassen, verbrachte einige Zeit in Italien und kam dann nach Deutschland.

Für den Staatsanwalt stand fest: Ein Schlag ins Gesicht, egal ob als Schelle oder Faust, gehe gar nicht. Entsprechend forderte er einen Freizeitarrest und eine Geldauflage in Höhe von 500 Euro. Der Anwalt des Angeklagten verwies auf seine schwierigen familiären Verhältnisse. Für einen Arrest sehe er keinen Bedarf, zumal er dabei womöglich in schlechte Gesellschaft gerate. Er hielt eine Gesprächsweisung für angemessen. Richterin Eva-Maria Grosse beließ es bei einer Verwarnung, sprich, der Mann darf sich nichts mehr zu Schulden kommen lassen, sonst greift für ihn der Freizeitarrest. Zusätzlich muss er 600 Euro zahlen. Sie begründete ih Urteil damit, dass er reue gezeigt habe und der Schlag nur sehr leicht ausgeführt worden war.

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