Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 04.06.2018 12:00

Speedway: Erik Bachhuber rast knapp am Gesamtsieg vorbei

Erik Bachhuber driftet   vor seinem Vereinskamderaden Tim Wunderer in die Kurve.	Fotos: Siegfried Kerpf (Fotos: Siegfried Kerpf)
Erik Bachhuber driftet vor seinem Vereinskamderaden Tim Wunderer in die Kurve. Fotos: Siegfried Kerpf (Fotos: Siegfried Kerpf)
Erik Bachhuber driftet vor seinem Vereinskamderaden Tim Wunderer in die Kurve. Fotos: Siegfried Kerpf (Fotos: Siegfried Kerpf)
Erik Bachhuber driftet vor seinem Vereinskamderaden Tim Wunderer in die Kurve. Fotos: Siegfried Kerpf (Fotos: Siegfried Kerpf)
Erik Bachhuber driftet vor seinem Vereinskamderaden Tim Wunderer in die Kurve. Fotos: Siegfried Kerpf (Fotos: Siegfried Kerpf)

Erik Bachhuber hat gleichsam die Ehre der Buben gerettet. Gegen ein Mädchen zu verlieren, ist aber keine Schande. Denn Celina Liebmann ist zurzeit das Maß aller Dinge beim Speedway-Nachwuchs. Das anerkennen auch die Väter Stephan Wunderer und Stefan Bachhuber. „Celina ist einfach die Beste im Moment”, sagt Wunderer, der beim MSC Sport-, Touren- und Jugendleiter ist. Bachhuber ergänzt, Celina sei wieder „megamäßig” gefahren. Die 16-Jährige aus dem 1500-Seelen-Dorf Albaching (bei Wasserburg) erzählt, es komme schon mal vor, dass Buben „eingeschnappt” seien und „nicht mehr mit ihr reden” würden, wenn sie ihnen wieder mal den Auspuff gezeigt hätte. Celina Liebmann lernt Kinderpflegerin. Demnächst hat sie Abschlussprüfungen. Danach will sie sich zur Erzieherin ausbilden lassen. Jürgen Liebmann ist zehn Jahre (2004 bis 2014) Eis-Speedway gefahren, den noch verwegeneren Bruder der Sandbahnrennen. Er ist nicht nur Celinas Vater, sondern auch ihr Mechaniker und Sponsor. Diese Konstellation gibt es öfter beim Speedway. Die Tochter hat schon einiges hinter sich: Schlüsselbein- und Oberarmfraktur, bei der „Deutschen” 2017 in Güstrow hat sie sich bei einem Sturz den sechsten und zehnten Brustwirbel gebrochen. Die Ärzte in einem Rostocker Krankenhaus setzten ihr eine Titanplatte ein. Vorher habe er alles weggesteckt, aber bei dieser Verletzung sei es ihm schon „mulmig” geworden, gesteht Jürgen Liebmann.

Celina Liebmann fährt im vierten Jahr in der 250er-Klasse. Nach dieser Saison ist Schluss, das verlangt das Reglement. 2019 wird sie in die Halbliterklasse wechseln. Das ist einmalig in dieser Vollgasbranche. Dann muss der Teenie ein Ungetüm mit nicht nur 42, sondern mit 75 Pferdestärken zähmen. Der Vater traut es der Tochter zu. Gestern konnte Celina Liebmann schon mal üben, bei ihrer 500-ccm-Premiere unter Wittstocker Flutlicht, 150 Kilometer nördlich von Berlin. Dafür musste Jürgen Liebmann in der Nacht noch schnell die Motoren in den zwei Speedway-Maschinen tauschen. Im Jahr legt er zu 35 bis 40 Rennen 50 000 Kilometer zurück. Aber das ist bei den Wunderers und Bachhubers nicht anders.

„Normalerweise gewinne ich”, sagt Celina Liebmann selbstbewusst. Zum Beispiel ihre ersten drei Rennen am Donnerstag. Der vierte Lauf mittags um zwölf, in dem es Celina Liebmann mit ihren MSC-Kollegen Erik Bachhuber und Tim Wunderer zu tun hatte, war der packendste. Bachhuber lag bis zur letzten der vier Runden auf dem 398-Meter-Sandoval vorne, aber dann zog Liebmann innen am 14-Jährigen vorbei. Im fünften Lauf revanchierte sich der Obergriesbacher mit einem beeindruckenden Start-Ziel-Sieg. „Das war mein bester Start heute, ich bin super zufrieden”, freute sich Erik Bachhuber, der deutsche Meister 2016 und 2017 in der 125er. Celina Liebmann dagegen verpatzte den Start in diesem Rennen. Die Drehzahl ging in den Keller, weshalb sie gleich entscheidend zurückfiel und abgeschlagen nur Dritte wurde. „Die Spitze ist so dicht beieinander, da kannst du so einen Rückstand nicht mehr aufholen”, meinte der Vater. Aufgrund der Majorität der ersten Plätze (3:2) holte sich Celina Liebmann jedoch Platz eins im Gesamtresultat vor dem zählergleichen Erik Bachhuber (je zehn). Die Punkte sind wichtig für die Qualifikation zur „Deutschen”, die am 22. Juli ebenfalls in Olching über die Bühne gehen wird.

