Der Jahresrückblick 2023 der Aichacher Zeitung
Veröffentlicht am 16.08.2009 14:55

Die Piraten setzen die Segel

<p> <h2> <p>Es ist vor allem die Generation Internet, die auf die frische Brise in der Parteienlandschaft setzt.  </p> </h2> </p>
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Persönlichkeitsrechte, informationelle Selbstbestimmung, ein faires Urheberrecht im Internet und die Aufhebung der Studiengebühren: Das hat sich die Piratenpartei auf die Segel geschrieben. „Bei den etablierten Parteien steigt der Altersdurchschnitt. Wir fragen uns: Wo wird unsere Generation vertreten?“, erklärt Gerd Grüttner.

Der 30-jährige Softwareentwickler ist mit dem Internet aufgewachsen und ärgert sich über die derzeitige Gesetzeslage: „Uns geht es nicht darum, Raubkopien legalisieren zu wollen“, sagt er. „Aber die Gesetze stammen aus einer Zeit, in der es die Informationsgesellschaft mit dieser Vernetzung noch nicht gegeben hat.“

1352 Mitglieder hat die Partei in ganz Bayern, 125 in Schwaben – Grund genug, einen eigenen Bezirksverband zu gründen, wie dies am gestrigen Sonntag geschehen ist. Außerdem sind die Piraten dabei, Ortsverbände aufzubauen. Einen eigenen Kandidaten für die Bundestagswahl haben die Schwaben zwar nicht, dafür wollen sie aber ihre gesamte Energie in den Wahlkampf der Landesliste stecken.

Grüttner ist sich sicher, dass die Piratenpartei am 27. September über die Fünf-Prozent-Hürde segeln wird. „Wir werden alle überraschen“, prophezeit Hüther. „Und wir werden selber überrascht sein.“

Überrascht waren die Freibeuter schon bei der Europawahl: 1,1 Prozent aller Stimmen erbeuteten sie in Augsburg, im Umland waren es 0,8 Prozent. Bei der Sonntagsfrage des Internetportals Xing geht die Quote viel steiler nach oben: 72,6 Prozent aller Nutzer gaben an, die Piratenpartei zu wählen, nur wenige die etablierten Parteien.

Es ist vor allem die Generation Internet, die auf die frische Brise in der Parteienlandschaft setzt. Sie ist nicht politik-, sondern parteiverdrossen, glaubt Grüttner. Er weiß, wovon er spricht, schließlich war er selbst mal Mitglied der SPD, aber „da fühle ich mich mittlerweile nicht mehr vertreten“. „Vor jeder Wahl gibt es massenhaft Versprechungen, und hinterher wird immer in Richtung Wirtschaft entschieden“, sagt er. Die Piratenpartei hingegen bringe die Politik wieder zu den jungen Menschen, glaubt er, ähnlich wie die Grünen nach 1968. „Unsere Botschaft lautet: ,Du kannst mitmachen’.“

29 Jahre alt ist der durchschnittliche Augsburger Pirat. „Unsere Mitglieder stammen aus allen Altersgruppen und sozialen Schichten“, berichtet Paul Hüther. Mit seinen 21 Jahren ist der Hardwareentwickler einer der Jüngsten an Bord und seine Berufsbranche ist längst nicht mehr die einzige, die in der Piratenpartei vertreten ist. „Sicher: die ersten 1000 Mitglieder bundesweit waren aus dem IT-Bereich“, gibt er zu. „Aber wir sind keine IT-Nerds. In Augsburg sind Juristen, Journalisten, Schüler, Studenten, Selbständige, Sozialpädagogen und sogar ein Rentner dabei.“

Und doch ist das zentrale Thema der Piratenpartei die Freiheit im Internet. Beispiel Urheberrecht: „Hier ist ein System im Umbruch“, glaubt Grüttner, die Gesetze müssten dringend reformiert werden. Ebenfalls veraltet: das Patentrecht. „Es darf nicht sein, dass Tiere oder Gene patentiert werden dürfen“, empört sich Grüttner. Gerade der moralische Aspekt komme beim derzeit geltenden Recht zu kurz, vor allem in der Medizin und im pharmazeutischen Bereich.

Anderes Thema: der Datenschutz beziehungsweise dessen Aufweichung durch den Staat – Online-Durchsuchungen, Vorratsdatenspeicherung, das BKA-Gesetz: „Hier ist ein Markt entstanden, der ohne Regularien wütet“, sagt Hüther. „Die Daten des privaten Nutzers müssen unbedingt geschützt werden.“ Statt des gläsernen Bürgers fordern die Piraten einen gläsernen Staat mit Volksentscheiden auf Bundesebene.

Trotz Freiheit im Internet: Die Piratenpartei bezieht Stellung gegen Kinderpornografie. „Wir wollen, dass man diese Seiten löscht statt sie nur zu sperren“, erklärt Hüther. Denn wenn ein Nutzer die genaue Adresse der Pornoseite wisse, könne er die Internetsperre einfach umgehen. Nicht für sinnvoll hingegen halten die Piraten ein Verbot von Computerspielen, um Gewalttaten wie in Winnenden oder Erfurt künftig zu verhindern: „Der Amoklauf von Winnenden ist schrecklich“, sagt Grüttner. „Aber was verbieten wir jetzt: Das Waffengesetz? Den Schützenverein? Oder Computerspiele?“

Noch glauben die Piraten nicht daran, den Bundestag kapern zu können. „Aber wenn wir das, was wir vertreten, in die öffentliche Diskussion bringen, haben wir momentan erreicht, was wir wollen“, sagt Grüttner. Dass die Partei mit ihrem derzeit mageren Wahlprogramm Schiffbruch erleiden könnte, glaubt er nicht: „Unser Programm wächst mit den Anforderungen“, sagt er. Wichtig sei jetzt erst mal, „dass die jungen Leute bis 40 Jahre aktiv an der Regierung beteiligt sind“.


Von ALiebmann
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