Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 08.01.2012 16:37

Bischöfe verkaufen ihre Spardose

<p> <x_bildunterschr> <b>Weltbild-Betriebsrat Timm Bossmann </b> (rechts) und Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck wollen Sicherheit für die Weltbild-Mitarbeiter.   Foto: Hans Blöchl </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Weltbild-Betriebsrat Timm Bossmann </b> (rechts) und Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck wollen Sicherheit für die Weltbild-Mitarbeiter. Foto: Hans Blöchl </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Weltbild-Betriebsrat Timm Bossmann </b> (rechts) und Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck wollen Sicherheit für die Weltbild-Mitarbeiter. Foto: Hans Blöchl </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Weltbild-Betriebsrat Timm Bossmann </b> (rechts) und Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck wollen Sicherheit für die Weltbild-Mitarbeiter. Foto: Hans Blöchl </x_bildunterschr> </p>
<p> <x_bildunterschr> <b>Weltbild-Betriebsrat Timm Bossmann </b> (rechts) und Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck wollen Sicherheit für die Weltbild-Mitarbeiter. Foto: Hans Blöchl </x_bildunterschr> </p>

Dazu ist festzustellen, dass Weltbild niemals Pornografie verkauft hat. Die Kritik innerhalb der Kirche geht vom sehr rechten erzkatholischen Rand aus. Da wird eine gezielte Kampagne zur Entweltlichung der Kirche vorangetrieben. Weltbild ist da ein Bauernopfer und ein Teil der Kampagne. Wir übernehmen wie jede andere Buchhandlung das Angebot von den beiden Großsortimenter. Fakt ist, dass in unserem Internetbuchangebot deswegen auch Titel erotischen Inhalts oder aus Sicht der Kirche esoterischen Inhalts vorhanden sind.

Wir haben das hier ausgewertet und es waren 0,017 Prozent. Also unter ein Prozent und wirtschaftlich in keinster Weise von Bedeutung. Der Markt für Bücher erotischen Inhalts, ist außerordentlich klein, für einen Spieler wie Weltbild absolut uninteressant. Interessanter sind die Vorstöße der rechten Katholiken in Richtung Esoterik. Im Sinne der Hardliner ist vielleicht dabei auch so was wie Yoga zu verstehen. Da geht es natürlich an die Substanz von Weltbild, wenn wir uns im Ratgeber-Bereich einschränken.

Das hat immer Vor- und Nachteile. Die Kirche war für viele Beschäftigte hier ein Garant dafür, dass es bei Weltbild, was die Arbeits- und Sozialbedingungen angeht, nicht immer himmlisch, aber doch eher positiv zuging. Ein nichtkirchlicher Gesellschafter würde die kircheninternen Streitereien aus dem Unternehmen heraushalten. Aber in der jetzigen Situation ist überhaupt nicht abzusehen, wer dieses Unternehmen, das immerhin Marktführer im deutschen Buchhandel ist, kaufen könnte – und kaufen wollte.

Darum herrscht hier die Angst, dass eventuell irgendwelche windigen Kapitalgesellschaften das Unternehmen übernehmen und dann aufspalten und einzeln weiter verkaufen, was das Unternehmen letztlich zum Verschwinden bringen würde. Damit ginge der strategische Vorteil von Weltbild am Buchmarkt mit dem gelebten „Multichannel-Marketing“ zwischen Internet, Filialen und Katalog verloren, was bisher unsere Arbeitsplätze gesichert hat.

Nein, das war Weltbild nicht. Die Kirche hat Weltbild wie eine Art Spardose betrieben, sprich das Geld, was erwirtschaftet wurde, wurde in großen Teilen immer wieder ins Unternehmen reingesteckt. Man muss wissen, dass Weltbild vor 36 Jahren als Carel Halff an Bord kam ein ziemlich schlecht geführtes, eigentlich insolventes katholisches Pleite-Unternehmen war. Wir haben 600 000 Mark Umsatz gemacht mit Zeitschriften und haben parallel pro Jahr 200 000 Mark verloren. In 36 Jahren ist daraus der Marktführer im deutschen Buchhandel mit 1,7 Milliarden Umsatz im Jahr geworden. Das ist auch dieser von der Kirche mitgetragenen Strategie zu verdanken, die Gewinne immer wieder zu reinvestieren. Das Wachstum vorangetrieben haben vor allem auch motivierte Angestellte. Wir stehen hier auf dem Standpunkt, dass dieses Verdienst der Angestellten auch honoriert werden muss, wenn jetzt Kasse gemacht wird und die Kirche diese Spardose knackt. Wir hier bei Weltbild verlangen als Mitarbeiter gar kein Geld oder sonstige Anerkennung, wir wollen Sicherheit für uns und unsere Familien. Wir meinen das können wir von den Bischöfen mit Fug und Recht verlangen.

Es gibt überhaupt keinen wirtschaftlichen Grund, das Unternehmen und dessen Strategie zu verändern. Wir fordern deshalb einen Zukunftstarifvertrag, der absichert, dass Weltbild nur an jemanden verkauft wird, der sich als Käufer verpflichtet, das Unternehmen so weiterzuführen, wie es bisher erfolgreich war. Wir fordern deshalb auch eine Beschäftigungsgarantie für alle Mitarbeiter für die nächsten vier Jahre. Wir wollen den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und die Beibehaltung der geltenden Tarifverträge und der betrieblichen Mitbestimmung.

Weltbild hat die Pille geschluckt, dass es keine Betriebsvereinbarung geben kann mit dem Betriebsrat, dass das nur über den Weg „Tarifvertrag“ läuft. Was die Verhandlungen wert waren, ob sie uns nur ein Placebo geben wollten für das Weihnachtsgeschäft, wird sich am 16. Januar 2012 rausstellen. Wenn es dann in die Konkretisierung des Tarifvertrages geht.

Die Belegschaft steht voll hinter Verdi und dem Betriebsrat. Das hat auch die massive Teilnahme an insgesamt drei Betriebsversammlungen gezeigt. Auch eine Post-kartenaktion, die wir begonnen haben, kommt sehr gut an. Da sind mehrere tausend Postkarten jetzt schon beieinander und wir gehen davon aus, dass das zig Tausende sind, die wir im Januar übergeben können.


Von MHoeck
north