Tim Wunderer hatte mit dem Ausgang der ersten drei Rennen nichts zu tun und war bitter enttäuscht. Ausgerechnet in seinem Heimrennen, zu dem die ganze Verwandschaft und die Freunde gekommen waren, fuhr der 125er-Weltmeister von 2016 hinterher. Im Fahrerlager grübelte die Wunderer-Truppe, woran es wohl lag, dass Tim zwar beim Start immer vorne dabei war, aber beim Beschleunigen aus den Kurven heraus stets an Boden verlor. Erst in der Mittagspause gelang es den Experten, das Rätsel zu lösen. Ursache des Übels war eine zu kleine Düse, die Tim Wunderer selbst eingebaut hatte. Bei der Hitze wäre eine solche besser, glaubte er. Ein Trugschluss. „Mein Fehler”, räumt er hinterher ein. Mit einer größeren Düse, die mehr des Treibstoffs Methanol durchfließen ließ, war das Dilemma behoben.

In seinem vierten Rennen war der 17-Jährige wieder ganz der Alte und setzte sich mit großem Vorsprung durch. Es war zumindest ein versöhnlicher Abschluss. Schade nur, dass der Griesbeckerzeller dabei weder Celina Liebmann noch Erik Bachuber als Widersacher hatte, sondern Maximilian Troidl (MSC Abensberg), Maximilian Pongraz (AC Landshut) und Leon Krusch (MSV Herxheim). Wunderer wurde durch diesen Sieg mit sieben Punkten noch Gesamtdritter. Das Podium war somit ganz vom MSC Olching besetzt.

Die letzten zwei Rennen der Viertelliterklasse waren am Nachmittag in den Höhepunkt der Veranstaltung eingebettet. Bei den German Open, letztmals vor drei Jahren ausgetragen, zog die 16-köpfige Speedway-Elite die Schaulustigen, die es sich wie beim Picknicken auf den Naturtribünen gemütlich gemacht hatten, in 20 Läufen in ihren Bann. Die meisten waren wegen Martin Smolinski, 44, gekommen. Wenn der Lokalmatador und seine Rivalen mit quergestellten Vorderrädern waghalsig in die Kurven drifteten, spritzte der Ziegelstaub über die Luftkissen (Air Fences) an der Bande auf die Zuschauer. Der Lärm bei den 500ern war noch ohrenbetäubender als bei den 250ern und verschlang den Geräuschpegel des Volksfestes nebenan. Mit dem fünften Triumph Smolinskis, über Jahre der beste deutsche Speedway-Fahrer, wurde es nichts. Der Brite Robert Lambert gewann jeden seiner fünf Läufe, Smolinski deren drei. Die Besucher waren trotzdem begeistert und jubelten ihrem Idol zu. Der MSC-Heros erreichte in seinem schnellsten Lauf 85,6 Stundenkilometer im Schnitt, Celina Liebmann kam auf 78,5.

Stephan Wunderer konnte mit der Kulisse von knapp 3000 ganz gut leben, gab aber zu bedenken, dass früher 18 000 Menschen das Stadion füllten. Zu Zeiten eines Egon Müller, des einzigen deutschen Speedway-Weltmeisters, Anfang der Achtziger waren die Sandbahn-Spektakel fester Bestandteil der Sportsendungen im Öffentlich-Rechtlichen. Heute sind sie im Internet verschwunden. Kein Fernsehen, keine Sponsoren - keine Sponsoren, kein Geld. Es ist ein Teufelskreis. Inzwischen sei Speedway dabei, langsam verlorenen Boden zurückzuholen, blickt Stephan Wunderer optimistisch in die Zukunft. Mit Schnuppertrainings in Olching hat der Inhaber einer Putz- und Baufirma einen wesentlichen Beitrag dafür geleistet.

Stefan Bachhuber, früher selbst ein nationaler Spitzenfahrer, war angetan von der Vorstellung seines Filius. „Ein super Ergebnis, wenn man bedenkt, dass es erst Eriks siebtes Rennen in der 250er war.” Am wichtigsten war Vater Bachhuber aber, dass „alle Kinder gesund von der Bahn gegangen sind und wir keinen Sanka gebraucht haben”.

Am kommenden Samstag fährt Erik Bachhuber im dänischen Randers das Halbfinale der Europameisterschaft. Gehört er zu den besten acht, ist er am Sonntag im Finale dabei. Altersbedingt dürfen Celina Liebmann und Tim Wunderer an der EM nicht mehr teilnehmen.


Von Heribert Oberhauser
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