Als der TSV Aindling 2018 in der Relegation gegen Gersthofen aus der Landesliga Südwest absteigen musste, war Anton Schöttl schon dabei. Er ist aus der aktuellen Mannschaft quasi der letzte Mohikaner, der vor fünf Jahren den bitteren Gang nach unten mit antrat – und den Rot-Weißen auch in der Bezirksliga die Treue gehalten hat. „Ich habe damals schon gesagt, dass ich mindestens so lange bleibe, bis wir wieder aufsteigen“, sagte der 26-jährige Kapitän. Und Schöttl hat Wort gehalten: Er ist noch immer da, und auch der TSV Aindling ist seit Samstagnachmittag wieder da. Mit dem 3:2 (2:2)-Sieg beim SV Wörnitzstein-Berg fuhr er am drittletzten Spieltag den Meistertitel in der Bezirksliga Nord ein, und kehrt somit auf direktem Weg in die Landesliga Südwest zurück.
Doch bevor es nach dem Schlusspfiff die obligatorischen Bier- und Sektduschen gab, machten die Aindlinger und ihr nur spärlich ins Donauwörther Stadion Stauferpark mitgereister Anhang „eine Achterbahn der Gefühle“ durch, wie es Trainer Christian Adrianowytsch hinterher beschrieb. Denn nach 16 Minuten lag der zunächst schläfrige und indisponierte TSV mit 0:2 hinten. „Die erste Viertelstunde war vogelwild. Nach dem 0:2 dachte ich, ich bin am falschen Ort, und das wird heute nichts mehr“, blickte Adrianowytsch auf die Anfangsphase zurück.
Zu Beginn offenbarte sein Team, dessen Stärke über die gesamte Runde die defensive Stabilität war, ungewohnte Schwächen. „Hinten waren wir völlig von der Rolle“, sagte Adriano-wytsch. Ein von Maximilian Bschor getretener Freistoß von der rechten Seite wurde verlängert, und der am zweiten Pfosten mutterseelenallein gelassene Dominik Bobinger brauchte aus kurzer Distanz nur noch einzunicken (1:0, 13.). Die Gastgeber aus den Donauwörther Ortsteilen Wörnitzstein und Berg waren zu diesem Zeitpunkt die aktivere Mannschaft, waren einfach bissiger und ausgeschlafener als ihre Gäste vom Lechrain. Für die kam es nur drei Minuten nach dem Führungstreffer des SVW noch schlimmer, als sie regelrecht ausgekontert wurden. Philipp Baier konnte zwar die erste Hereingabe von Timo Zausinger noch klären, nicht mehr aber dessen zweiten Versuch, der bei David Märtins landete; der Mittelfeldspieler schob aus zehn Metern gefühlvoll ein (2:0, 16.).
„Ich hätte nicht geglaubt, dass wir noch einmal zurückkommen“, bekannte hinterher TSV-Präsident Ludwig Grammer. „Die Mannschaft hat aber Charakter“, weiß Fußballchef Josef Kigle. Und sie kam noch in der ersten Hälfte zurück – und wie. Ein Kracher ans Lattenkreuz von Aykut Atay (20.) war so etwas wie der Hallo-wach-Effekt. Die Aindlinger drückten aufs Gaspedal und wenn sie einmal das Tempo anziehen, können nur wenige in der Liga mithalten.
Vor allem über ihre rechte Angriffsseite initiierten die Rot-Weißen immer wieder gefährliche Vorstöße. Der in dieser Saison so lange verletzte Gabriel Merane war zum richtigen Zeitpunkt wieder voll auf der Höhe. Innerhalb von vier Minuten egalisierten die Gäste den Rückstand, beide Male war Merane maßgeblich beteiligt. Beim 1:2 hätte er selbst den Abschluss suchen können, nach seinem eher bescheidenen Pass auf Atay schien die Chance schon vorbei zu sein. Der Ex-Ecknacher behauptete jedoch den Ball, bediente Antonio Mlakic, dessen Hereingabe der spielende Co-Trainer Benjamin Woltmann über die Line drückte (2:1, 30.).
War das 1:2 eher erzwungen, so war der Ausgleich zum Mit-der-Zunge-Schnalzen. Vom eigenen Kasten weg brauchten die Aindlinger nur drei Stationen. Über Baier und Merane kam der Ball zu Moritz Wagner, der aus 16 Metern überlegt einschoss (2:2, 34.). „Dann hätten wir eigentlich zur Pause 3:2 oder 4:2 führen müssen“, fand Adrianowytsch angesichts der Möglichkeiten für Mlakic (37.) und Wagner (42.).
Mit Beginn des zweiten Durchgangs war der Aindlinger Spielfluss jedoch wie weggeblasen. Die Gastgeber hatten sogar die gefährlicheren Aktionen, bedingt auch durch eine Nachlässigkeit von Dominic Robinson. Anstatt die Kugel zu Robin Scheurer zurückzuspielen, vertändelte der linke Außenverteidiger sie gegen Dominik Marks, der im letzten Moment noch von Baier gestoppt wurde (62.).
Mit Beginn der „Crunchtime“, also wenn’s drauf ankommt, deutete sich dann doch irgendwie an, dass den Aindlingern noch etwas Entscheidendes gelingen würde. Es wäre natürlich die Geschichte des Spiels gewesen, wenn dem zuletzt zwei Monate verletzten und eingewechselten Torjäger Markus Gärtner der Siegtreffer gelungen wäre. Aber diesen Part übernahm am Samstag Merane. Mlakic hatte für ihn durchgesteckt und Merane dann aus zehn Metern flach in die linke untere Ecke vollstreckt (2:3, 81.) – es war das Tor zur Meisterschaft.
Etwas mehr als zehn Minuten später ertönte der Schlusspfiff, der zugleich der Auftakt zur Aindlinger Jubelfeier auf der Tribüne sowie im und vor dem Kabinentrakt war. Für Schöttl, den Kapitän des Doublegewinners – vor knapp 14 Tagen wurde der TSV Kreispokalsieger – schloss sich mit der Landesliga-Rückkehr der Kreis – wie auch für den TSV Aindling. Denn ausgerechnet an der Stelle, wo sie 1996 mit dem Bayernliga-Aufstieg den größten Erfolg der Vereinsgeschichte vor der Jahrtausendwende feierten, wurden die Rot-Weißen jetzt Bezirksliga-Meister.