Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 13.06.2018 12:00

Feuerwehrmann ausgebremst

Wenn sein Piepser Alarm gibt, ist das für den 32-Jährigen, der in der integrierten Rettungsleitstelle arbeitet, das Zeichen, möglichst schnell zur Feuerwache zu fahren, um zusammen mit seinen Kameraden zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird. So auch an einem Samstagnachmittag im Oktober vergangenen Jahres. Er packte das Schild „Feuerwehr im Einsatz” aufs Dach und setzte sich in seinen privaten BMW, um zum Gersthofener Feuerwehrhaus an der Donauwörther Straße zu fahren. Außerdem klappte er die Sonnenblende herunter: Autofahrer, die vor ihm fahren und in den Rückspiegel schauen, können darauf ebenfalls lesen, dass es sich um eine dringende Fahrt handelt, und ihn gegebenenfalls vorbei lassen.

Als er auf der Berliner Straße in Höhe Lechfeldstraße fuhr, bremste der Wagen vor ihm, ein alter VW Scirocco, plötzlich stark ab, schilderte er gestern vor Gericht: „Bis fast zum Stillstand.” Er konnte sich das zunächst nicht erklären, doch als sich aus dem Fenster des VW plötzlich ein Arm schob und ihm der Stinkefinger gezeigt wurde, ahnte er: „Der wollte mich ausbremsen.” 150 Meter weiter, wo die Allgäuer Straße abzweigt, stieß eine Kollegin zu der Szenerie. Auch sie wollte zum Einsatz, auch ihr kam es seltsam vor, dass der Scirocco so langsam fuhr. An der Kreuzung zur Donauwörther Straße schließlich hielt der VW so mittig, dass die Feuerwehrler warten mussten, bis er endlich rechts abgebogen war, bevor sie selbst links Richtung Wache fahren konnten.

Der Angeklagte behauptete, er bremse auf der Berliner Straße immer ab, jedoch nur auf etwa 40 Stundenkilometer, weil dort Kindergärten seien und zudem oft „Rentner mit Gehhilfen” die Straße querten. Tatsächlich befinden sich die nächsten Schulen und Kitas jedoch ein paar Hundert Meter von dort entfernt. Er habe auch nicht erkannt, dass hinter ihm ein Feuerwehrmann fuhr, weil dieser ihm so auf die Pelle gerückt sei, dass er das Schild auf dem Dach nicht sehen konnte, sagte der 39-Jährige. Die Sache mit dem Stinkefinger kam während der Verhandlung nicht weiter zur Sprache, weil der Feuerwehrler deshalb keine Anzeige erstattet hatte: „Der meinte ja nicht mich persönlich.”

Auch, wenn es vielleicht moralisch gesehen besonders verwerflich ist, Staatsanwalt Christian Peikert betonte, es spiele strafrechtlich keine Rolle, dass es sich ausgerechnet um Feuerwehrleute auf dem Weg zu einem Einsatz gehandelt habe. Jemanden auszubremsen, sei stets eine Nötigung. Er forderte für den wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz mehrfach vorbestraften Mann, der sich zur Tatzeit eigentlich gerade noch unter Bewährung befand, 60 Tagessätze zu je 40 Euro Geldstrafe, sowie einen Monat Fahrverbot. Diesem Vorschlag folgte der Richter. Verteidigerin Petra Dittner hatte auf Freispruch plädiert. Angeklagter wegen Drogenverstößen vorbestraft


Von Monika Grunert Glas
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