Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 18.05.2016 12:00

Speedway: Tim Wunderer kriegt Übergang von der 125er zur 250er wunderbar hin

Im Mekka des Bahnsports   feiert Tim Wunderer mit dem Sieg bei der Youth Gold Trophy seinen bisher größten Triumph. Links sein Landsmann Lukas Wegener, rechts der Pole Karol Zupinski. 	Foto: privat (Foto: privat)
Im Mekka des Bahnsports feiert Tim Wunderer mit dem Sieg bei der Youth Gold Trophy seinen bisher größten Triumph. Links sein Landsmann Lukas Wegener, rechts der Pole Karol Zupinski. Foto: privat (Foto: privat)
Im Mekka des Bahnsports feiert Tim Wunderer mit dem Sieg bei der Youth Gold Trophy seinen bisher größten Triumph. Links sein Landsmann Lukas Wegener, rechts der Pole Karol Zupinski. Foto: privat (Foto: privat)
Im Mekka des Bahnsports feiert Tim Wunderer mit dem Sieg bei der Youth Gold Trophy seinen bisher größten Triumph. Links sein Landsmann Lukas Wegener, rechts der Pole Karol Zupinski. Foto: privat (Foto: privat)
Im Mekka des Bahnsports feiert Tim Wunderer mit dem Sieg bei der Youth Gold Trophy seinen bisher größten Triumph. Links sein Landsmann Lukas Wegener, rechts der Pole Karol Zupinski. Foto: privat (Foto: privat)

Bei den Wunderers dreht sich alles um Speedway. Nicht einmal an Pfingsten kommen Vater und Sohn auf ihrem Anwesen in Griesbeckerzell zur Ruhe. Der Umbau der Motorräder ist angesagt. Tim Wunderer ist in Torun nicht nur auf einer 125er im Speedway angetreten, sondern auch auf der Langbahn erstmals mit einer 250er. Wie das auf dem selben, 325 Meter langen Sand-oval möglich ist, weiß Stephan Wunderer auch nicht. Aber wer einen derart legendären Ruf hat wie Torun, für den macht die FIM (Fédération Internationale de Motocyclisme), der Motorradweltverband, schon mal Ausnahmen.

Tim Wunderer hat für seine Herausforderung in der Viertelliterklasse zwar zwei Maschinen mit Jawa-Motoren für Speedway, aber (noch) nicht für die Langbahn. Zwei Langbahn-Gestelle, die länger sind, gefedert im Gegensatz zum starren Speedway-Renner und mit anderen Reifen bestückt (22 statt 19 Zoll) hat er sich für Torun von seinem Olchinger Vereinskollegen Martin Smolinski geliehen. In diese Gestelle (Fachbegriff: Rolling Chassis) haben die Wunderers ihre Jawa-Motoren eingebaut. Smolinski ist Tims großes Vorbild. Der 32-Jährige sei der einzige Deutsche, der es bisher in die Speedway GP geschafft hat, die Weltmeisterschaft für die ganz Großen, schwärmt Tim. Bevor Stephan und Tim Wunderer am Freitag aufbrechen ins norddeutsche Scheeßl, wo am Wochenende die Junior Talent Team Trophy ausgefahren wird, mussten die Motorräder wieder umgerüstet werden.

Ein bisschen am Motorrad herumzuschrauben, das traut sich der gelernte Maurer Stephan Wunderer, 42, der eine Putz- und Baufirma hat, schon zu. Wenn es aber um den Motor und dessen Innenleben geht, muss Albert Blum ran. Der Adelzhausener, 68, ist für das Team Wunderer unverzichtbar. „Den Albert können wir Tag und Nacht anrufen. Was bei einem Tuner nicht zu bezahlen wäre, macht er fast umsonst”, preist Stephan Wunderer seinen „Chefmechaniker”.

