Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 18.06.2012 17:14

Spitzelvorwürfe gegen Ihle

<p> <x_bildunterschr> <b>Legal oder illegal?  </b>Die Bäckerei Ihle hat den Friedberger Betriebsratsvorsitzenden mit Hilfe einer Software überwacht, nun geht die Sache vors Arbeitsgericht.   Foto: Liebmann </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Legal oder illegal? </b>Die Bäckerei Ihle hat den Friedberger Betriebsratsvorsitzenden mit Hilfe einer Software überwacht, nun geht die Sache vors Arbeitsgericht. Foto: Liebmann </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Legal oder illegal? </b>Die Bäckerei Ihle hat den Friedberger Betriebsratsvorsitzenden mit Hilfe einer Software überwacht, nun geht die Sache vors Arbeitsgericht. Foto: Liebmann </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Legal oder illegal? </b>Die Bäckerei Ihle hat den Friedberger Betriebsratsvorsitzenden mit Hilfe einer Software überwacht, nun geht die Sache vors Arbeitsgericht. Foto: Liebmann </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Legal oder illegal? </b>Die Bäckerei Ihle hat den Friedberger Betriebsratsvorsitzenden mit Hilfe einer Software überwacht, nun geht die Sache vors Arbeitsgericht. Foto: Liebmann </x_bildunterschr> </p>

Eine Kernfrage im Prozess wird sein, inwieweit ein Unternehmen seine Mitarbeiter überwachen darf. Im zu verhandelnden Fall hatte Ihle – mit 2000 Mitarbeitern und 270 Verkaufsstellen einer der ganz Großen in der Bäckereibranche – eine Software auf den Computer des Betriebsrats installiert, die, sowie sich jemand eingeloggt hat, in bestimmten Zeitabständen sogenannte „Screenshots“ (Bildschirmkopien) erstellt.

Grund dafür sei gewesen, dass ein Unbekannter regelmäßig die Zeitkonten verändert habe, erklärt Rechtsanwalt Gerhard Rieger, der die Firma Ihle vertritt. Genauer gesagt: „Im Zeitraum von ein bis zwei Jahren wurde nur das Zeitkonto des Betriebsratsvorsitzenden R. immer wieder geändert“, so Rieger. R. ist der einzige der insgesamt elf Betriebsräte, der von der Arbeit freigestellt ist. Insgesamt habe es sich um Arbeitszeit im Wert von einem Monatsbruttolohn gehandelt. „Die Firma Ihle hat das nicht weiter verfolgt, aber plötzlich gab es wieder einen Zugriff.“ Da habe sich das Friedberger Unternehmen entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen, und die Software installiert.

Offiziell kann der Betriebsratsvorsitzende zwar die Zeitkonten aller Mitarbeiter einsehen, aber nicht abändern. „Wir wissen nicht, woher er den Zugriff hat“, sagt Rieger. Doch die Screenshots hätten klar gezeigt: Vom Computer des Betriebsrats aus wurde auch im Mai das Stundenkonto von R. für April rückwirkend erhöht.

Zudem habe der Unbekannte, der am Rechner des Betriebsrats saß, die privaten Mails von R. abgerufen. „Das kann nur er selbst gewesen sein“, betont Rieger. „Die Beweislast ist erdrückend.“ Da der Betriebsrat der fristlosen Kündigung seines Vorsitzenden nicht zugestimmt hat, muss sich das Unternehmen diese Zustimmung nun vom Arbeitsgericht holen.

Die NGG sieht die Sache völlig anders: „Das ist ein fundamentaler Angriff auf die Rechte des Betriebsrats“, empört sich Tim Lubecki. Er ist überzeugt, dass die Vorwürfe gegen den Betriebsratsvorsitzenden haltlos sind. In Wahrheit, so glaubt er, sei R. dem Unternehmen unbequem gewesen, weil er die zahlreichen Missstände aufgedeckt und für die Rechte der Mitarbeiter gekämpft habe. Lubecki zählt auf: Überstunden, Sonntagsarbeit, eine selbst für die Branche überdurchschnittlich hohe Belastung, ständige Personalengpässe und die Bezahlung nach dem Tarif des Bäckerhandwerks, obwohl es sich um die industrielle Fertigung von Backwaren handle – „das sind Konflikte auf einem knackigem Niveau“, die sich zwar durch die gesamte Branche zögen, gegen die R. sich aber auch engagiert zur Wehr gesetzt habe.

Nicht die Vorwürfe gegen den Betriebsratsvorsitzenden stehen für ihn im Vordergrund, sondern das heimliche Ausspionieren der Betriebsrats-Daten und die Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Die NGG spricht in diesem Zusammenhang von einem Skandal, der „die Datenschutzskandale der Vergangenheit zum Beispiel bei Lidl und Aldi übertreffen“ dürfte. „Wir gehen davon aus, dass die Überwachung des Betriebsrats-Computers nur die Spitze des Eisbergs ist“, glaubt Lubecki. „Der Datenschutz bei Ihle scheint so löchrig zu sein wie Schweizer Käse.“ Die NGG fordert von der Landbäckerei lückenlose Aufklärung und wird wegen Datenausspähung Strafantrag stellen.

Rechtsanwalt Alexander Nerlinger, der R. vertritt, geht fest davon aus, dass der Betriebsrat und die Gewerkschaft das Recht auf ihrer Seite haben. Ähnlich siegessicher gibt sich Gerhard Rieger. „Es gibt Situationen, in denen der Arbeitgeber – vergleichbar mit Notwehr – nur heimlich vorgehen kann“, begründet er. Das Persönlichkeitsrecht müsse in solchen Fällen hintenan gestellt werden.

Ihle habe keine andere Möglichkeit gehabt, als die Software zu installieren, auch um Andere nicht zu verdächtigen. „Ich bin mir fast zu 100 Prozent sicher, dass wir die Zustimmung des Gerichts bekommen werden.“


Von MHoeck
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