Eine geschnitzte Christus-, Marien- oder Heiligenfigur von Bartholomäus oder Johann Kaspar Öberl hat wahrscheinlich jeder schon einmal gesehen. Zumindest wenn er im Bereich der Landkreise Aichach-Friedberg, Dachau, Landsberg am Lech, Donau-Ries oder Dillingen lebt und schon einmal den Fuß in eine Kirche oder Kapelle gesetzt hat. Dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass er auf einen „Öberl“ gestoßen ist, selbst wenn das dem Betrachter gar nicht bewusst war.
Etwa 150 Werke in 77 Orten in dem beschriebenen Raum kann Dr. Adelheid Riolini-Unger den Künstlern der Familie oder ihrer Werkstatt zuordnen. Die meisten stammen von Bartholomäus Öberl (1660 - 1742) und seinem Sohn Johann Kaspar (1700 – 1767). Ihnen sind auch die umfangreichsten Teile des Bandes „Die Bildhauerfamilie Öberl in Friedberg“ der Kunsthistorikerin und früheren Friedberger Museumsleiterin gewidmet, der nun erschienen ist.
Adelheid Riolini-Unger beschäftigt sich seit mehreren Jahrzehnten mit den Öberls, 1996 fand bereits eine Ausstellung unter dem Titel „Die Barockbilderhauer Bartholomäus und Johann Kaspar Öberl“ statt, in der 25 Arbeiten gezeigt wurden. In dem neuen Buch präsentiert sie nun die Ergebnisse ihrer langjährigen Forschungen. Dabei ist sie nicht nur auf neue Öberl-Werke gestoßen, sondern auch auf Hinweise zu zwei weiteren Bildhauern aus der Familie Öberl, zwei Söhnen von Bartholomäus. Das sind Georg Anton (geboren 1693) und Joseph Karl (geboren 1712). Beide wanderten später nach Böhmen aus.
Ihre Wurzeln hat die Familie in Bachern, wo Bartholomäus 1660 geboren wurde. Als Sohn eines Schreiners lernte er die Holzbearbeitung wohl bei seinem Vater, dann ging er bei dem Aichacher Bildhauer Matthias Miller in die Lehre. Später ließ er sich in Friedberg nieder, das Haus der Familie steht heute noch an der Adresse „Unterm Berg 21“.
Sein 1700 geborener Sohn Johann Kaspar war laut Adelheid Riolini-Unger der produktivste Bildhauer der Familie und übernahm später auch die Werkstatt. Er hat, wie sein Vater, auch in Stein gearbeitet, denn die Ausbildung zum Bildhauer umfasste damals auch das Steinmetzen.
Sowohl Bartholomäus wie Johann Kaspar und auch Joseph Karl, von dem Arbeiten zum Beispiel in Markt Indersdorf und Wollomoos zu sehen sind, ist ein eigener Katalogteil mit vielen Bildern gewidmet. Eine ihm vorangestellte Karte mit den Standorten der erhaltenen Öberl-Werk zeigt nochmal, dass sie schwerpunktmäßig in den Landkreisen Aichach-Friedberg und Dachau zu finden sind.
Adelheid-Riolini-Unger ordnet das Werk der Familie als bodenständig und handwerklich geprägt ein, die Formensprache sei eher konventionell. Ihre Themen seien Marien-, Christus-, Heiligen- und Engelfiguren. Häufig finde man Altarfiguren, Kruzifixe und kleinere Gruppen. Als bemerkenswert bewertet sie es, dass die Friedhauer offensichtlich wenig von den nahen Kunstzentren Augsburg und München beeinflusst waren, so dass keine signifikanten, prägenden überregionale Stilelemente festzustellen seien. Sie seien vielmehr als „Lokalmeister in der Reihe der süddeutschen Barockbildhauer“ zu sehen.
Der Band ist, gewohnt sorgfältig und hochwertig produziert, im Friedberger Likias Verlag erschienen.

Adelheid Riolini-Unger: Die Bildhauerfamilie Öberl in Friedberg. Likias Verlag, 220 Seiten, 29,80 Euro.