In Polen hat Tim Wunderer wieder einmal gezeigt, wie viel Talent in ihm steckt. Obwohl es sein erstes Rennen mit einer 250er auf der Langbahn war, ist er gleich ins Halbfinale vorgestoßen und am Ende als zweitbester Deutscher Achter geworden. Tim sei „genial” gefahren, sagt der Vater und schätzt dieses Ergebnis fast höher ein als den WM-Titel tags zuvor. Während die 125er eine Schaltung mit vier Gängen haben, brettern die 250er, wie die Bahnradfahrer, mit einem Gang über die Piste. Tim Wunderer hat diese Umstellung meisterhaft bewältigt - es war gleichsam ein fließender Übergang.

Bei der Youth Gold Trophy sei es sein Ziel gewesen, „vorne mitfahren”, sagt der Neuntklässler am Aichacher Deutschherren- Gymnasium. Für den Vater war er „Mitfavorit”, am stärksten war vorab der Pole Karol Zupinski eingestuft worden. Tatsächlich hat Tim Wunderer die 20 Konkurrenten dann dominiert. Von den fünf Vorläufen hat er vier gewonnen, seine Siege im Semifinale und im Finale waren unangefochten. Zweiter wurde der Berliner Lukas Wegener, Dritter Zupinski. Der Lokalmatador wurde von den 1500 Zuschauern, die sich im 16 000 Menschen fassenden Stadion fast verloren, frenetisch angefeuert. „Das war für mich schon ein traumhafter Ausstand”, freute sich Tim über den WM-Titel. Vorher hatte er die deutsche Meisterschaft und Platz fünf bei der Europameisterschaft als herausragende Resultate in seiner Bilanz stehen.

Die strapaziöse Anreise über tausend Kilometer hatte sich gelohnt. Auch das am Gymnasium Versäumte nachzuholen, wird Tim Wunderer unter diesen erfreulichen Umständen leichter fallen. Schule und Speedway unter einen Hut zu bringen, werde „immer schwieriger”, bekennt der Bub. „Die Schule geht vor”, bedeutet der Vater, „wenn's da nicht mehr klappen sollte, machen wir beim Speedway langsamer.” Tims zweite sportliche Leidenschaft ist der Fußball. Er könne zwar nicht immer dabei sein, bedauert er, aber die Spiele mit der C-Jugend des TSV Dasing, für den früher auch der Vater gekickt hat, wolle er nie missen.

In der 250er, da macht sich der junge Wunderer trotz des verheißungsvollen Debüts in Torun nichts vor, müsse er „noch viel lernen”. Aber als Lehrmeister hat er ja Martin Smolinski, seinen Freund vom MSC Olching. Einen Besseren als einen Weltklassefahrer könne man sich dafür nicht wünschen, sagt Tim.

„Gut reinzukommen”, gibt der Vater als Ziel fürs Premierenjahr mit der 250er vor. Grandios wäre es, würde René Schäfer, der Bundestrainer der Speedway-Fahrer, den Sohnemann für die WM Anfang Juli in Polen nominieren. Dies sähe Stephan Wunderer vor allem unter dem Fortbildungsaspekt. Denn bei dieser Gelegenheit könnte Tim in der FIM-Akademie drei Tage mit den besten Trainern der Welt üben.

Tim Wunderer will sich in seiner weiteren Karriere ganz auf Sand als Untergrund konzentrieren. Gras hat er noch nie gemocht, der Vater auch nicht. Stephan Wunderer ist froh, dass Eisspeedway (mit der einstigen Hochburg Inzell) angesichts der nicht mehr so kalten Winter hierzulande fast ausgestorben ist. Das wäre ihm mit den langen Spikes dann doch zu gefährlich gewesen. Auf Sand indes hat der Vater überhaupt keine Bedenken, sondern volles Vertrauen in die Fahrkünste des Filius. „Wenn in der Familie jemand Angst um mich hat, dann höchstens die Oma”, sagt Tim Wunderer. Rolling Chassis für die Langbahn hat er sich von seinem Vorbild Smolinski ausgeliehen Bei der Speedway-WM könnte Wunderer in der FIM-Akademie trainieren


Von Heribert Oberhauser
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