Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 19.01.2023 13:38

Vom Essen besessen. Das wollte Kollegin N. schon immer schreiben. Denn die Frage „Was soll ich bloß kochen?“ treibt N. Tag für Tag um. Schließlich muss sie zuhause gleich vier Leckermäuler zufriedenstellen und nicht nur eins. Folgende Rahmenbedingungen sind zu beachten: Schnell muss es gehen, gesund und ausgewogen soll es sein und auf jeden Fall mit Käse. Dabei hat jedes hungrige Familienmitglied eine ganz eigene Vorliebe, die bedacht sein will. Bereits einfachste Speisen wie Spiegeleier geraten hier zur Wissenschaft: schön flüssig, um das Eigelb mit Brotstückchen bearbeiten zu können oder doch lieber mehrfach gewendet und kross. Und dann das tägliche Rätselraten, was die kleinen und großen Gourmets in Schule oder Büro schon zu sich genommen haben. Denn auch wenn Schnitzel ganz oben auf der Speisewunschliste der kompletten Familie steht, zweimal an einem Tag muss es dann doch nicht sein.

Um Diskussionen aus dem Weg zu gehen, hatte N. die Idee, einen Wochenplan in der Küche auszuhängen – auch mit der Bitte um Ideen. Schnelle Entscheidungen, kurze Einkaufstouren schwebten N. vor. Leider ging der Plan nicht auf: Die Pinnwand, an die N. den Zettel geheftet hatte, wurde ignoriert. Und beim Abendessen folgte dann prompt der Sturm der Entrüstung über das Linsengericht, die Leibspeise aus N.s baden-württembergischer Heimat. Da konnten auch die Wienerle nichts retten, die zwischen den Linsen im Kochtopf schwammen.

Inzwischen hat sich N. damit abgefunden, dass Erbsen und Rosenkohl liegen bleiben. Dass sie beim Servieren der Suppe mit dem Hinweis „Es kann nicht immer Schweinekrustenbraten und Schnitzel geben“ lange Gesichter erntet und dass bei Oma alles besser ist, denn „die Oma macht mir immer Hähnchenschenkel“. Dort werden nämlich noch am Vorabend Essenswünsche entgegen genommen, damit die Leibspeisen pünktlich und heiß am nächsten Tag auf dem Tisch stehen. Daraus hat N. eine neue Strategie zur Essens-Diskussions-Vermeidung entwickelt: Vor dem Schlafengehen frägt sie nun jeden Abend ganz unschuldig: „Wollt Ihr nicht noch bei Oma anrufen?“

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