Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 15.09.2017 16:20

Partystimmung auf Station 9

Für jeden Quatsch zu haben   - selbst in der Zeit der Chemotherapie. „Besonders die Klinikclowns haben Max zu Höchstleistungen angespornt”, erzählt sein Papa Andreas.	Foto: privat (Foto: privat)
Für jeden Quatsch zu haben - selbst in der Zeit der Chemotherapie. „Besonders die Klinikclowns haben Max zu Höchstleistungen angespornt”, erzählt sein Papa Andreas. Foto: privat (Foto: privat)
Für jeden Quatsch zu haben - selbst in der Zeit der Chemotherapie. „Besonders die Klinikclowns haben Max zu Höchstleistungen angespornt”, erzählt sein Papa Andreas. Foto: privat (Foto: privat)
Für jeden Quatsch zu haben - selbst in der Zeit der Chemotherapie. „Besonders die Klinikclowns haben Max zu Höchstleistungen angespornt”, erzählt sein Papa Andreas. Foto: privat (Foto: privat)
Für jeden Quatsch zu haben - selbst in der Zeit der Chemotherapie. „Besonders die Klinikclowns haben Max zu Höchstleistungen angespornt”, erzählt sein Papa Andreas. Foto: privat (Foto: privat)

Drei Tage nach der OP steht Steffi Holzer vor der Tür der Kinderkrebsstation am Klinikum Augsburg. Die hochschwangere Frau zögert. Dann betritt sie die Tür zu einer, wie sie es nennt, „falschen Welt”. Weinende Mamas, traurige Kinder - mit so etwas habe sie gerechnet, aber das, nein, das hatte sie nicht erwartet. „Da war Partystimmung”, beschreibt sie und kommt nicht umher, anzufügen: „Ich dachte, die spinnen.”

Steffi Holzer ist in einen „Hickie-Ex” geplatzt. Einem Kind wurde der Zugang für den sogenannten Hickman-Katheter entfernt, durch den die Infusionen der Chemotherapie in den Körper gelangen. An so einem Tag ist im zentralen Raum des Kinderkrebszentrums, den sie Marktplatz nennen, Halli-Galli.

Max ist heute auf den Marktplatz zurückgekehrt. Auf Station 9 ist Tag der offenen Tür. Sie ist um einen Entspannungsraum für die kleinen Patienten, eine Außenterrasse für Kinder und Eltern, einen Physiotherapieraum sowie ein vergrößertes Spielzimmer erweitert worden. Max, mittlerweile fünf Jahre alt, trägt ein T-Shirt, auf dessen Rückseite sich all jene verewigt haben, die dabei waren, als er seine „Hickie-Ex”-Party feierte. Das zu erkennen, muss man schnell sein. Denn Max hat Hummeln im Hintern. Er fetzt im Slalom zwischen Politiker- und Ärztebeinen hindurch, abwechselnd sind sein blonder Haarschopf oder der seines zwei Jahre älteren Bruders Felix zu erkennen.

Die Holzers sind heute auch hier, weil sie ihre Geschichte teilen wollen. „Wir hatten unfassbares Glück”, sagt Steffi Holzer mehrmals. „Jetzt wollen wir etwas zurückgeben”, anderen Betroffenen zeigen, dass ein solcher Schicksalsschlag ein positives Ende nehmen kann. Und noch etwas habe Steffi Holzer damals ungemein geholfen: das Wissen, nicht alleine zu sein.

2014 sind die Holzers jedoch „völlig überfordert”. Die mit Tochter Lea hochschwangere Steffi bleibt mit Max auf der Station in Augsburg, Papa Stefan mit Felix in Rettenberg im Allgäu, wo er eine Schreinerei betreibt. Das Leben muss ja weitergehen. „Die Trennung war für alle belastend”, erinnert sich Stefan Holzer.

Einer hält die Familie zusammen: der kleine Max. Er nimmt es hin, dass ein Schlauch aus seinem Körper hängt, er fährt auf dem Infusionsständer sitzend durch die Gänge, albert mit den Klinikclowns herum oder verbraucht beim basteln kiloweise Glitzer. Max ist eben erst zwei. Er kann das freilich noch nicht verstehen; das mit dem Tumor, der Chemo oder dem Haarausfall. „Für ihn war das ein buntes Riesenspektakel”, erinnert sich Steffi Holzer heute. Das hilft auch der Mama. „Wenn der liebe Gott sich einen der Holzer-Jungs für diese Krankheit hat aussuchen müssen”, holt Steffi Holzer aus, „dann war es gut, dass es Max war. Für Max ist das Leben ein Fest.”

Das macht es einfacher, aber noch lange nicht leicht. „Ich habe oft geweint”, erzählt Steffi Holzer. In Momenten, in denen diese eine Frage alles andere aus dem Kopf verbannt: „Warum wir?” Oder an denen Max Fieber hat und Mama und Sohn das Zimmer nicht verlassen dürfen. Steffi Holzer schluckt, atmet tief ein. Dann lächelt sie mit einem Mal und spricht davon, wie sie auf Station stets wieder aufgefangen wurde, wie die Psychologin sie in unzähligen Gesprächen aufbaute und vom Freisein hinter den Stationswänden: „Es war immer okay, wie man gerade war.”

An Tagen schlechter Blutwerte, der Bestrahlung oder der Chemo. Oder bei „tollen Erlebnisse” wie „Hickie-Ex”-Feten, Lieder von Toni mit seiner Gitarre, gemeinsamem Schauen der Fußball-WM und schließlich der Geburt von Lea-Marie - die zum „Stationsbaby” wird. „Wir hatten unsere eigene kleine Welt”, sagt Steffi Holzer.

Den Rest der Reportage lesen Sie in der Printausgabe Aichacher Zeitung vom 16. September 2017.


Von David Libossek
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