Eigentlich sollte der Aichacher Stadtplatz ab 1. Juli busfrei sein. Daraus wird zunächst nichts. Hintergrund sind massiv gestiegene Kosten, die der Augsburger Verkehrsverbund (AVV) angemeldet hat. Statt 34 000 Euro soll die Stadt ab 2024 mehr als 61 000 Euro jährlich zahlen. Nicht nur weil die neuen Zahlen äußert kurzfristig, zwei Tage vor der Stadtratssitzung am Donnerstagabend, angemeldet wurden, gab es dort heftige Kritik am AVV. Nun soll mit dem Verkehrsverbund verhandelt werden, das Ziel eines busfreien Stadtplatzes wird für 1. Januar 2024 angepeilt.
Eigentlich hätte der lange und komplizierte Prozess am Donnerstag vom Stadtplatz abgeschlossen werden sollen, nachdem der Bauausschuss Ende März einstimmig für das Konzept votiert hat. Bereits im Herbst 2021 hatte der Stadtrat beschlossen, die Linien-Busse aus der Stadt zu verbannen. Das geschah im Umfeld der Diskussionen um eine autofreie Zone am Oberen Stadtplatz.
Die höheren Kosten hängen damit zusammen, dass ein Verfahren über die Vergaben eines sogenannten Linienbündels sich über Jahre bis zum europäischen Gerichtshof hingezogen hat. Das Verfahren ist nun abgeschlossen (wir berichteten), nun werden aber, wie Ordnungsamtsleiter Stefan Beer die Stadträte informierte, vom AVV deutlich höhere Kilometerpreise aufgerufen (siehe Kasten). Die Auswirkungen für 2023 wären nicht so gravierend, es fielen 19 370 statt etwa 17 000 Euro an. Ab 2024 muss man aber einer massiven Steigerung und ab 2026 mit weiteren Erhöhung wegen Preisindexanpassungen ausgehen.
Die Kritik an dem Verkehrsverbund fiel im Stadtrat ungewöhnlich heftig aus. Während Bürgermeister Klaus Habermann sich über die Kurzfristigkeit ärgerte und – einmal mehr – das derzeitige System des öffentlichen Nahverkehrs im AVV-Verbund in Frage stellte, hatte Raymund Aigner (CSU) „Ungereimtheiten“ in den Unterlagen entdeckt, Erich Echter (CWG) konnte dagegen seien Zorn kaum bremsen und nannte den AVV „eine unseriöse Truppe“, es sei „wahnsinnig, wie Du uns abzocken“.
Erschwerend kommt hinzu, dass der AVV eine Entscheidung bis 30. April gefordert hatte, wenn am Zeitpunkt 1. Juli festgehalten werden soll. Einen Start zum 1. Juli als Probebetrieb, den man zu Nachverhandlung nutzt und eventuell wieder einstellt, hat der AVV ausgeschlossen.
Auch Zweiter Bürgermeister Josef Dußmann (CSU) stellte die System-Frage im AVV, wies aber auch auf den Zusammenhang mit der zukünftigen Gestalt der Innenstadt hin: „Wenn wir die Busse nicht rausbekommen, wird es keine Verkehrsberuhigung am Stadtplatz geben.“
Damit sprach er die politische Dimension der in Aichach traditionell höchst umstrittenen Frage an, welche Rolle Autos in der Innenstadt spielen sollen. Während beispielsweise SPD, Grüne und auch Teile der CSU einen busfreien Stadtplatz mit einer autofreien Zone verbinden, die nur einen Teil des oberen Stadtplatzes umfassen soll, verneinen diesen Zusammenhang die FWG und die kleineren Gruppierungen.
Nicht überraschend, plädierten deshalb unter anderem SPD-Fraktionsvorsitzende Kristina Kolb-Djoka und ihre Grünen-Kollegin Marion Zott, aber auch Hermann Langer (CSU) dafür, das Ziel einer autofreien Zone im Fall einer Verschiebung nicht aus den Augen zu verlieren.
Wie sieht nun das weitere Vorgehen aus? Bis auf Helmut Beck (CSU) stimmte der gesamte Stadtrat einem von Bürgermeister Habermann formulierten, mehrteiligen Vorschlag zu. Demnach wurde die endgültige Entscheidung zurückgestellt, die Stadt wird mit dem AVV nochmals über die Kosten verhandeln, zudem soll ein AVV-Mitarbeiter zu einer Stadtratssitzung eingeladen werden, um Frage und Antwort zu den hohen Kosten zu stehen. Als Ziel wurde formuliert, die Busse spätestens bis 1. Januar 2024 aus der Innenstadt draußen zu haben.