Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 05.03.2023 09:58
Besetzung der Regierung von Schwaben wegen Rodung des Bannwalds in Meitingen Klimacamp (Foto: Klimacamp Augsburg)
Besetzung der Regierung von Schwaben wegen Rodung des Bannwalds in Meitingen Klimacamp (Foto: Klimacamp Augsburg)
Besetzung der Regierung von Schwaben wegen Rodung des Bannwalds in Meitingen Klimacamp (Foto: Klimacamp Augsburg)
Besetzung der Regierung von Schwaben wegen Rodung des Bannwalds in Meitingen Klimacamp (Foto: Klimacamp Augsburg)
Besetzung der Regierung von Schwaben wegen Rodung des Bannwalds in Meitingen Klimacamp (Foto: Klimacamp Augsburg)

Drei Klima-Demonstranten haben im Oktober des vergangenen Jahres das Büro des damaligem Regierungspräsidenten Erwin Lohner besetzt und mit einer Plakataktion ihn persönlich kritisiert für eine nach Ansicht des Trios rechtswidrigen Ausnahmegenehmigung. Einer der drei Demonstranten steht heute vor dem Amtsgericht Augsburg. Ihm wird üble Nachrede und Hausfriedensbruch vorgeworfen.

Auslöser für die Aktion im Oktober 2022 war die Teilrodung des Meitinger Lohwaldes. Die Lech-Stahlwerke wollen sich vergrößern und benötigen mehr Platz. Die Erweiterung wird von Nachbarkommunen, Bürgerinitiativen und Naturschutzverbänden äußert kritisch gesehen. Als dann der Marktgemeinderat Meitingen unter Bedingungen wie umfangreiche Ersatzpflanzungen und ökologische Ausgleichsmaßnahmen die Rodung erlaubte, wollten die Gegner, denen sich auch das Klimacamp Augsburg angeschlossen hatte, die Erlaubnis gerichtlich überprüfen lassen. Dem waren die Lech-Stahlwerke mit einer Rodung von rund fünf Hektar Wald zuvor gekommen.

Als Schuldigen hatten die Demonstranten aus dem Klimacamp die Regierung von Schwaben und insbesondere Regierungspräsident Lohner ausgemacht: Eine Frau seilte sich vom Gebäude der Regierung von Schwaben ab, zwei Männer verharrten im Büro des Regierungspräsidenten. Auf einem Banner, das sie am Gebäude anbrachten, stand: „Lohwald-Rodung genehmigen trotz laufender Gerichtsverfahren? Frech!”. Eine Mitteilung des Klimacamps konkretisierte die Vorwürfe. Darin wurde Lohner aufgefordert, „dass er sich für eine Ausnahmegenehmigung zur Teilrodung des Meitinger Lohwalds verantwortet”, denn „trotz anhängiger Klagen vor Bayerns höchstem Verwaltungsgericht”, habe dieser die Genehmigung erteilt. Nach Ansicht der Waldschützer hat sich die Regierung von Schwaben mit der Genehmigung nicht nur über die Gemeinde Meitingen hinweggesetzt, sondern auch über den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, bei dem das Bündnis aus mehreren Initiativen, unter anderem der Bund Naturschutz, die Bürgerinitiative Lech-Schmuttertal, die „Aktionsgemeinschaft zum Erhalt des Bannwalds bei Meitingen” und das Klimacamp, eine Normenkontrollklage gegen den Vertrag eingereicht hatten. Diese Normenkontrollklage selbst habe zwar keinen einstweiligen Rechtsschutz gegen die Rodung entfaltet, nach Auffassung der Aktivisten hätte eine Rodung nach dem abgeschlossenen Vertrag aber erst im Herbst 2023, nach Abschluss des Verfahrens am Verwaltungsgerichtshof, stattfinden können. „Die Regierung von Schwaben erteilte ihre Ausnahmegenehmigung ohne Anhörung oder Inkenntnissetzung der vor dem VGH klageführenden Parteien”, hieß es in der Mitteilung des Klimacamps. „Dies war vermutlich rechtswidrig”, so Lisa Eberlein, die Rechtsanwältin des Bündnisses, nach einer ersten Prüfung des Sachverhalts. Das Bannwald-Bündnis sei so der Möglichkeit beraubt worden, gegen die Ausnahmegenehmigung einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen.

Doch nach einer Stellungnahme der Regierung von Schwaben stimme das so nicht.” Die Rodung des Lohwalds in Meitingen bedurfte keiner Genehmigung der Regierung von Schwaben. Sie erfolgte in Umsetzung des Bebauungsplanes der Gemeinde Meitingen”, teilte die Regierung mit. Tatsächlich habe sich die von den Lech-Stahlwerken beantragte artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung auf die „Rodung von 18 klar kartierten Bäumen” bezogen, für den Fall, dass Fledermäuse möglicherweise zu Schaden kommen könnten. „Ausschließlich für diese Entscheidung über den Schutz gefährdeter Tierarten ist die Regierung von Schwaben zuständig”, heißt es in der Pressemitteilung der Regierung. „Die höhere Naturschutzbehörde der Regierung von Schwaben hat diese Genehmigung unter Festsetzung strenger Auflagen erteilt.” Noch in der Mitteilung kündigte die Regierung an, „wegen dieses Vorfalls und der in der Öffentlichkeit geäußerten falschen Behauptungen Strafanzeige” stellen zu wollen.

Nun muss sich der Angeklagte vor dem Gericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, in der Presseerklärung des Klimacamps Korruptionsvorwürfe gegen den Regierungspräsidenten Lohner erhoben zu haben. „Da die behaupteten Korruptionsvorwürfe nicht erweislich wahr sind, wird dem Angeklagten üble Nachrede vorgeworfen”, teilt das Amtsgericht mit. Weiter werde dem Angeklagten vorgeworfen, dem ihm gegenüber ausgesprochenen Hausverbot keine Folge geleistet zu haben und geäußert zu haben, das Gebäude erst zu verlassen, wenn ein Gespräch mit dem Regierungspräsidenten stattfinde. Auf der Straße vor dem Regierungsgebäude waren zudem mit Kreide aufgebrachte Schriftzüge zu lesen, die erneut Korruptionsvorwürfe gegen den Regierungspräsidenten enthielten.

Dem Angeklagten wird „gegen eine Person des öffentlichen Lebens gerichtete üble Nachrede in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Hausfriedensbruch vorgeworfen”, erklärt das Amtsgericht. Gegen einen Strafbefehl über eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen habe der Angeklagte Einspruch eingelegt. In einer Pressemitteilung kommentiert das Klimacamp den Strafbefehl so: „Die Bestrafungsfantasie der Staatsanwaltschaft sieht 18.000 Euro vor.” Der Verhandlungsbeginn unter Leitung von Richterin Beate Christ ist auf 9 Uhr festgesetzt.


Markus Höck
Markus Höck

Redakteur Augsburg-Redaktion

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