Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 05.08.2017 12:00

Männerfußball statt Märchenfußball

Zauberfußball trotz Schichtdienst:   Thomas Berger (rechts), der hier die Fürther Marco Wiedmann (links) und Stefan Maderer narrt.	Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
Zauberfußball trotz Schichtdienst: Thomas Berger (rechts), der hier die Fürther Marco Wiedmann (links) und Stefan Maderer narrt. Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
Zauberfußball trotz Schichtdienst: Thomas Berger (rechts), der hier die Fürther Marco Wiedmann (links) und Stefan Maderer narrt. Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
Zauberfußball trotz Schichtdienst: Thomas Berger (rechts), der hier die Fürther Marco Wiedmann (links) und Stefan Maderer narrt. Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)
Zauberfußball trotz Schichtdienst: Thomas Berger (rechts), der hier die Fürther Marco Wiedmann (links) und Stefan Maderer narrt. Foto: Horst Kramer (Foto: Horst Kramer)

Die gute Leistung gegen die Fürther mit der 2:1-Führung in der 85. Minute hat dem Team von Spielertrainer Fabian Hürzeler mächtig Auftrieb gegeben - ganz unabhängig vom Ausgang des Sportgerichtsverfahrens in der kommenden Woche. „Klar, dass wir daran anknüpfen wollen”, erklärt Manager Roman Plesche. Er sieht Parallelen zum Kräftemessen mit den „Kleeblättern”: „Beide Teams sind jung, technisch stark und wurden komplett neu zusammengestellt. Allerdings schätze ich die Nürnberger eine Klasse besser ein.” Eine weitere Gemeinsamkeit aller Reserveteams: „Man weiß nie, ob und welche Profis zum Einsatz kommen.”

Am vergangenen Dienstag erlitten die Jung-”Clubberer” beim TSV 1860 München ein unglückliche 3:5-Niederlage - die Entscheidung fiel durch einen Eigentor drei Minuten vor dem Ende.

Am Wochenende hatten die Franken mit 2:4 in Schalding-Heining verloren. „Neun Gegenorte binnen vier Tage - hinten sind sie anfällig”, schlussfolgert Plesche.

Allerdings ist die Tormaschine der Pipinsrieder, Atdhedon Lushi, heute nicht mit von der Partie: Er reist in die albanischen Heimat seiner Familie. Dort wird eine Gedenktafel für seinen kürzlich verstorbenen Vater enthüllt - einst ein Widerstandskämpfer gegen das kommunistische Regime, das in Albanien 40 Jahre herrschte.

Lushi raus, Hürzeler rein, Giovanni Goia wieder im Kader (er weilte in Rumänien). Größere Veränderungen erwartet Plesche nicht. Auch Präsident Konrad Höß zeigt sich mit den bisherigen Auftritten des Teams zufrieden. Nicht zuletzt, weil er von allen Seiten mit Lob überschüttet wird. Er berichtet: „Viele Leute kommen jetzt zu uns, weil sie neugierig sind. Dann sehen sie richtig guten Fußball und sind zufrieden.” Klar, dass der Vereinsboss noch „Luft nach oben” sieht.

Doch statt Detail-Kritik zu üben (wie es jahrzehntelang seine Leidenschaft war), überschüttet Höß einige Spieler geradezu mit Lob. „Das Auftreten vom jungen Grassow (der 19-jährige Neuzugang aus Haching - d. Red.) hat mich sehr beeindruckt.” Torwart Thomas Reichlmayr bekommt ebenfalls ein dickes Lob ab: „Sensationell, wie er in der zweiten Halbzeit einen Ball herausgeholt hat.” Und über das Offensiv-Dreieck Thomas Berger, Emre Arik und Lushi gerät der 76-Jährige regelrecht ins Schwärmen und spricht gar vom „Zauberfußball”. Höß lupft symbolisch seine Helmut-Schön-Schiebermütze: „Dabei muss man bedenken, dass das ja im Prinzip alles Freizeit-Kicker sind, die sich mit Profis wie den Fürthern und Nürnbergern messen.” Daniel Barna schufte den ganzen Tag am Bau, Denny Herzig hätte am Dienstag einen Bereitschaftspolizei-Einsatz hinter sich gehabt, Berger leiste Schichtdienst, zählt Höß auf. „Und dann solche sportlichen Leistungen zu bringen, das fordert Respekt ab!”

Den wohl auch die Nürnberger haben. Schon am Mittwoch rief ein Verantwortlicher des 1. FCN bei Höß an, um sich nach den Trikotfarben des FCP zu erkundigen. Höß kannte den Mann nicht (und merkte sich dessen Namen nicht), dennoch kamen die beiden ins Plaudern. Der Nürnberger fragte den Pipinsrieder regelrechte „Löcher in den Bauch”. „Das ist typisch”, resümierte der Dorfklub-Boss, „unsere Geschichte ist ja eigentlich ein Märchen, das jeden interessiert.”

Heute sollen die Hürzeler-Kicker indes keinen „Märchen-Fußball” sondern „Männer-Fußball” zeigen. Fordert zumindest Manager Plesche. Warum? „Die Nürnberger sind ein junges Team, sie schätzen körperliche Härte nicht.” Tatsächlich sind dem U 23-Kader des 1. FCN einige gestandene Profis wie der Isländer Rúrik Gíslason (29) oder der Tscheche Ondrej Petrak (25) zugeordnet, doch in den bisherigen sieben Regionalliga-Partien kamen ausschließlich Nachwuchsspieler zum Einsatz, viele im U 21-Alter. Die Mannschaft wird vom 53-jährigen Reiner Geyer trainiert, der schon in den 1980er-Jahren für den Club in der Bundesliga kickte.

Plesche setzt darauf, dass die Hürzeler-Truppe heute „defensiv kompakt” steht und vorne die Schwächen der Nürnberger, insbesondere bei ruhenden und hohen Bällen, zu nutzen weiß. „Dann sollte zumindest ein Punkt möglich sein”, so Plesche. Da trifft es sich gut, dass Co-Trainer Christoph Burkhard langsam ins Rollen kommt: Gegen Fürth zirkelte er einige brandgefährliche Freistöße auf den Fürther Kasten.


Von Herbert Walther
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