Es ist für die Region aktuell das größte Verkehrsprojekt: der Bahnausbau zwischen Augsburg und Ulm. Der Augsburger Stadtrat hat sich nun einer Resolution angeschlossen, auf deren sieben Punkte man sich Ende Januar als Ergebnis einer Bahnkonferenz verständigt hatte. Im Vorfeld zu seiner Entscheidung hatte der Stadtrat die Gelegenheit, sich die Hintergründe zum Ausbau von Bahnvertretern und Verkehrsexperten erläutern zu lassen. Auch Bahnbevollmächtigter für Bayern Klaus-Dieter Josel richtete das Wort an das Kommunalparlament. Doch eine der entscheidenden Fragen konnte selbst er nicht beantworten.
„Die Schiene erlebt eine Renaissance”, berichtete Josel. Doch freilich muss einer solchen Wiedergeburt erst einmal ein Sterben vorausgehen. Und das trifft offenbar auf die Bahn voll zu, zumindest auf die Infrastruktur. Immer wieder betonte Josel, dass die „derzeitige Infrastruktur überaltert” ist, auch die Strecke zwischen Augsburg und Ulm. Schuld daran sei nicht die Bahn selber, sondern der Bund. „Wir können nur so viel Geld in Ausbau und Unterhalt investieren, wie uns zur Verfügung gestellt wird”, so Josel.
Damit eng verknüpft ist die entscheidende Frage, ob der Augsburger Hauptbahnhof überhaupt bereit ist für einen Deutschlandtakt und den Ausbau der Strecke. Die Antwort darauf blieb Josel schuldig. Derzeit laufe noch immer eine Untersuchung aller Knoten bezüglich der Leistungsfähigkeit. Mit einem Ergebnis sei erst im Sommer zu rechnen. Aber er versicherte den Mitgliedern des Stadtrats: „Die Leistungsfähigkeit der Knoten ist auch unser Anliegen.” Schließlich ergebe es keinen Sinn, wenn die Fahrzeit zwischen den Bahnhöfen für den Deutschlandtakt verkürzt werde, sich die Züge aber dann bei der Einfahrt stauen.
Was genau der Deutschlandtakt eigentlich sein soll, dazu referierte Clemens Loos, der Vorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in Bayern. Er erklärte das Prinzip eines „Integralen Taktfahrplans”, das einen durchgehenden Takt ohne Lücken bezeichne. Ziel sei es, dass sich alle Züge an Knotenbahnhöfen treffen und von dort mindestens in einem Stundentakt in alle Richtungen Fahrtmöglichkeiten bestehen. Fern- und Nahverkehr sollen dabei optimal aufeinander abgestimmt sein. Auch Loos betonte, dass für eine Umsetzung des Deutschlandtakts „ausreichend Bahnsteigkanten” zur Verfügung stehen müssten. Aus dieser Grundidee ergebe sich die geforderte Fahrtzeit zwischen den Knoten von knapp unter einer halben Stunde beziehungsweise ein Vielfaches davon, was wiederum abhängig von Stand und Pufferzeiten sei. Für die Strecke zwischen Augsburg und Ulm sind es die 26 Minuten, die wiederum eine der Grundlagen für die Trassenfindung durch Projektleiter Markus Baumann und sein Team sind.
„Die Strecke hat keine Kapazitäten mehr”, betonte Baumann die Dringlichkeit des Ausbaus. Er veranschaulichte das anhand des neuen Fahrplans. Mit ihm sei lediglich ein zusätzlicher Fernverkehrszug dazugekommen. Doch hätte das für den Nahverkehr durch Wartezeiten teilweise bis zu 15 Minuten längere Fahrzeiten zur Folge. Darum müssten, um wieder freie Kapazitäten für den Nahverkehr zu schaffen, die zwei neuen Gleise gebaut werden.
Baumann teilte dem Stadtrat mit, dass man inzwischen vier mögliche Trassenverläufe an die Regierung von Schwaben weitergegeben habe, die nun im Raumordnungsverfahren die Öffentlichkeit beteiligt, Gutachten einholt und schließlich eine landesplanerische Beurteilung der Trassen abgibt. Auf dieser Grundlage soll eine Vorzugsvariante gefunden werden, über die dann der Bundestag zu entscheiden hat. Welche das sein wird, lässt sich noch nicht absehen, doch Baumann deutete an, dass der Ausbau der Bestandsstrecke offenbar deutlich teurer und zeitintensiver werden würde: Zwischen Augsburg und Diedorf müssten erst die bestehenden Gleise komplett herausgerissen werden, bevor die neuen verlegt werden können. Einfach nur zwei zusätzliche Gleise nebendran zu verlegen wäre nicht möglich.
Für die allermeisten Stadtratsmitglieder dürfte schon vor den Ausführungen der Experten festgestanden haben, dass sie den Ausbau der Bahnstrecke unterstützen. Mit dem einstimmigen Votum für die Resolution machten sie Augsburgs Standpunkt und die Geschlossenheit der Region nochmals deutlich.
Und dann gab es doch noch eine Überraschung: Klaus-Dieter Josel signalisierte auf die Bitte von Stadtrat Deniz Anan (Grüne), die Bereitschaft, noch einmal über den Posttunnel am Hauptbahnhof nachzudenken und eine dauerhafte Öffnung als zusätzliche – und vor allem barrierefreie – Zugangsmöglichkeit zu den Bahnsteigen nicht mehr kategorisch auszuschließen.