Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 23.12.2017 12:00

Findelkind im Glück

Christian kuschelt sich an seine Pflegemutter.  Sie ist die wichtigste Person im Leben des Jungen, der vor neun Jahren von seiner leiblichen Mutter in eine Krippe in der Pöttmeser Pfarrkirche gelegt wurde - in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Plan ging auf. 	Fotos: privat (Fotos: privat)
Christian kuschelt sich an seine Pflegemutter. Sie ist die wichtigste Person im Leben des Jungen, der vor neun Jahren von seiner leiblichen Mutter in eine Krippe in der Pöttmeser Pfarrkirche gelegt wurde - in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Plan ging auf. Fotos: privat (Fotos: privat)
Christian kuschelt sich an seine Pflegemutter. Sie ist die wichtigste Person im Leben des Jungen, der vor neun Jahren von seiner leiblichen Mutter in eine Krippe in der Pöttmeser Pfarrkirche gelegt wurde - in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Plan ging auf. Fotos: privat (Fotos: privat)
Christian kuschelt sich an seine Pflegemutter. Sie ist die wichtigste Person im Leben des Jungen, der vor neun Jahren von seiner leiblichen Mutter in eine Krippe in der Pöttmeser Pfarrkirche gelegt wurde - in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Plan ging auf. Fotos: privat (Fotos: privat)
Christian kuschelt sich an seine Pflegemutter. Sie ist die wichtigste Person im Leben des Jungen, der vor neun Jahren von seiner leiblichen Mutter in eine Krippe in der Pöttmeser Pfarrkirche gelegt wurde - in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Der Plan ging auf. Fotos: privat (Fotos: privat)

„Sowas vergisst man nie”, sagt er, „eine solche Situation geht ins Herz.” Thomas Rein betrat an jenem Tag gegen 13.30 Uhr die Pöttmeser Kirche und hörte ein leises Wimmern. Es hatte nur elf Grad. Als Rein sah, dass in der zur Adventszeit aufgestellten Krippe ein Baby lag, hat er ohne lange zu überlegen richtig reagiert. Er nahm das Neugeborene, das gerade mal eine Stunde alt war, auf den Arm und trug es in sein beheiztes Büro. Von dort aus verständigte er den Notarzt. In der Neuburger Kinderklinik kümmerte man sich um den kleinen Jungen, der passend zur Weihnachtszeit Christian genannt wurde.

Diese Geschichte ging um die Welt. Medien berichteten über Deutschlands Grenzen hinaus vom Pöttmeser Findelkind, das wie der kleine Jesus in der Krippe lag, in die die Gläubigen normalerweise symbolisch echtes Stroh legen. Die Kripo war auf der Suche nach der Mutter schnell fündig geworden. Aus der Meldung „Kind in Kirche abgelegt” schlossen die Beamten prompt osteuropäische Herkunft - was der Wahrheit entsprach. Die Mutter ist Rumänin und war als Saisonarbeiterin in der Region angestellt. „Eine Deutsche wirft ihr Kind eher in die Mülltonne”, hat sich Pfarrer Rein von den Ermittlern sagen lassen. Die damals 38-Jährige kam aus ärmsten Verhältnissen, hatte bereits drei Kinder in der Heimat und sah sich nicht im Stande, ein weiteres Kind aufzuziehen. Nachdem sie den Buben ohne Hilfe entbunden hatte, lief sie rund eineinhalb Kilometer weit mit dem frisch geborenen, in ein Hemdchen gewickelten Baby, das sie in der Hoffnung auf ein besseres Leben in die Pöttmeser Pfarrkirche legte. Ihr Plan ging auf.

„Der Junge hatte Glück im Unglück”, sagt Rein. Er fand eine Pflegefamilie, die sich seit Beginn an rührend um ihn kümmert. Das ist umso bemerkenswerter, da Christian schwer behindert ist. Er hat Gehirnschäden, sieht schlecht, kann weder laufen noch sprechen. Bei der Familie, die im Landkreis Aichach-Friedberg wohnt, bekommt Christian alles an Förderung, was möglich ist. „Er hat ein straffes Programm, geht zur Logopädie, Blindenschule, Physiotherapie und zum Schwimmen”, zählt Rein auf. Zudem besucht er die zweite Klasse einer besonderen Einrichtung in Augsburg.

Die Familie, in der Christian aufwächst, sei das Beste, was dem Jungen in dieser Situation passieren konnte. „Die Pflegemutter hat ein sehr großes Herz”, sagt Rein. Die Frau hatte damals von Christians Geschichte im Autoradio gehört und dachte, „das ist ein Kind für mich”. Als sie nach Hause kam, war eine Nachricht des Jugendamtes auf dem Anrufbeantworter. Diesem war die Frau, die ebenfalls rumänische Wurzeln hat, bekannt, da sie bereits mehrere Pflegekinder in ihrer Obhut gehabt hatte, die sie aber immer wieder an die leiblichen Mütter zurückgeben musste. Christian darf bei ihr bleiben. Seit seinem zweiten Lebenstag ist die Pflegemama an seiner Seite. Der Neunjährige wächst mit zwei weiteren Buben auf. Ein Bruder ist in der ersten Klasse und ebenfalls ein Pflegekind, der andere geht noch in den Kindergarten und ist der Enkel der Pflegemutter, deren Tochter im gleichen Haus wohnt. Das engste Verhältnis hat das Findelkind zweifelsohne zur Pflegemutter. „Wenn er ihre Stimme hört, lacht er”, erzählt Pfarrer Rein. Obwohl man nicht feststellen kann, wieviel Christian tatsächlich von der Außenwelt mitbekommt, ist deutlich erkennbar, dass er auf seine Familie reagiert. „Wenn er Hunger hat, sagt er ham”, weiß Rein.

Mehr dazu lesen Sie in der Ausgabe der AICHACHER ZEITUNG vom 23. Dezember 2017.


Von Tanja Marsal
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