Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 12.02.2019 12:00

Pendler auf dem Abstellgleis

Der Fuggerexpress   gilt wegen Verspätungen und Ausfällen bei vielen Pendlern nicht mehr als zuverlässige Zugverbindung. 	Foto: Saskia Kerschbaum (Foto: Saskia Kerschbaum)
Der Fuggerexpress gilt wegen Verspätungen und Ausfällen bei vielen Pendlern nicht mehr als zuverlässige Zugverbindung. Foto: Saskia Kerschbaum (Foto: Saskia Kerschbaum)
Der Fuggerexpress gilt wegen Verspätungen und Ausfällen bei vielen Pendlern nicht mehr als zuverlässige Zugverbindung. Foto: Saskia Kerschbaum (Foto: Saskia Kerschbaum)
Der Fuggerexpress gilt wegen Verspätungen und Ausfällen bei vielen Pendlern nicht mehr als zuverlässige Zugverbindung. Foto: Saskia Kerschbaum (Foto: Saskia Kerschbaum)
Der Fuggerexpress gilt wegen Verspätungen und Ausfällen bei vielen Pendlern nicht mehr als zuverlässige Zugverbindung. Foto: Saskia Kerschbaum (Foto: Saskia Kerschbaum)

Als am 23. Januar mitten im Feierabendverkehr ein nicht identifizierbarer Notruf bei der Bahn eingeht und sich die Züge Richtung Ulm nur noch langsam vorantasten können, wird die gesamte Problematik auf dieser Strecke offensichtlich: Aufgrund der Verzögerungen stauen sich die Wagen, und nicht nur Regionalzüge entfallen. Reisende müssen bei Temperaturen deutlich unter null Grad vorzeitig aussteigen oder warten am Bahnsteig vergeblich auf ihre Verbindungen.

Doch was auf den ersten Blick wie ein absoluter Ausnahmefall wirkt, gehört für Bahnpendler auf dieser Strecke mittlerweile zum Alltag. Häufiges Ärgernis ist das vorzeitige Wenden von Zügen Richtung Dinkelscherben. Statt zum vorgesehenen Endbahnhof an den westlichen Rand des Landkreises Augsburg zu fahren, enden die Züge bereits in Gessertshausen und rollen von dort zurück nach Augsburg. Reisende, die weiter wollen, müssen auf den nächsten Zug warten - was auch für alle in Dinkelscherben wartenden Bahnkunden gilt. Einen beheizten Aufenthaltsraum gibt es weder in Gessertshausen noch in Dinkelscherben.

„Der ganze Korridor München - Augsburg - Ulm - Stuttgart ist sehr dicht befahren. Am Ende sind zwei Kopfbahnhöfe, an denen sich bei Verspätungen die Züge schnell gegenseitig im Weg stehen: München und Stuttgart”, gibt der Vorsitzende von ProBahn Bayern, Winfried Karg, zu bedenken. Auch auf der Strecke fehle schlicht der Platz, damit Regional- oder Güterzüge dem Fernverkehr „ausweichen” könnten. Dazu komme, dass das „Konzept Fuggerexpress von Anfang an auf Kante genäht war: Kuppeln und Flügeln der Zugteile von/nach Donauwörth und Ulm in Augsburg Hbf, sehr kurze Wendezeiten in München und Dinkelscherben”.

Alternativen in solchen Situation zu vorzeitigen Wenden sieht auch ProBahn nicht. „ Das ganze wurde leicht entschärft, weil man in München seit unserer letzten Landtagspetition jetzt sogenannte Wendelokführer einsetzt. Das heißt, derjenige, der den Zug von Augsburg bringt, muss ihn nicht sofort zurückfahren - das bringt im Zweifelsfall ein paar Minuten, löst aber nicht die anderen Probleme”, sagt Karg. Letztlich müsste die DB Regio Reservegarnituren vorhalten, die mit Personal besetzt sind und kurzfristig losfahren können - „doch die wurden in der letzten Ausschreibung vom Freistaat nicht bestellt und bezahlt”, gibt Karg einen Teil der Verantwortung an die BEG weiter. Diese hat „anlässlich der aktuell erneut zunehmenden Anzahl an vorzeitigen Wenden” die DB Regio aufgefordert, „in der kommenden Expertenrunde nochmals zu den Ursachen der vorzeitigen Wenden sowie den ergriffenen Gegenmaßnahmen zu berichten”.

Verbessern könnte sich die Situation mit dem Betreiberwechsel im Jahr 2022. „In der neuen Ausschreibung sind Zeitpuffer in München enthalten, das wird die Situation sicherlich entschärfen”, ist sich Karg sicher und warnt gleichzeitig vor zu großen Erwartungen: „Der neue Betreiber GoAhead wird die Engpässe der Infrastruktur und die Verspätungen des Fernverkehrs nicht beseitigen können, das ist auch gar nicht seine Aufgabe.” Es zeige sich immer wieder, dass „der Besitzer und Betreiber der Infrastruktur, die Bundesrepublik - vertreten durch den jeweiligen Bundesverkehrsminister, kontrolliert durch den Bundestag - seit Jahrzehnten die Bundesstraßen und Autobahnen ausbaut, die Bahn aber nur sehr zögerlich mit Geld ausstattet und konkret beauftragt”, kritisiert Karg.

Doch gerade der Bund selbst hat mit der Aufnahme eines dritten Gleises zwischen Augsburg und Ulm in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans den hellsten Hoffnungsschimmer für Bahnpendler gezeichnet. Ende Februar will die Bahn ihre bisherigen Planungen zu diesem dritten Gleis vorstellen.

Der neue Bundesverkehrswegeplan ist auf das Jahr 2030 ausgelegt, aber: „Wir haben in Bayern Strecken, die seit 1985 im vordringlichen Bedarf sind und noch nicht ausgebaut - insofern bin ich mir nicht sicher, ob die Strecke bis 2030 tatsächlich fertig ist”, bleibt Winfried Karg skeptisch.


Von Monika Grunert Glas
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